Gooday Invest – Wallstreet, New York – März 2010, Kapitel 32-Teil II

Fred Weinsteen war Controller bei Gooday Invest.
Dieser Bereich von Gooday beschäftigte sich ausschließlich mit dem Kauf von Firmen. Inzwischen wurden bei Gooday Invest Milliarden Dollar bewegt.
Anders allerdings als die meisten anderen Investmentbanken verkaufte Gooday fast nie ein Unternehmen weiter.

Im Büro von Weinsteen herrschte absolute Stille. Keine Telefone klingelten, keine Merger wurden verhandelt. Es gab keine Broker, welche zwischen einzelnen Telefonen hektisch hin und hersprangen.
Mehrere Monitore zeigten die ständig durchgeführten Unternehmenskäufe an.

Den meisten Personalaufwand betrieb Gooday bei seinen Vertretungsberechtigten, welche ständig im Flugzeug saßen, um überall auf der Welt in Notarterminen Kaufverträge zu unterzeichnen.
Basis für die Käufe waren einerseits der Firmenrank, welcher den Maximalpreisfaktor abhängig vom Unsatz des Unternehmens festlegte und andererseits der Zuschlag bei dem von Gooday eingeführten Firmenauktionsportal.
Gooday gewann immer. Zwar waren die Auktionen für alle zugänglich, aber meist bot Gooday aus Sicht der anderen Firmen für Außenseiter überhöhte Preise.
Natürlich bot offiziell nicht Gooday, sondern einer der zahlreichen von Gooday eingesetzten Vertretungsberechtigten mit einer eigenen Firma für den Zwischenkauf.
In Wirklichkeit hatte Gooday als einziges Unternehmen einen vollständigen Überblick über das Entwicklungspotenzial einzelner Beteiligungen. Dadurch, dass Gooday ein Invest anschließend immer auf den ersten Plätzen im Suchmaschinenranking platzierte, war der Marktzugang sichergestellt. Die automatische Analyse mit Innovationsranking, Anzeige, um wie viele Schritte die Wertschöpfungskette verkürzt werden konnte und der daraus resultierenden Margenerhöhung, sowie Reduzierung von Produktionskosten bei höchsten Stückzahlen durch weltweite Vermarktung, konnte mit allen Kennzahlen auf einer DIN A4 Seite übersichtlich angezeigt werden.
Gooday kaufte immer 49 % der Firmen. 2 % kaufte immer eine weitere Firma, welche mehrheitlich meist im Besitz der öffentlichen Hand war. Die restlichen 49 % blieben beim Besitzer.
Gooday kaufte nur Firmen, welche in ihrem Markt auf Basis der in der Analyse ermittelten Wettbewerbsvorteile das Potenzial hatten, innerhalb von 5 Jahren Marktführer zu werden und innerhalb von 10 Jahren allen Wettbewerb bis auf Nischenanbieter lahm legen konnten.
Das Bieten erfolgte durch einen digitalen Agenten, welcher weltweit bis zu 1000 Auktionen gleichzeitig im Blick halten konnte und innerhalb von Sekundenbruchteilen Gebote erhöhte, bis die hinterlegte Maximalgebotssumme von Gooday erreicht war.

Fred Weinsteen hatte mit seinem nur 5-köpfigen Team die Aufgabe, ungewöhnliche Vorgänge zu analysieren. Ungewöhnlich war, wenn ein Unternehmen sich nicht den Erwartungen gemäß entwickelte, ungewöhnlich war jedoch auch, wenn Kennzahlen von Unternehmen von der Norm abwichen.

Gerade blinkte eine Warnmeldung auf.

Die folgende Analyse der Firma Human International Ltd. erschien auf dem Bildschirm:

Automatische Warnung : Keine Gewinne!

IP-Adresse 123.333.444.56
99 % Zuordnung zu Human International Ltd.
Firmensitz Liechtenstein
Kostenentwicklung
2008 150 Mio $
2009 250 Mio $
Umsätze
2008 <1 Mio $
2009 <1 Mio $

Pagerank 6.543

Keywords nach Häufigkeit Gesundheitsberatung, Medizinische Beratung, Viren, Katastrophenschutz

Innovationsrank 0 (keine eigenen Innovationen erkennbar)

Personenrank 123456789 (hier wurden also alle möglichen Zielgruppen vom einfachen Arbeiter bis zum promovierten Akademiker in über 100 Ländern erreicht)

Kriminalitätsrank 0/6 (der erste Wert sagte aus, in wie weit vom Geschäftszweck Kriminalität erzeugt werden konnte, der zweite ob das Unternehmen von Dritten zu kriminellen Handlungen benutzt werden konnte)

Fred Weinsteen schüttelte den Kopf.
Die Zahlen passten einfach nicht zusammen. Aber so sehr er sich auch durch zusätzliche Analysen bemühte, er konnte kein gewinnbringendes Geschäftsmodell erkennen.

Noch einige Tage spukte diese Analyse in seinem Kopf herum. Doch es war nicht sein Job, Leute vor unsinnigen Geldausgaben zu schützen, auch wenn diese sich einer halben Milliarde Dollar näherten.
Er schrieb eine kurze Meldung an die Adwords-Redaktion:
„Aktionen dieser Firma im Auge behalten.
Unregelmäßigkeiten wurden nicht festgestellt.“
Die Chef vom Dienst der Adwordsredaktion deutete diese Notiz so, dass Gooday am Kauf von Human International Ltd. interessiert sei. Schließlich bekam er sehr selten E-Mails vom Leiter der Investabteilung.
Die Adwords-Redaktion erhielt daraufhin vom C.v.D. strikte Anweisung, Domains, welche auf Human International Ltd. angemeldet waren, auf keinen Fall abzuranken.

Rückblick auf das Jahr 2009, Kapitel 31-Teil II

Europa erhielt einen ungeheuren Innovationsschub durch die einfache Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen.
Da das Geld im FINDERS-Konsortium direkt an Unternehmen gegeben wurde, welche sich der Sparer selbst aussuchen konnte, kam das Vertrauen schnell wieder. Irgendwo musste man schließlich mit seinem Geld hin. Eine Inflation konnte vermieden werden, da die verwendeten Steuergelder an den Staat zurückgezahlt wurden, indem ein Teil der Zinsen zur Rückzahlung der vom Staat übernommenen Sicherungsleistungen reserviert war.
Die Abgeltungssteuer hingegen wurde ersatzlos gestrichen.
Viele europäischen Staaten schlossen sich an. Die positiven Effekte waren vielfältig. Die Staaten nahmen mehr Steuern ein und förderten den Mittelstand.
Das FINDERS-Konsortium hatte genug Geld, um global mit Mittelständlern zu wachsen. Deutsche Mittelständler konnten international Marktanteile dazugewinnen, da sie einen erheblichen Zeitvorsprung hatten, um sich innerhalb des FINDERS-Konzepts online zu positionieren.
Nicht zuletzt war der Erfolg auf den erheblichen Kapitalzufluss aus dem Ausland zurückzuführen. Trusted Internet war für Investoren, welche in mittelständische Unternehmen investieren wollten, eine der wenigen Anlagemöglichkeiten, in die sie auch während der internationalen Finanzkrise Vertrauen hatten.

Nur im englischsprachigen Raum kam die Expansion von FINDERS nicht voran. Hier vertrauten die meisten Anleger auf das Gooday-System. Gooday finanzierten in erster Linie große Unternehmen mit hohem Pagerank.

Auf die Finanzkrise folgte eine internationale Wirtschaftskrise. Viele europäische Länder konnten sich von der Wirtschaftskrise abkoppeln. Trotzdem mussten sie unter den Folgen leiden, da immer wieder die internationalen Logistikabläufe zusammenbrachen, weil Lieferanten oder Spediteure von Lebensmitten und Rohstoffen zahlungsunfähig wurden.

Ende 2009 griff Gooday Amazon von 2 Seiten an.
Auf der einen Seite forcierte Gooday stark das E-Book und brachte kostenlose werbefinanzierte papierlose Bücher auf den Markt.
Auf der anderen Seite baute Gooday einen Service für vergriffene Bücher auf, welche weltweit in immer mehr Orten innerhalb kürzester Zeit im Digitaldruck als Einzelexemplare produziert werden konnten.
Aufgrund der wesentlich besseren nur für interne Zwecke freigegebenen Patentrecherche fand Gooday eine Patentanmeldung von einem Druckereibesitzer in Alabama für Drucknachverarbeitung von Kleinstauflagen und kaufte die Rechte für 10.000 Dollar.
Der Erfinder hatte mehrfach vergeblich versucht, für das Patent einen Abnehmer zu finden. Die Erfindung ermöglichte es, vollautomatisch mit einer Digitaldruckmaschine die Innenseiten eines einzelnen Buches zu drucken und mit einer zweiten Druckmaschine gleichzeitig den Umschlag 4-farbig auf Karton zu produzieren. Die Übergabe erfolgte zu einer automatischen Nachverarbeitungsstraße mit Falzen, Fadenbindung, Buchrückenbindung und Dreiseitenschnitt.
In Lizenz der Verlage konnte Gooday nun Bücher nach Bedarf nachdrucken und weltweit verkaufen. In diesen Zusammenhang machte es Sinn, ebenfalls Übersetzungsdienstleistungsunternehmen in aller Welt zu kaufen und hierdurch konkurrenzlos günstig Buchübersetzungen anzubieten.
Insbesondere kleinere Buchproduktionen konnten so weltweit genau in den bestellten Stückzahlen vermarktet werden. Die meisten Verlage wurden innerhalb kürzester Zeit von Gooday abhängig.

Amazon stand bereits nach wenigen Monaten als Verlierer fest. Das FINDERS – Konsortium schloss mit Amazon einen Kooperationsvertrag. Passend zu einzelnen Kategorien konnten gesamte Bücher online veröffentlicht werden.
Die Kategorienagentur für Bücher entwickelte ein Onlinekonzept, in dem jeder User Teile von einem Bucher umschreiben konnte. Die verschiedene Ergänzungen zu den Büchern wurden automatisch in Zusammenarbeit mit einem „Buch on Demand Verlag“ mit einer ISDN-Nummer versehen. So konnte man sich in jeder Buchhandlung das Buch eines bekannten Schriftstellers bestellen, in dem gleichberechtigt eine oder mehrere Kapitel von Dritten hinzugefügt wurden. Die eigentlichen Buchautoren erhielten ihr Honorar und waren einverstanden. Künftige Autoren konnten die Akzeptanz ihrer schriftstellerischen Fähigkeiten bei den Lesern erst einmal durch diese Ergänzungen ausprobieren.

Da inzwischen für alle Officeanwendungen von Gooday Programme kostenlos zu haben waren, schlitterte Microsoft in die Krise. Jedoch reagierte Microsoft schnell und schloss einen Kooperationsvertrag mit dem FINDERS-Konsortium. Es baute die Finder-Technologie fest in sein Betriebssystem ein, nachdem der Betatest in deutscher Sprache erfolgreich abgeschlossen war, dann auch in die englische Version.
Für den User bot dies den Vorteil, dass alle Daten auf seinem PC direkt Kategorien zugeordnet wurden. Er konnte sich sogar zu Internetergebnissen alle PC-Daten der gleichen Kategorie anzeigen lassen. Der Clou: Die PC-Daten wurden im Gegensatz zu anderen Systemen nicht durchsucht. So war höchste Datensicherheit gewährleistet. Die privaten Daten wurden nicht gescannt, sondern nur die mit den Daten verbundenen Kategorien durchsucht.

Datenschützer in Europa und den USA forderten, die Daten der Surfer maximal 6 Monate zu speichern. Ohne Gerichtsverhandlung folgte Gooday diesem Begehren in einer Selbstverpflichtung. Tatsächlich hatte Gooday kein Interesse herauszufinden, wer welchen Sexshop besuchte. Personenprofile waren in Shops nützlich, um zu sehen, ob Kunden zu Bier auch Chips kauften. Gooday interessierte sich für die Wertschöpfungsketten. Hierzu benötigte man die einzelnen IP-Adressen nur Sekundenbruchteile, um sie auszuwerten. Interessant war, jeder IP-Adresse in einem Wertschöpfungsnetzwerk ein Profil zuzuordnen. Danach wusste Gooday genau, welche IP bei welcher IP Informationen beschafft. Durch Einbeziehung von IP-Adressen von Kreditinstituten – immer mehr zahlten mit dem Gooday eigenen Zahlungssystem und hatten ihr Girokonto bei Gooday- konnte weiterhin ermittelt werden, wer auf welchen Portalen für welche Produkte bezahlte.
Außerdem erfolgte auf Bestelltransaktionen meist schnell eine Einkaufstransaktion des Händlers beim Großhändler. Gooday wusste ohne gegen Datenschutz zu verstoßen bald genau auf Basis der Analyse der gelesenen Bezugsquellen und der der IP-Adresse zugeordneten Informationen, wer Endkunde, wer Akademiker ist und wer mehrere Sprachen spricht.
Von Händlern wusste man die Zahl der Mitarbeiter, die Einkaufsquellen und schließlich die Marge aus dem Verhältnis der eingesetzten Mitarbeiter zur automatisch ausgelesenen Bilanzsumme (hierzu wurde einige Sekunden die IP-Adresse personalisiert).
Gooday interessierte sich nicht wirklich für die Marge von Händler A. oder B., Gooday benutze die aus der statistischen Auswertung der ungeheuren Datenmenge gewonnenen Daten lediglich dazu, um ein internes Ranking festzulegen, in welcher Reihenfolge sich Gooday mit einzelner Branchen beschäftigen sollte. Hier wurde jeweils das Unternehmen mit dem größten Potential übernommen.
Natürlich war im Ranking bereits berücksichtigt, wie viele Zwischenhändler es gab und welche Schritte verkürzt werden konnten, sprich, welche Zwischenhändler nicht weiter benötigt wurden.
Im Betastadium befand sich noch das Dienstleistungsranking. Hier wurde z.B. bei Rechtsanwälten und Steuerberatern analysiert, welche Dokumente diese selbst im Internet nachschlugen.
Hieraus leitete Gooday Informationen ab, welche Spezialsuchmaschine als nächstes angeboten werden sollte, um Teile der Dienstleisterangebote durch eigene Bezahldienste zu ersetzen.

Und Levis verlor für immer seinen Job als Banker.

Vorsorge – Abteilung für internationale Terrorismusbekämpfung Pentagon – April 2009, Kapitel 30-Teil II

Tony Randle hatte die Schicht mit seinem Stellvertreter getauscht.
Wenn er nachdenken musste, fand er die Nachtschicht ruhiger. Eigentlich gab es in seinem Büro keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht. Schließlich waren 50 Arbeitsplätze ständig besetzt, um Informationen aus aller Welt auszuwerten.
Er erinnerte sich noch gut daran, wie er 1999 als Frischling einer Analysegruppe zugeteilt war, die herausfinden sollte, in wie weit Suchmaschinen zur Terrorismusbekämpfung benutzt werden konnten.
Ein großes Problem bestand darin, dass die vorhandenen Suchdienste allzu arrogant waren, um der US-Regierung Informationen zu liefern. Sie pochten auf ihre demokratischen Rechte.
Also musste man ein neues Unternehmen finden, welches man langfristig für die eigenen Zwecke einsetzen konnte.
Da kamen ihm die Google Gründer gerade recht.
Natürlich hätte sich Google gerade in der Anfangszeit alle Einmischungen verboten. Aber es gab genügend Möglichkeiten, einerseits den Erfolg von Google zu forcieren, andererseits anderen Steine in den Weg zulegen.
Diese vielen kleinen Vorschläge hatten das Fundament seiner Karriere begründet. Da ein Kartellverfahren gegen Microsoft, hier eine Idee, wie man parallel zur Weiterentwicklung von Google eigene Analysetools entwickeln und auf Google abstimmen konnte.
Doch womit niemand gerechnet hatte, Google hatte sich außerhalb des US-Einflussbereiches viel schneller entwickelt, als erwartet und war bald nicht mehr steuerbar. Ohne Absprache mit der US-Regierung hatte Google sich 2006 mit der chinesischen Regierung auf Zensur geeinigt. Alle Daten wurden also zuerst der Chinesischen Regierung zur Verfügung gestellt, bevor der Index veröffentlicht wurde.
Man musste Google in seine Grenzen weisen. Die US-Regierung verklagte Google auf Herausgabe aller Daten. Natürlich wollte man in Zukunft mit China gleichgestellt werden und Daten vor der Veröffentlichung sehen.
Viele weiteren Länder trafen ähnliche Vereinbarungen mit Google.

2007 hatte sich das Verhältnis zu Google entspannt. Ein Grund war sicherlich, dass das Pentagon sehr gute Kontakte zu einigen Rentenfonds hatte, die sich an Google erheblich beteiligt hatten. Das Pentagon bekam von Google sogar auf youtube einen eigenen Sendekanal, damit keine Negativvideos über den Irak- Krieg veröffentlicht wurden .

Tony Randle betrat sein Büro und betrachtete die ständig auf einem Monitor durchlaufende Liste von verdächtigen E-Mails und aufgerufenen Domains.
Über den Internetseiten erschien in rot jeweils eine große Zahl. Dies war der Kriminalitätsrank, den Gooday auf Wunsch des Pentagon eingeführt hatte. Manchmal ertappte sich Randle dabei, dass er immer noch Google sagte. Jede Internetseite, jede Person und jedes Unternehmen erhielt im Laufe der Zeit durch die Auswertung, wer auf welche Seite geklickt hatte, einen solchen Wert.
Obwohl im Pentagon inzwischen über 3000 Agenten mit der Auswertung solcher Seiten für verschiedene Abteilungen beschäftigt waren, war es unmöglich, Terroranschläge zu verhindern, da man nicht einmal alle Seiten mit hohem Kriminalitätsrank sichten konnte.

Gerade wurde die Firmenhomepage von Human International Ltd. auf dem Display von Randle angezeigt. Der Kriminalitätsrank 0/6 wurde nicht rot sondern orange dargestellt.
Tony Randle wurde neugierig. Während rot für „Achtung hohe Kriminalitätswahrscheinlichkeit“ stand, tauchte orange nur selten auf, wenn die Plausibilitätsprüfung Widersprüche ergab, aber kriminelle Gefahr weitgehend ausgeschlossen war.
Die erste Zahl bewertete die Wahrscheinlichkeit krimineller Handlungen durch den Verantwortlichen der betreffenden Homepage.
0 konnte nur bedeuten, dass es sich um eine angesehene und wohltätige Organisation handelte.
Umso mehr Geld verdient wurde, desto höher bewertete die Formel die Wahrscheinlichkeit für kriminelle Handlungen. Dies war die persönliche Erkenntnis vom Beamten Tony Randle, der sicherlich nicht ganz ohne Neid auf die in der Privatwirtschaft gezahlten Gehälter sah.
Gooday weigerte sich jedoch konstant, zu bestätigen, dass dieser Parameter maßgebliche Grundlage für den Kriminalitätsrank war. Schließlich hätte Gooday sich selbst auf Basis eigener Gewinne mit dem höchsten Kriminalitätsranks versehen müssen.
Randle überprüfte stichprobenartig, welche Personen auf die Seite von Human International Ltd. zugriffen.
Er fand hier keine besorgniserregende Anzahl von Personen mit hohem Kriminalitätswert.
Der zweite Wert war mit 6 relativ hoch und bewertete, wie interessant es für Dritte war, Human International Ltd. für kriminelle Handlungen zu missbrauchen.
Weil diese Werte so unterschiedlich waren, hatte das System durch „orange“ auf mögliche Unregelmäßigkeiten aufmerksam gemacht.
Tony Randle schrieb eine Anweisung für seine Mitarbeiter:
„Index für Human International Ltd. durchlassen. Wiedervorlage, wenn gehäuft Personenkreis mit hohem Kriminalitätsindex auf Seiten zugreift.“
Schon hatte er die Firma wieder vergessen. Schließlich hatte man Wichtigeres zu tun.
Randle hatte die präventive Kriminalitätsbekämpfung eingeführt. Seine Vorgesetzten mussten nicht im Detail wissen, warum er eine so hohe Auflösungsquote bei der Terrorismusbekämpfung hatte.
Seine Abteilung platzierte inzwischen selbst Seiten im Internet, auf denen Bauanleitungen für Bomben angeboten wurden. Natürlich funktionierten diese Bomben nicht.
So häuften sich in letzter Zeit die Erfolgsmeldungen seiner Abteilung über die Vereitelung von Bombenanschlägen.
Die Täter wurden meist schnell gefunden. In den Gerichtsverhandlungen wurde von Sachverständigen dann später festgestellt, dass die Bomben zu keiner Zeit eine Bedrohung dargestellt hatten. Gott sei Dank wollte hier niemand von der Presse Zusammenhänge sehen.
In den Verdacht zu kommen, sich möglicherweise vor Terroristen zu stellen, wollte keiner riskieren.
Nie stellte sich Randle die Frage, wie viele Anschläge es ohne seine Abteilung gar nicht gegeben hätte.
Allerdings aus irgend einem Grund schlief er nachts immer schlechter.

Kein Leben ohne Gooday – Silicon Valley – Februar 2009, Kapitel 29-Teil II

Frankowitz saß in einer Projektsitzung, um die aktuellen Zwischenstände abzurufen.
Inzwischen hatte er sich an seinen neuen Chef John McCallum gewöhnt. Er war berechenbar. Man kam mit ihm aus, wenn man den Blick fest auf den shareholder value gerichtet hatte.
Skrupel gegenüber der Konkurrenz hatte John keine.
„Schließlich sind Aktiengesellschaften das Fundament der Demokratie. Wenn sich jemand von Gooday verdrängt sieht, kann er ja Aktien an Gooday kaufen. Jeder hat die freie Wahl, ob er auf der Verlierer- oder Gewinnerseite mitspielen will.“
Frankowitz war einer der Alten bei Gooday. Seine Sichtweise auf die Dinge war etwas komplexer.

Heute sollte die neue Strategie – Ergebnis einer 18 Monate dauernden Forschung – endgültig das Betastadium verlassen, um in allen Ländern umgesetzt zu werden.
Ehrlich gesagt verstand Frankowitz nicht, weshalb das Kartellamt bisher in keinem Land eingeschritten war.
Schließlich war abzusehen, dass bis auf die Länder, in denen das FINDERS-Konsortium Fuß fassen konnte, niemand außer Gooday mehr richtig Geld verdienen würde.

Angriffsziel der neuen Strategie waren Ebay, die immerhin inzwischen mehrheitlich den Handel weltweit dominierten, und der Zulieferbereich (auch B2B genannt), welcher sich noch weitgehend auf regionalen Spezialportalen abspielte.

„Also gehen wir noch einmal den Workflow der Tools durch, ob hier noch etwas zu optimieren ist.“
Eine junge blondierte Indonesierin, der die Intelligenz aus den Augen blitzte, übernahm:
„Bisher haben wir unsere Prioritäten nach dem häufigsten Aufruf von Keywords gesetzt. Bei den ersten 20 Branchen, welche wir global übernommen haben, war dies sinnvoll.
Um die restliche Wertschöpfung zu erhalten, benötigen wir mehr Informationen. Wir müssen genau wissen, wo die höchsten Margen liegen. Nur so haben wir die Garantie, dass wir zu jeder Zeit für unsere Aktionäre und Kreditgeber die höchsten Renditen und Zinsen erwirtschaften.“
„Jamel mischte sich ein. Bitte keine alten Weisheiten, Lissi, wir wollen doch heute die aktuellen To Do´s besprechen.“
„Also gut. Natürlich kennen inzwischen alle das IP-Verfolgungsprogramm, aber ich wollte halt noch mal in das Thema einführen.“
Lissi fuhr fort: „Also der Status der Entwicklungen:
Die Bilanzsuchmaschine hat ihre Testphase erfolgreich hinter sich gebracht. Nachdem die meisten Unternehmen inzwischen der Bilanzveröffentlichungspflicht unterliegen, haben wir erst einmal die 1000 ersten Firmen ausgesucht nach internem Gooday Pagerank analysiert.“
Frankowitz: „Wie genau ist inzwischen unser interner Pagerank?“
Lissi: „Danke für den Hinweis, während der öffentliche Pagerank weiterhin von 1 – 10 angezeigt wird, haben wir völlig unabhängig davon einen internen Klick-Pagerank von 1 – 10.000 geschaffen.
Es wird Wert darauf gelegt, dass Gooday-Mitarbeiter mit Kundenkontakt die internen Auswertungen nicht erhalten.
Der extern angezeigte Pagerank wird subjektiv von den Mitarbeitern in der Adwords-Abteilung angepasst.
Aus den Bilanzen übernehmen wir Personaleinsatz, Umsatz und Gewinn mit der neuen nur für interne Zwecke vorgesehenen Bilanzsuchmaschine in einen Bilanzindex. Hieraus erstellen wir ein Margenranking.“
John McCallum war vor einigen Minuten leise eingetreten und hatte sich von Lissi unbemerkt in die hintere Reihe gesetzt.
Nun fasste er nach: „Dann haben wir jetzt also einen Automaten, welcher uns eine Prioritätenliste vorschlägt, welches Unternehmen wir kaufen sollen? Was ist denn, wenn jemand ein stark innovatives Produkt auf den Markt bringt und wegen der Konzentration auf die Entwicklung weder hohe Umsätze, noch Gewinne gemacht hat?“
Lissi zuckte fast unmerklich zusammen. Dies war nicht die erste Präsentation eigener Ergebnisse. John schien immer zu wissen, wann etwas Wichtiges zu besprechen war und tauchte genau so unerwartet auf, wie er meist ohne ein Wort auch wieder verschwand.
„Richtig John, hierfür fließt der Innovationsrank mit ein.
Mit Hilfe der Patentsuchmaschine wird analysiert, welches der betreffenden Unternehmen Patente angemeldet hat.
Wenn Sie erlauben, würde ich jedoch erst einmal die verschiedenen Indexe noch einmal aufführen, damit wir überprüfen können, ob wir wirklich alles bedacht haben.“
Als John nickte, fuhr sie fort: „Also gehen wir die einzelnen Indices einmal am Beispiel des Innovationsindex durch. Dieser Index ist insofern gut als Beispiel zu benutzen, weil hier alle Ergebnisse der anderen Indices mit einfließen.
Als Basis erstellen wir den Grundindex. Dieser analysiert mit verschiedenen Parametern, ob eine IP-Adresse einer Privatperson, einem Angestellen, einem Forschungsinstitut oder einer Universität, einem Handelsunternehmen, einem Dienstleister oder einem Hersteller zugeordnet ist.
Für die den Privatpersonen zugeordneten IP-Adressen erstellen wir einen Personenindex.“
John unterbrach: „Wurde von unserer Rechtsabteilung ein Verstoß gegen den Datenschutz geprüft?“
Lissi freute sich sichtlich über die Frage: „Ja, es werden schließlich keine personenbezogenen Daten gespeichert. Der Kunde hat sich selbst entschieden, über eine feste IP-Adresse ins Internet zu gehen. Die Rechtsabteilung hat mit dem Marketing telefoniert. Wir hätten da einen Vorschlag!“
„Na, das klingt ja nach einer kleinen Palastrevolution“, sagte John lächelnd und fügte seinen Standardsatz hinzu: „Wenn es dem shareholder value hilft!“
„Ja ich denke schon, wir sollten öffentlich in die Offensive gehen und in einer Selbstverpflichtung erklären, dass wir die Speicherung der Nutzeranfragen von 18 Monaten auf die geforderten 6 Monate verkürzen.
Schließlich brauchen wir die Daten nur wenige Sekunden, um sie für unseren Index aufzuarbeiten. Alle Altdaten sind inzwischen indiziert.“
John nickte zustimmend: „ Gute Idee, die kritischen Stimmen haben in letzter Zeit mehr als uns lieb ist zugenommen. Wir brauchen ein paar vertrauensbildende Maßnahmen. Weiter.“
„O.k., wo waren wir stehen geblieben. Ach ja, alle Dokumente erhalten einen Contentindex. Hier wird z.B. berücksichtigt, welche Qualifikation eine Person hat, welche diese Dokumente liest (Akademiker oder Arbeiter) und in welchem Kontext die Dokumente zu margenstarken Produkten stehen.
Die einzelnen Indizies fließen in die einzelnen Rankings ein.
Auf Basis von Personenrankings, Contentrankings und Margenrankings und können wir automatisch das Geld unserer Anleger immer in den margenstärksten und zukunftsträchtigsten Unternehmen investieren“.
Für John war es Zeit, die Besprechung zu verlassen.
Er war zufrieden mit dem, was er gehört hatte.
Details interessierten ihn nicht.

Geldanlagen – Eldenburg bei Waren – 5. Januar 2009, Kapitel 28-Teil II

Noch immer lebte Talik allein. Er fand sich noch erstaunlich gut zurecht, obwohl das Sehen immer schlechter wurde. Er machte sogar noch ausgiebige Spaziergänge. Den Garten schaffte er nicht mehr. Eine alte Freundin aus der Nachbarschaft, die eine kleinere Rente hatte als er, half nun im Garten und im Haus gegen ein kleines Entgeld. Er war froh, dass zumindest noch ein wenig Abwechslung in seinem Leben war.
Diesen Sommer war er so alleine gewesen, dass er keine Handtücher mehr auf die Liegen des Stegs legte. Wenn Touristen an dem augenscheinlich verlassenen Bootssteg anlegten, kam er heraus und verwickelte die Besucher in ausführliche Gespräche.
Keiner der Eindringlinge konnte sich guten Gewissens einer längeren Unterhaltung entziehen.
Doch diese Woche war alles anders. Diese Woche war Isabella zu Besuch.
Es klingelte und Isabella kam vom Einkaufen zurück. Das Aufstehen wurde für Talik immer schwerer. Aber wenn es einem über achtzig noch so gut ging, durfte man sich nicht beklagen.
Isabella hatte sich vorgenommen, Talik in den zwei Wochen, wo sie da war zu mästen.
„Im Alter braucht man nicht mehr soviel.“
„Ach Paps, Du bist doch nur noch Haut und Knochen. Was hast Du früher geschimpft, wenn ich nichts gegessen habe.“
Ja so war das. Alles was man den Kindern in deren Jugend an Vorhaltungen gemacht hatte, bekam man mit Zinsen im Alter zurück. Darauf war Verlass.
Gott sei Dank hatte er Isabella immer viele Freiheiten gelassen.

Isabella packte die schweren Taschen aus. Irgendwie wirkte sie bedrückt. Das merkte er, obwohl er immer mehr aufpassen musste, dass schlechtes Sehen und inzwischen auch schlechteres Hören nicht zu Fehleinschätzungen führten.
„Isabella, geht es Dir gut.“
Isabella antwortete erst nach einer langen Pause. Sie rang wohl innerlich mit sich, ob sie es ihm sagen sollte: „Wir, also in erster Linie Levis, haben ziemliche Sorgen.“
„Die Finanzkrise?“
„Levis kommt sich nur noch wie ein Mülleimer vor, den alle Kunden benutzen um ihre Wut auszuschütten, weil er ihnen keine Kredite mehr geben kann.“
„Ist den sein Job noch sicher?“
„Nicht wirklich, lange geht das nicht mehr.“
„Aber Deiner doch hoffentlich?“
„Ich werde aus Deutschland bezahlt. FINDERS geht es so gut, da müsste ich schon silberne Löffel klauen, um entlassen zu werden. Mit meinem Gehalt kommen wir durch.“
Isabella ging schnell in die Küche, damit ihr Vater die Tränen nicht sah.
Sie aßen schweigend. Zweimal lobte Talik das Essen. Im Alter gab man sich selbst nicht mehr viel Mühe mit seiner Ernährung.
Nach dem Essen setzten sie sich wie früher ans Fenster und beobachteten die winterliche Müritz.
„Paps, auch wenn ihr hier in Deutschland nicht unsere Probleme habt, die internationalen Finanzmärkte sind so vernetzt, dass auch Geld in Deutschland betroffen sein kann. Hast Du Geld angelegt?“
„Kind, braucht Ihr Geld?“
„Nein, wir haben keine Schulden im Gegensatz zu den meisten Amerikanern. Aber durch Levis habe ich ein wenig über Geldanlagen gelernt. Ich möchte nicht, dass man Dich über den Tisch zieht.“
Talik war ein wenig beleidigt: „Ich kann noch sehr gut rechnen. Lass mir doch noch ein paar Geheimnisse. Mein Geld ist sicher auf Festgeldkonten angelegt.“
„Das beruhigt mich, weißt Du, man kann wirklich viel falsch machen.“

In der Nacht schlief Talik schlecht. Wenn man in seinem Alter auf der Bank zu viele Fragen stellte, hielten die einen gleich für senil. Er hatte sich, wie immer im Leben, einen einfachen Weg zurechtgelegt, um komplizierte Zusammenhänge zu überprüfen. Zuhause hatte er immer seine Zinsen überprüft. Die waren immer niedrig gewesen, teilweise hatte er auch gar keine bekommen. Auch die im Fernsehen hatten gesagt: „Hohe Zinsen, hohes Risiko; niedrige Zinsen, niedriges Risiko.“
Beim Frühstück zeigte er Isabella eine seiner kleineren Geldanlagen.
Isabella warf nur einen Blick darauf und sagte: „Paps, das sind amerikanische Rentenfonds.“ Talik ließ sich nicht aus der Ruhe bringen: „Die Frau Münztaler von der Warener Genossenschaftskasse berät mich jetzt seit fast 20 Jahren. Es war nie ein Risiko dabei.“
Aber er kannte die Hartnäckigkeit seiner Tochter und gab ihr schließlich die gesamten Unterlagen.
Über eine Stunde beschäftigte sich Isabella mit den Unterlagen.
„Paps, wenn ich das richtig sehe, hast Du in den letzten Jahren Verlust gemacht. Du hast kein Festgeld. Du hast nur Inhaberschuldverschreibungen. Das ist so kompliziert, da blicke ich nicht durch und vor allem hast Du amerikanische Rentenfonds. Die sind absolut im Keller.“
Eigentlich hatte Talik seiner Menschenkenntnis immer trauen können. Die Frau Münztaler hatte immer einen so seriösen Eindruck auf ihn gemacht.
„4,5 % Zinsen müssten es sein“, sagte er schließlich.
Isabella holte sich das Fondsprospekt, welches ihr Vater nie gesehen hatte, aus dem Internet.
Tatsächlich, die Fondsprognose ging von einer durchschnittlichen Rendite von 4,5 % aus. Aber immer wieder wurde im Prospekt auf die Risiken hingewiesen. In Juristendeutsch verklausuliert wurde auf die Möglichkeit eines Totalausfalls des eingesetzten Kapitals hingewiesen. Wörtlich hieß es: „Der Fond ist geeignet für Geldanleger mit einer mittlerer Wertpapiererfahrung und einer mittleren Risikobereitschaft.“
„Paps, weißt Du was ein Wertpapier ist?“
„Na, ich denke Du meinst etwas anderes. In der Druckerei haben wir immer Wertpapier zu hochwertigen Papieren gesagt, welche auch zum Geld drucken verwendet werden.“
Isabella lachte gequält: „Nein, vom Geld drucken sind wir leider weit entfernt. Immer wenn Du Geld benötigt hast, hat die Genossenschaftskasse Schuldverschreibungen gekündigt. Du hast nur 93 % des Nominalwerts eingezahlt, 100 % des Nominalwerts bekommst Du nur bei der ganzen Laufzeit. Paps ich versteh das auch nicht ganz, aber 2,8 % Zinsen für eine solche Anlage die keiner kapiert ist einfach lächerlich. Da Du bei vorzeitiger Kündigung nur 93% vom Kurswert bekommen hast, waren die Zinsen wieder weg. Der Rentenfond ist auf jeden Fall jetzt weniger wert, als das, was Du eingezahlt hast.“
„Die können mir doch nicht einfach die Zinsen senken. Das würde Frau Münztaler nie tun.“
„Was ist den das?“ fragte Isabella mit Blick auf einen Zettel, auf dem in überdimensionalen Buchstaben handschriftlich geschrieben stand:
Das können Sie wegschmeißen!
„Frau Münztaler war so freundlich, mir meine Unterlagen zu sortieren und hat mir rausgesucht, was ich nicht mehr brauche“, sagte Talik, jetzt doch ein wenig kleinlaut.
Isabella gab auf. Sie machte telefonisch Druck und redete von „grob fahrlässiger Falschberatung.“

Am nächsten Morgen saßen Isabella und ihr Vater im Büro von Frau Münztaler. Sie begrüßte Herrn Talik überschwänglich und erkundigte sich nach seinem Garten.
Ihr Vater genoss es sichtlich, dass jemand sein Hobby zu schätzen wusste.
Frau Münztaler tat alles, um Isabella zu demonstrieren, wie gut Talik und sie sich verstanden. Sie musste in zahlreichen Verkaufsschulungen trainiert worden sein, um die komplexe Materie wie Inhaberschuldverschreibungen so logisch und sicher zu schildern.
„Aber Isabella hatte am Vorabend noch mit Levis telefoniert. Der sagte zwar, deutsche Finanzprodukte würden sich völlig von amerikanischen unterscheiden, gab ihr jedoch den Tipp, sich im Gespräch nur auf die wichtigen Eckdaten zu konzentrieren.“
So fragte Isabella zu den Inhaberschuldverschreibungen nur: „Ist das denn eine sichere Anlage?“
„Alle Genossenschaftskassen haften mit ihrem Vermögen für einander.“
Dann sprach sie noch von einem Sicherungsfond.
Wofür braucht es einen Sicherungsfond, wenn alle füreinander haften, blitzte im Hinterkopf von Isabella ein Gedanke auf.
Aber sie wechselte das Thema.
Hier würde Frau Münztaler sie tot argumentieren.
Frau Münztaler war aalglatt und hatte die Tatsachen auf ihrer Seite. Schließlich war ja noch nie was Schlimmes passiert und wenn, dann hatte man das hinter verschlossenen Türen unter sich geregelt.
Isabella setze bei den Rentenfonds an. „Mein Vater ging davon aus, bei Ihnen nur Festgeld angelegt zu haben. Sie haben ihm Anlagen mit einem möglichen Totalausfall verkauft.“
„Auch die Rentenfonds sind sicher. Es handelt sich hierbei um die höchstsicheren …“
„Frau Münztaler, im Prospekt ist von einem möglichen Totalausfall die Rede“, unterbrach Isabella jetzt sichtlich entnervt und fing sich einen tadelnden Blick von ihrem Vater ein, dem es sichtlich unangenehm war, wie unhöflich sie zu Frau Münztaler war.
„Ach, das Prospekt kenne ich gar nicht, können Sie mir das mal zeigen“, sagte Frau Münztaler wohl wissend, dass sie Herrn Talik nie ein solches Prospekt gegeben hatte.
Isabella zog den Prospekt aus der Tasche. Sie hatte sich den Prospekt von der Internetseite des Fonds ausgedruckt. Es machte sie noch wütender, dass man hier den Gesprächspartner wohl genau soviel über den Tisch zog, wie es möglich war.
„Da steht nicht Totalausfall“, machte Frau Münztaler einen weiteren Versuch.
„Juristisch heißt es genau das, wenn hier steht, dass der Kurs steigen und fallen kann“, Isabella schäumte.
Frau Münztaler begann nun unbeirrt, Isabellas Vater die Vorzüge des Fonds zu erklären. Sie versäumte nicht, immer wieder zu erwähnen, dass der Fond absolut sicher sei.
Jetzt reichte es Isabella: „Geben Sie mir das schriftlich?“ Sachlich zu diskutieren brachte gar nichts. Schließlich war der Kurswert schon weit unter den Einstiegspreis gefallen. Sie wusste genau, was als nächstes kommen würde. „Ich würde bei diesem niedrigen Kurs nicht verkaufen. Um die 4,5 % Rendite zu erreichen, sollten Sie mit dem Verkauf noch warten.“
Isabella hatte eine Idee: „Vater, kannst Du bitte mal wiederholen, was Frau Münztaler gerade gesagt hat?“
„Sie wollen Ihren Vater wohl hier vorführen“, versuchte Frau Münztaler die Antwort zu verhindern.
„Mein Vater ist für sein Alter geistig topfit“, raunzte Isabella zurück.
Talik sah überhaupt keinen Grund, warum er das nicht wiederholen sollte. Er war doch nicht blöd: „Frau Münztaler hat gesagt, dass ich meine 4,5 % Zinsen doch noch bekomme.“
Frau Münztaler sackte in sich zusammen. Natürlich gab es interne Rundschreiben, dass Produkte auf die Vorkenntnisse des Bankkunden abzustimmen sind. Aber der Druck von der Geschäftsleitung für die Bank hoch profitable Produkte heraus zu drücken wurde immer stärker. Die Anweisungen bekam man natürlich mündlich. Vor ihrem inneren Auge stellte sie sich diese Situation in Gegenwart eines Richters vor.
Isabella setzte nach: „Frau Münztaler, ist mein Vater ein Anleger mit mittlerer Wertpapiererfahrung?“
„Was mittel ist, ist Definitionssache“, gab Frau Münztaler lahm zurück.
„Das ist keine Definitionssache. Wir sprechen hier von null Erfahrung. Die Null ist eindeutig zu definieren.“
Nun kam Isabella zum Punkt: „Ich erwarte, dass die Anlageverträge rückabgewickelt werden und mein Vater so gestellt wird, als habe er ein Festgeldkonto gehabt!“
Frau Münztaler zog ihren letzten Trumpf: „Dann bleibt mir nur, das Ganze an die Rechtsabteilung zu geben. Überlegen Sie es sich noch mal.“

Bei Talik und Isabella war die Urlaubsstimmung verflogen. Isabella wollte ihren Vater überreden zu klagen. Schließlich hatte er ja eine Rechtsschutzversicherung, welche er nie in Anspruch genommen hatte.
Zuletzt jedoch setzte sich Talik durch. Es war wirklich nicht möglich, dass er alleine um sein Recht kämpfte. Isabella musste schließlich wieder nach New York zurück.
Talik hatte jegliches Vertrauen zu seiner Bank verloren. Sein ihm verbliebenes Geld investierte er über FINDERS mit mittlerer Rendite und mittlerem Risiko. So war er sich wenigstens sicher, dass er mit dem Geld einem deutsches Print on Demand Unternehmen, über das er sich mit seinem Achtcard-Faxgerät informiert hatte, bei Aufbau half. Schließlich musste sich bei Rollenoffset mit beidseitigem Druck niemand mehr den Rücken krumm arbeiten. Hier kannte er sich aus.

Urlaub in der Krise – Friedrichshafen – Sylvester 2009, Kapitel 28-Teil II

Inzwischen war es üblich, dass Brigitte und ich die Festtage bei Maya in Friedrichshafen verbrachten. Maya hatte eine schöne Wohnung mit Blick auf den Bodensee. Max und wir hatten uns wie immer in einem kleinen Hotel in der Nähe einquartiert. Auf Grund der amerikanischen Wirtschaftskrise hatten wir beschlossen, Silvester nicht auszugehen, sondern bei Maya zu Hause zu bleiben, wie immer über Politik und Wirtschaft zu diskutieren und Doppelkopf zu spielen.
Mayas Wohnung hatte eine unübertroffene Aussicht auf das Feuerwerk.

Wir waren zum Mittagessen verabredet. Brigitte brauchte mal wieder im Bad etwas länger. Sie blühte sichtlich auf. Es tat ihr gut, nicht auf unserem Schiff zu sein.
Ich ging schon mal runter zum Auto, um die Scheiben frei zu kratzen. Es war kalt geworden. Ärgerlich stellte ich fest: jemand hatte zwei blaue Müllsäcke einfach auf die Kühlerhaube meines Autos gestellt.
Ich hatte Glück, denn es bog gerade ein Müllwagen um die Ecke. So brachte ich die Säcke zu dem Mitarbeiter, der hinten am Müllwagen die große Müllpresse füllte.
„Die hat mir jemand einfach auf mein Auto gestellt.“
„Ja, ja“, sagte der. Man merkte ihm an, dass er mir kein Wort glaubte. Er nahm die Müllsäcke und schmiss sie in den Wagen.

Warum war das nur so verdammt schwer geworden mit der Wahrheit in Deutschland? Warum glaubte jemand selbst bei einer solchen Kleinigkeit, es sei für mich einfacher zu lügen, als die Wahrheit zu sagen? War das so?
Warum hatte ich nichts erwidert? Warum hatte ich nicht solange argumentiert, bis er mir glaubte?
Während der Fahrt zu Maya sagte ich kein Wort. Brigitte sah mich besorgt an. Sagte aber nichts.

Nach dem Mittagessen spielten wir Karten. Dann schaltete Max N24 an. Brigitte und Maya waren wenig begeistert.
Es gab eine Sonderdebatte des deutschen Bundestags. Gerade forderte ein Abgeordneter wieder schärfere Gesetze. Ein anderer widersprach: „Die gesetzlichen Grundlagen müssen nur endlich umfassend angewendet werden. Wir brauchen keine neuen Gesetze.“
Max regte sich fürchterlich auf: „Die machen doch jegliches Vertrauen in die Politik kaputt. Noch schlimmer, moralische Manager gehen nicht mehr auf verantwortungsvolle Posten. Wenn es keine Regeln gibt, wenn die Justiz je nach gefühlter Lage härter oder laxer durchgreift, dann machen den Job nur noch die Korrupten. Die kommen mit ihrer Devise ‚Alles ist erlaubt, solange man nicht erwischt wird’ dann bestens durch.“
Maya antwortete „Du hast ja recht. Aber es ist wirklich schwer, noch richtig zu reagieren. Obwohl die deutsche Wirtschaft weitgehend von der USA abgekoppelt ist, arbeiten die Banken nun mal global. Ich weiß, dass die deutsche Regierung verzweifelt nach einer Lösung sucht. Die sprechen sogar mit dem FINDERS-Konsortium.
Es geht nicht um die Banken, sondern um das Geld und vor allem das Vertrauen der Sparer.“
Wie immer wusste Maya mehr als wir anderen. Wir hatten uns daran gewöhnt, dass sie uns nicht alles sagen konnte.

Tatsächlich stellte die Bundesregierung kurz nach der Gründung von Gooday ein eigenes gemeinsam mit dem FINDERS-Konsortium erarbeitetes Konzept vor.
Deutschland hatte sich in den letzten Jahren durch das den Mittelstand fördernde Konzept unabhängig von den USA entwickelt. Trotzdem begannen auch in Deutschland die Bürger das Vertrauen in die Banken zu verlieren. Das Geld der Sparer sollte garantiert sicher sein. Die Banken, die sich am US-Markt verspekuliert hatten, wollte man nicht schützen. Eine Marktbereinigung war nötig.
Die Einlagensicherung von 20.000 Euro blieb bestehen. Die deutsche Bundesregierung verpflichtete sich darüber hinaus, allen Personen, jedoch keinen Banken unbegrenzt den Ausfall von Sparbüchern und Festgeldkonten zu ersetzen. Präventiv wurde mit einigen deutschen Banken unter Beteiligung des FINDERS-Konsortiums eine Auffanggesellschaft für insolvente Banken gegründet.
Diese Voraussicht kam gerade rechtzeitig, um das Kapital deutscher Sparer bei 6 Banken mit amerikanischen Muttergesellschaften zu retten, die fast gleichzeitig in die Insolvenz gingen.
Die Einlagensicherung über 20.000 Euro hinaus wurde an die Bedingung geknüpft, dass das Geld zwei Jahre im Rahmen der Auffanggesellschaft angelegt wurde. Die Sicherung galt, um Spekulanten abzuschrecken, nur für Geldeinlagen, welche bereits länger als drei Monate angelegt waren. Diese Gelder wurden Unternehmen zur Verfügung gestellt, welche bereit waren, sich online hinter einer FINDERS-Kategorie einzuordnen und ihr Geschäftsmodell sowie die Bilanzzahlen einfach im Internet zugänglich zu machen. Die einzelnen Finanzinstrumente (z.B. Risikokapital, Immobilienfinanzierung, etc.) wurden separaten Kategorienagenturen zugeschlagen. Hinter den einzelnen Kategorien konnten sich Banken, die in diesem Bereich tätig waren, positionieren. Bei jeder Kreditvergabe wurde ein ständig von den einzelnen Kategorienagenturen weiterentwickeltes Rating berücksichtigt. Da z.B. die Kategorienagentur für Immobilienverkäufe auch für die Internetmarktplätze verantwortlich war, konnte ein halbautomatisches Verfahren entwickelt werden, um die Werthaltigkeit einer Immobilie zu schätzen. Produktanfragen, welche von Herstellern oder Händlern nicht bearbeitet wurden, konnten durch die finder-Technologie erkannt werden. Die entsprechende Kategorienagentur erhielt dann eine Fehlermeldung. Dies und die Rückmeldungen aus den Communitys bildeten für die Kategorienagenturen ein Frühwarnsystem. Die Kategorienagenturen wurden dann aktiv und halfen frühzeitig bei der Problemlösung.

Alle Teile eines Mischfonds mussten für Geldgeber dadurch transparent gemacht werden, dass Einzelbeteiligungen über eine Linkliste erreichbar waren. So konnte kein Geldgeber mehr sagen, man habe ihn unzureichend informiert.
Mischfonds waren nur noch zulässig, wenn 10 % des Fonds in innovative Firmen investiert wurden. Auch deren Geschäftskonzept musste über einen Link für Geldgeber erreichbar sein.

Wer keinen Internetanschluss hatte, konnte sich jederzeit die Liste über sein Achtcard-Fax ausdrucken lassen. Die flächendeckende Verbreitung der Achtcard ermöglichte, dass jeder nahezu alle Geldtransaktionen von zu Hause aus durchführen konnte.

Als weitere Neuerung wurde innerhalb dieses Finanzierungskonzepts eine standardisierte Due Diligence eingeführt, in der die betreffende Kategorienagentur ohne großen Aufwand eine Stellungnahme abgeben konnte. Durch diese vereinfachten Beteiligungsgutachten war es erstmals möglich, dass Fonds auch Kleinstbeteiligungen ab 100.000 Euro an Unternehmen eingehen konnten.

Viele Patente, welche früher im Ausland vermarktet worden wären, wie z.B. seinerzeit das deutsche MPEG- Verfahren in Japan, wurden nun direkt in Deutschland verwertet, da ausreichend Kapital zur Verfügung stand.

Die Finanzkrise ging weitgehend an Deutschland vorbei. Immer mehr Länder –fast alle europäischen – schlossen sich dem Trusted Internet an.
Achtcard-Geräte wurden ein deutscher Exportschlager.

Nanny Day – ibank , Wall Steet – 5. Januar 2009, Kapitel 27-Teil II

Levis saß an seinem Schreibtisch und betrachtete die Schnee bedeckte Wall Street. Er hatte heute morgen beim Juwelier das Schild gesehen. „Bis auf weiteres geschlossen“, stand da. Jetzt fand er es schade, dass er mit der netten Goldschmiedin nie die Telefonnummer ausgetauscht hatte. Er kannte nicht einmal ihren Nachnamen. Wie es ihr jetzt wohl gehen würde?
Warum er selbst noch seinen Schreibtisch hatte, wusste er nicht so genau. In letzter Zeit versuchte er sich unsichtbar zu machen. Erste Entlassungen hatte es bereits gegeben.
Er schaute sich seitlich in seinem Gadget die neusten Nachrichten an und erstarrte:

„Regierungen frieren Geld auf den Banken ein und verwehren Sparern Zugriff auf ihr Geld.
Trotz permanentem Eingreifen der Regierungen haben die Kreditausfälle Weihnachten die besicherte Summe der Rückversicherer von 2.000 Milliarden Dollar überschritten. “

Gleichzeitig öffnete sich die Tür und Gabriella kam weinend herein. Der Chef ist völlig ausgeflippt: „Ich schmeiß alles hin. Ich habe nicht gezockt und trotzdem wir.“ Gabriella war Vorstandassistentin und hatte sich mit Levis angefreundet. Für Levis war Gabriella der heiße Draht zur Chefetage. Auf den ersten Blick erfüllte Gabriella voll das Klischee der sexy Blondine. Doch der Proporz zwischen sprachlichen und mathematischen Fähigkeiten entsprach ihrer makellosen Optik mit ihren perfekten Körpermaßen.
„Ich habe die Zahlen gesehen. Nicht nur von uns, wir stehen noch gut da. Von allen. Die machen permanent Videokonferenzen mit immer neuen Banken. Man will sich zu einem neuen Konsortium zusammenschließen, um wieder das Vertrauen von den Kunden zu gewinnen. Banken mit insgesamt 500 Milliarden Dollar Kreditumsatz machen wohl schon mit. Mein Chef meint, damit wird das Vertrauen nicht zurückkommen. Wenn die Konten wieder freigegeben werden, werden die Kunden alles abheben. Alles, verstehst Du?“

Levis war eigentlich nicht überrascht. Mit Isabella hatte er verschiedenste Szenarien für ihre eigene Zukunft bereits durchgespielt. Immerhin Isabella hatte einen sicheren Job als Trendscout bei FINDERS. Davon konnten sie beide mit ein wenig Einschränkung leben.
Was Levis nicht für möglich gehalten hatte, am Abend war der „letter of intent“ für das Bankenkonsortium unterschrieben.
Durch die Headline eines Presseartikels bekam das Konsortium dann wenig später seinen Namen. „Nanny Day“ wurde das Konsortium genannt. Der Kunde sollte sich so behütet fühlen, wie bei einer Kinderfrau. Man hatte sich vorgenommen, dass der 5.1.2009 als Wendepunkt der Finanzkrise in die Geschichte eingehen sollte. Durch diesen Namen sollte jeder Amerikaner auch in Zukunft wissen, wem er diese Rettung zu verdanken hatte. Levis erfuhr später von Gabriella, einige Banker hätten sich fest vorgenommen nach der erfolgreichen Sanierung der Volkswirtschaft den „Nanny Day“ als offiziellen Nationalfeiertag eintragen zu lassen.

Unmittelbar nach Gründung des Konsortiums gab die USA die eingefrorenen Konten frei. Am nächsten Tag wurden innerhalb von 3 Stunden 15 % aller Spareinlagen abgehoben, da die Geldanleger nicht vom Erfolg des Konsortiums überzeugt waren. Noch am selben Tag wurden die Gelder wieder eingefroren. Die Börse rutschte auf ein Allzeittief.
Diese verzweifelte Lage nutzte Google, um sich in die Debatte einzumischen. Google stellten dem Senat und den Banken einen Rettungsplan vor.

Bei einem Minimum an Verwaltungskosten bot Google das Konzept einer Onlinebank an. Ohne große Entwicklungskosten übertrug Google sein Adwords Werbesystem auf die Onlinebank und baute ein Zinssteigerungsportal auf. Geldgeber, welche die günstigsten Zinsen boten, bekamen den Zuschlag.
Geldgeber konnte jeder ab 1000 Dollar Anlagekapital werden.
Der Geldgeber gab eines oder mehrere Keywords in das Portal ein. Hierdurch wurde der Bereich abgesteckt, in dem er investieren wollte.
Zusätzlich definierte er auf einer Skala von 1-10 seine Risikobereitschaft.
Er konnte stundengenau festlegen, wie lange er das Geld anlegen wollte.
Unternehmen, welche das gleiche Keyword zur Kreditsuche hinterlegt hatten, wurden dem Geldgeber in einer Liste online angezeigt. Per Klick konnte der Geldgeber die Kreditauszahlung veranlassen.
Die Zinshöhe richtete sich nach dem Risikorank der letzen drei Jahre, welcher von der Suchmaschine vergeben worden war. Start Ups konnten nicht berücksichtigt werden, da sie noch keinen Rank hatten.
Die US-Regierung hatte das Konzept unter der Bedingung bewilligt, dass nur direkte Geldtransfers zwischen Geldgebern und Kreditnehmern über das Portal vermittelt wurden. Federführend hierbei war die Finanzministerin und ehemalige Ebay-Chefin.
Die Kreditnehmer durften keine Banken sein. So wurden nur genau in der Höhe Kredite vergeben, wie auch direkte Spareinlagen vorhanden waren. Der Verwendungszweck der Kredite musste über die Internetpräsenz für alle erkennbar sein.
Das Konsortium ging mit all seinen Banken in die Planinsolvenz. Hierdurch entledigte man sich des überflüssigen Personals und der nicht mehr selbstgenutzten Immobilien auf einen Schlag.
Es sah so aus, als ob das Geld der Anleger verloren wäre. Da bot eine Auffanggesellschaft, bestehend aus den gesunden Teilen des Konsortiums und Google – Gooday Group genannt – an, die insolvente Bankengruppe für einen Dollar mit der Vorgabe aufzukaufen, die nächsten 30 Jahre 20 % die schließlich erzielten Gewinne an die Altgläubiger abzuführen.

Rückblick auf das Jahr 2008 – Kapitel 26-Teil II

Das FINDERS-Konsortium schaffte es, sich erste Marktanteile im globalen Markt zu sichern. Den einzelnen Kategorienagenturen für Medien gelang es gemeinsam, die Anbieter von DVD-Filmen und die Vermarkter hochwertiger Künstler dazu zu bewegen, nur noch Musik- und Video-CD’s zu verkaufen, welche mit einem CD-Player abgespielt wurden, die über W-Lan mit einem Achtcard-Fax verbundenen waren.
Beim Kauf der CD gab man die öffentliche ID-Nummer des Achtcard-Besitzers an. Damit wurde die CD personalisiert. Nur der Achtcard-Besitzer konnte die CD abspielen. Wurde eine CD ohne Achtcard-Authentifizierung in den CD-Spieler gelegt, so wurde online abgeglichen, ob der Urheber der CD bei FINDERS registriert war.
Früher hatte man aufwendige Strafverfahren durchgeführt und selbst Kinder verfolgt, welche sich eine Raubkopie gezogen hatten. Da weiterhin fast jeder Raubkopien anfertigte, waren die Gerichte zuletzt so überlastet, dass keine Strafverfolgung mehr möglich war.
Heute wurden die Besitzer von Raubkopien belohnt. Wurde eine Raubkopie entdeckt, erhielt der Besitzer ein Fax zugeschickt, in dem er angeben musste, wo er die CD erstanden hatte. Antwortete er wahrheitsgemäß, so wurde ihm kostenlos im Tausch mit der Raubkopie eine Orginal-CD zugeschickt.
In Verbindung mit der eigenen Achtcard konnte man beliebig viele Sicherheitskopien anfertigen und abspielen.
Gewerbliche Raubkopierer hatten keine Chance mehr, da die Urheber automatisch Anzeigen sammeln konnten, bis die Anzahl für eine Klage gegen einen kommerziellen Kopierer reichte. Die Beweislast war so erdrückend, dass meist ein Brief an die gewerblichen Raubkopierer ausreichte, damit diese den Schaden ersetzten.
Das System war so aufgebaut, dass personenbezogene Daten nur dann verwendet wurden, wenn dies zur Strafverfolgung unbedingt nötig war.

Ruhe bewahren! ibank, Wall Steet – 19. Dezember 2008, Kapitel 25-Teil II

Levis hatte erst von 8 Monaten bei der ibank angefangen. Damals standen die Zeichen schon auf Sturm. Lange hatte er von einem Büro mit einer solchen Aussicht geträumt. Im zweiten Stock hatte er zwar keine Weitsicht. Aber er konnte direkt auf die Wall Street sehen.
Als Isabella ihn das erste Mal in seinem neuen Büro besucht hatte, war sie von der Wall Street ein wenig enttäuscht. Natürlich waren die Gebäude beeindruckend. Aber die Straße hatte sie sich breiter vorgestellt.
Levis störte das nicht. Für ihn war dies der Platz, an dem alle Banker sitzen wollten und er saß hier. Er hatte hart gearbeitet, um mit seinem einfachen Abschluss als Bankkaufmann weiterzukommen. Er hatte es im Gefühl, dieser Platz würde ihm nicht sein Leben lang erhalten bleiben. So genoss er es jede Minute, hier zu sein.
Sein Blick fiel auf die andere Straßenseite.
Beim Juwelier war in den letzten Wochen immer weniger los.
Gelegentlich traf er mittags die brünette Goldschmiedin. Grundsätzlich optimistisch, war sie in letzter Zeit ziemlich kleinlaut, wenn Levis sie auf ihre Geschäfte ansprach.
Neuerdings konterte sie mit „Und Deine?“
Woraufhin er immer nur mit den Schultern zuckte.
Sein Blick schweifte weiter auf den in der Ferne sichtbaren BMW Showroom. Auch hier waren immer weniger Besucher zu sehen. Die Menschen hatten einfach andere Probleme.
Ach ja, Isabella war so schrecklich vernünftig. Natürlich war er der Meinung gewesen, sein neuer Job böte den optimalen Anlass für ein neues Auto. Warum keinen BMW – auf Leasing – damit man immer das neueste Modell hatte. War es nicht praktisch, dass man nur über die Straße gehen musste, um sein nächstes Auto zu bewundern? Isabella würde als Deutsche doch sicher ein deutsches Auto schätzen.
Als er eine Woche nach Antritt seiner neuen Position Isabella diesen wundervollen Vorschlag mitteilte, war Isabella fast ausgeflippt.
„Bist Du denn verrückt? Du hast gerade mal den Job bekommen. Die haben Dich nur genommen, weil ein Großteil Deiner Vergütung aus Aktienoptionen besteht.“
Heute wusste er, Isabella hatte recht gehabt. Denn sein Schreibtisch war fast leer. Das Telefon klingelte immer seltener.
Zwar war die ibank breit aufgestellt. Sie beschäftigen sich in erster Linie mit Mittelstandskrediten. Nicht, dass die Nachfrage nach Krediten weniger geworden war. Im Gegenteil, große Teile des Mittelstands waren inzwischen in ihrer Existenz gefährdet, weil keine Kredite mehr vergeben wurden.
So ward es seine Hauptbeschäftigung geworden, staunenden Kreditnehmern zu erklären, wie das Bankgeschäft funktioniert. Kein Kunde schien sich hierüber jemals Gedanken gemacht zu haben.
„Haben Sie sich schon mal überlegt, wie eine Bank 25 % Eigenkapitalrendite erwirtschaften kann, wenn sie von Ihnen nur 6 % Zinsen nimmt?“
So begann Levis üblicher Weise seine Belehrung. Natürlich hatte sein Kunde darüber nicht nachgedacht. War ja auch bequem. Wenn es schief ging, war so nur die Bank schuld. Die hätte schließlich aufklären müssen.
„Nun, die Bank hat Sparer, welche ihr Geld anlegen. Der Unterschied zwischen 3,5 % Zinsen für den Sparer und 6 % Zinsen für Ihren Kredit sind 2,5 % nicht 22,5 %, richtig?“
„Ja stimmt“, gab der Kunde meist widerwillig zu.
„Wenn wir 10.000 Dollar als Geldanlage einnehmen, verleihen wir 100.000 Dollar. Wir erhalten 25 % Rendite auf unser Eigenkapital, weil wir uns das meiste Geld zu guten Konditionen von anderen Banken leihen. Den Banken verpfänden wir dabei die von unseren Kunden gewährten Sicherheiten. Nach dem es so viele faule – also zu gering besicherte – Kredite gibt, bekommen auch wir keinen Kredit mehr von anderen Banken, weil man uns nicht glaubt, dass die dafür von uns weitergegebenen Sicherheiten einen Wert haben.“
Inzwischen kam Levis sich wie im Callcenter einer Reklamationsannahme vor. Die Reaktionen wurden immer wütender.
Die Leute verstanden einfach nicht, dass eine Bank unmöglich selbst alles Geld immer besitzen konnte, was sie verlieh. Obwohl die ibank so gut wie keine faulen Kredite mitschleppte, wartete Levis jeden Tag auf seine Kündigung. Die Neuen ohne Kinder mussten zuerst gehen.
Die Presse tat ein Übriges, um die Stimmung anzuheizen. Die Hysterie hatte sich inzwischen verselbständigt. Geschäfte zwischen den Banken fanden kaum mehr statt, weil die Banken sich gegenseitig nicht mehr trauten. Der große Crash stand jedoch noch bevor. Der Rückversicherungsfond, der weltweit alle Ausfälle auffangen sollte, war auf 2.000 Milliarden Dollar begrenzt. Dem standen Kredite in Höhe von über 50.000 Milliarden Dollar gegenüber. Die halbherzigen Angebote der Regierungen, die faulen Kredite aufzukaufen, verhinderten zwar vorerst manche Bankpleite und machte denen Hoffung, die immer noch alles glauben wollten oder gnadenlos zockten. Nachdem die Regierungen mehrfach nachbessern mussten, glaubte ihnen die Mehrheit der Sparer nicht mehr. Aber Banken konnten nur überleben, wenn sie immer neue Geschäfte machten und man ihnen sein Geld anvertraute.
Levis machte sich keine Illusionen, spätestens im Januar würde der große weltweite Zusammenbruch kommen – wenn kein Wunder geschah.
So schien es auch die US-Regierung zu sehen.
Kurz vor Büroschluss las Levis in der seitlichen Informationsleiste seines PC´s:

Regierung ordnet Schließung aller Banken ab sofort bis zum 5. Januar 2009 an. Der Handel an der Nasdaq wird solange ausgesetzt.

Irgendwie wollte bei Levis keine richtige Weihnachtsstimmung aufkommen. Sie hatten beschlossen, sich dieses Jahr nichts zu schenken.
Schulden hatten sie nicht. Das bisschen Kapital, was sie auf die Seite legen konnten, hatten sie in Trinkwasseraktien und Gold investiert.

Die Basis – Malediven, Dhunikolhu – 2 Tage später, Kapitel 24-Teil II

Smith stieg bei 30 Grad tropischer Hitze aus dem Flugzeug ohne das geringste Anzeichen, dass ihm die Hitze etwas ausmachte. Gleich an der Flugplatzinsel neben Male stieg er in ein kleines Wasserflugzeug um.
Nach ca. einer Stunde hatte die Propellermaschine die 120 km bis zur Insel Dhunikolhu zurückgelegt.
Schon von Weitem konnte man die weit ins Wasser gebauten Stelzenhäuser erkennen. Die 200 x 600 Meter umfassende Insel war ideal als Basis für 200 Redakteure geeignet.
Die Besitzer der Hotelanlage wollten sich zur Ruhe setzen und hatten Smith einen guten Preis gemacht.
Schließlich war es eine Wette auf die Zukunft, eine Malediven-Insel zu besitzen. Nach Expertenansicht würden die meisten Inseln in den nächsten 20 Jahren durch den steigenden Meeresspiegel untergehen.

Zu den bestehenden 100 Bungalows würden 100 weitere dazugebaut werden. Weitere Anlagen würde man unterirdisch anlegen. Die Infrastruktur des bestehenden Luxushotels ermöglichte ein autarkes Arbeiten. Obwohl im Krisenfall von der Umwelt abgeschottet, mussten die Redakteure auf keinen Luxus verzichten.
Die eigene Energieversorgung über Dieselmotoren mit ausreichend großen Tanks für mehrere Wochen und Sonnenkollektoren war genauso vorhanden, wie eine eigene Kläranlage, eine Müllverbrennungsanlage und eine Meerwasserentsalzungsanlage. Das vorhandene Personal würde Smith übernehmen. Die moderne Kommunikationsanlage war so leistungsstark, dass 200 Computerarbeitsplätze gleichzeitig im Internet surfen konnten. Es gab einen direkten Anschluss an den Backbone in Male.
Die Verträge waren schriftlich vorher mit dem Team von Smith ausgehandelt worden.
Nach einem einstündigen Rundgang unterschrieb Smith ohne Einwände.