6/11 Die abwesende Gerechtigkeit – Niederrhein, Do, 27. Mai 2016

8.30 Uhr. Der Gerichtssaal der Kleinen Strafkammer bietet für ca. 50 Besucher Platz. Doch der Saal ist leer. Niemand interessiert sich für die Berufungsverhandlung von Volker Siemens.

Nur seine Frau Antje sitzt auf der Besucherbank.

Jetzt wird alles gut, signalisiert sie noch einmal und macht den Daumen hoch.

Beide haben eine sehr harte Zeit hinter sich. Volker konnte seit der Insolvenz gar nicht mehr an Arbeit denken, so war er beschäftigt, mit der Abwehr von Schadensersatz und Strafe.
Die Staatsanwaltschaft klagte an, wegen Betrug und Untreue und bereits wenige Monate nach der Insolvenz wurde Volker Siemens in einem ersten Prozess wegen Untreue zu 1 Jahr auf Bewährung verurteilt.
Laut Anklage hatte er sich öffentliche Mittel unter falschen Vorgaben erschlichen. Besonders relevant war der Punkt, dass er das Ausbildungsgeld für den Azubi Fanki nicht mehr ausgezahlt hatte, obwohl dies bereits im Rahmen der öffentlichen Mittel überwiesen worden war.
Volker hatte sich darüber keine Gedanken gemacht, schließlich hatte er einen Widerrufsbescheid erhalten, der die Auszahlung ausdrücklich verboten hat. Schließlich wurden alle Mittel zurückgefordert.
Auch hatte er die Sache ja dem Insolvenzverwalter übergeben und es wäre genug Geld auf dem Konto gewesen, dass der Insolvenzverwalter das Ausbildungsgeld hätte bezahlen können.

Für Volkers Anwalt kam die Verurteilung im April 2015 völlig überraschend. Er sagte nur:“ Hier soll wohl ein Sündenbock für die Stadt Nrheinstadt gesucht werden!“
Ein Schöffe hatte wohl gar nicht verstanden, wofür Volker verurteilt worden war und ein schlechtes Gewissen, dass er sich gegen die Richter nicht durchge-setzt hatte. Jedenfalls kam er zu Volker und sagte: „Auf Wiedersehen, das nächste mal hoffentlich bei einem Bier.“

Noch während der dreitägigen Strafverhandlung stellte die Stadt Nrheinstadt Volker eine Schadensersatzforderung wegen Rufmord in Höhe von 100.000,- Euro zu.
Sowohl der Anwalt von Volker, als auch die Staatsanwaltschaft, legten Beru-fung im Strafverfahren ein. Die Staatsanwaltschaft wollte Gefängnis ohne Bewährung.

Im Mai 2015 wurde Antje zu 5 Monaten Strafe auf Bewährung verurteilt. Der Richter hatte zugunsten von Antje bei diesem eindeutigen Fall entschieden.


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