Wahlfreiheit zwischen Suchalgorithmen ist Voraussetzung für den Demokratieerhalt

Such-Plattform-Weiche
In den digitalen Gesellschaften übernehmen zunehmend Algorithmen die Entscheidungen. Wir müssen uns zumindest auf Algorithmen verlassen können, wenn diese Entscheidungen treffen, die wir nicht verstehen. Algorithmen in einer Verkehrsampelschaltung ärgern uns, wenn uns die rote Welle unverständlich ist. Schaden erleiden wir dadurch in der Regel nicht. Aber was, wenn Informationen, die ja allgemein anerkannt die Essenz jeder digitalen Gesellschaft ausmachen, von Algorithmen selektiert, zensiert und sogar gelöscht werden?

Wir brauchen ein politisch verbrieftes Recht der Wahlfreiheit zwischen Suchalgorithmen!

Es wirft einen fragwürdigen Schein auf den Digitalstandort Deutschland, wenn bisher diese Wahlfreiheit nicht berücksichtigt wurde. Schließlich löst bereits ein deutsches Patent aus dem Jahre 1999 diese Aufgabe.

Europäischer Vielfalt steht zunehmend gerankte Masseninformation entgegen. Abhilfe verspricht man sich von Experten, die sich grundsätzlich jeden Algorithmus ansehen. Daraus sollen allgemeingültige Gesetze entwickelt werden. Ob das immer gelingt ist fraglich, wenn die Ergebnisse von künstlicher Intelligenz nicht einmal mehr von den Programmierern vorhergesehen werden können. Wir Bürger haben uns in Corona Zeiten richtig verhalten, weil wir eine Art Schwarm-Instinkt besitzen, der zwischen richtig und falsch unterscheiden kann.

In den Grenzen des gesellschaftlich akzeptierten Rahmens sind wir andererseits Individuen mit unterschiedlichen Vorstellungen über die für uns notwendigen Freiheitsrechte. Es bedarf also eine Wahlfreiheit des Einzelnen, welchen Suchalgorithmus er einsetzen möchte und ein digitales Konzept, welches digitalen demokratischen Grundsätzen genügt, gerade im Bereich Suchmaschinen und Social Media. Auch die Vielfalt der technischen Suchmöglichkeiten kann so sichergestellt werden.

Im Social Utopia Talk 9 zeige ich, wie es funktioniert. Bitte besuchen Sie das folgende Video:

Anders als in den bisherigen Social Utopia Talks spreche ich nicht von – in unserer Realität -noch nicht umgesetzten technischen Konzepten, sondern von weitgehend realisierter Software.
Von 2001 bis 2014 habe ich die citythek.de als älteste deutsche Einkaufsstraßensuchmaschine weiterentwickelt. Die zugrundeliegenden Kategorien wurde durch Analyse der Einkaufsstraßen der 60 größten deutschen Städte und Inhaltsverzeichnisse der Bibliotheken erstellt.
Alleine und ohne (Fremd-)Kapital habe ich einige Millionen deutsche Suchanfragen auf richtige Zuordnung überprüft und die SQL Abfragen des Thesaurus verfeinert. Durchschnittlich 60.000 Unique User haben die citythek.de monatlich besucht. Über Affiliateprogramme waren hinter den Kategorien die Suchen von zirka 500 Shops verbunden. Jedoch machte es keinen Sinn, hierauf ein Geschäftsmodell zu hinterlegen. Die bei 1000 Kategorien sich ergebenden 60 monatlichen Kunden je Kategorie reichten dafür nicht aus.

Als ich 2014 auf Basis dieser Technologie mit dem Social Media Programm getmysense starten wollte, wurde ich so heftig über das Internet attackiert, dass ich aufgeben musste. Hinter getmysense hätte man ein skalierbares Geschäftsmodell legen können, weil über ein Anreizsystem der Finder-Thesaurus für alle Schriftsprachen (zirka 2500) von den Nutzern selbst hätte erstellt werden können.

Einzelnen Demokratie erhaltende Pilotprojekte bergen das Risiko, von Lobbyisten unterbunden oder durch Internetangriffe ausgeschaltet zu werden. Alternativ treibe ich derzeit die Gründung von www.gisad.eu voran, um einen Open Source Standard zu definieren, auf dem verschiedenste Startups und Projektideen aufsetzen können. Kein Datenverwerter wird riskieren, mehrere Projekte gleichzeitig anzugreifen. Das wäre selbst für die verschlafene deutsche Bundesregierung zu auffällig.

Diese Social-Media und Suchmaschinen-Infrastruktur setzt optimaler Weise auf der von mir geforderten Bürgerrechts-Infrastruktur auf. Soweit irgend möglich, sollte die Grundstruktur ohne komplexe Algorithmen und künstliche Intelligenz auskommen.

Würden die Nutzer weiter nur eine Suchmaschine in allen Kategorien auswählen, so wären die Suchergebnisse ähnlich denen heute. Doch selbst dann hätte der Gesetzgeber zumindest sichergestellt, dass andere Anbieter versuchen könnten, hinter der Plattform-Algorithmen-Weiche durch bessere Suchergebnisse in einzelnen Kategorien Nutzer für sich zu gewinnen. Auch ein Sprachassistent ließe sich auf Basis der hier vorgestellten Technologie erstellen.

Einer Monopolbildung würde der Gesetzgeber mit einem Recht auf Wahlfreiheit zwischen Suchalgorithmen ohne Verbote oder das Zerschlagen von Global Playern entschieden entgegentreten können.

Masterplan für die europäische Wirtschaft – Nicht Insolvenzverschleppung fördern, sondern Krisenresilienz stärken!

Durch die Corona-Krise werden in der Wirtschaft die Karten neu gemischt. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss die europäische Wirtschaft sich in einer einzigartigen Digitalökonomie zusammenfinden.

In der Digitalökonomie finden sich genauso große Unternehmen wie Einzelselbständige. Selbst einfache Reinigungsarbeiten können zum Beispiel über Helpling.de durchgeführt werden. Die Terminplanung, Kundensuche, Haftpflichtversicherung und Rechnungstellung übernimmt das Portal gegen eine Gebühr. Solche Plattformen bieten vielen Menschen die Möglichkeit, mit geringem unternehmerischem Know How selbstbestimmt zu arbeiten. Die Arbeitszeiten sind flexibel auf die einzelnen Lebenskonzepte anpassbar. Die Schattenseiten sind das Fehlen von einer Rentenabsicherung. Bei Krankheit gibt es keine Gehaltsfortzahlung. Zudem gibt es für den Kunden einen sehr transparenten Preiswettbewerb. Je nach Wettbewerbslage kann das zu entsprechend niedrigen Gehältern führen.

Die Corona-Krise betrifft alle Unternehmer gleich. Denn niemand hat mit einem Shutdown gerechnet, welcher bis zu hundert Prozent Umsatzausfall zur Folge hat. Doch nicht nur der kurzfristige Ausfall von Einnahmen muss kompensiert werden. Das neue Risiko, dass jederzeit ein Herunterfahren der Wirtschaft möglich ist, verändert die Risikoeinschätzung von Banken und Kapitalgebern. Aus meiner zwanzigjährigen Tätigkeit als Gutachter beim Start2grow IT-Wettbewerb weiß ich, dass viele Startups versuchen, ganz auf Fremdkapital zu verzichten. Ein Lockdown in der Markteinführungsphase ist jedoch in keinem Worst Case Szenario berücksichtigt. Es ist davon auszugehen, dass ohne das richtige Anreizsystem durch die aktuellen Sofortmaßnahmen nur Insolvenzen verschleppt werden. Wenn Unternehmen innerhalb weniger Monate ihr über viele Jahre erarbeitetes Kapital aufbrauchen, weil die Umsätze wegbrechen, sendet das ein fatales Signal.

Andererseits bietet die Pandemie eine einmalige Chance einer europäischen digitalen Antwort auf die zentrale Steuerung und Überwachung der chinesischen Wirtschaft.

Im globalen Wettbewerb muss sich Europa neu positionieren. Südkorea oder Estland sind in der Digitalisierung besonders erfolgreich, weil sie einen Konsens in ihrer jeweiligen Gesellschaft hergestellt haben, bevor sie so akzeptierte digitale Gesamtkonzepte einführten. Wer aber eins zu eins die in diesen Ländern erfolgreichen Systeme auf Deutschland oder auch Europa übertragen will, muss scheitern.

Europas Stärke ist seine Vielfalt. Eine Gemeinsamkeit ist das Bedürfnis nach einem starken Datenschutz und dem Erhalt von Bürgerrechten. Es geht entsprechend darum, einen Mindeststandard zu definieren, um vordigitale, demokratische Errungenschaften in einer Algorithmen gesteuerten digitalen Gesellschaft zu erhalten. Vielfalt bei gleichzeitiger Berücksichtigung eines eigenen europäischen Konzepts kann damit sichergestellt werden, wenn in einem Opensource-Standard viele Entwickler ihre Ideen einbringen können. Ein kleinster gemeinsamer Nenner könnte die von mir vorgestellte WAN Anonymität sein.

Wie das funktioniert, entnehmen Sie bitte dem folgenden Video:

In der analogen Welt besitzt der Bürger eine in Form eines Schlüssels greifbare Verfügungsgewalt über seine Wohnung. Entsprechend muss er mittels eines in seinem Besitz befindlichen Stücks Hardware über den Zugang zu seiner digitalen Welt mit seinen Daten verfügen können.

Wie das funktioniert, entnehmen Sie bitte dem folgenden Video:

Die meisten Bürger haben ein diffuses Unwohlsein bezüglich der Digitalisierung. Das reicht jedoch nicht aus, um sie dazu zu bewegen, sich um ihre Internetsicherheit zu kümmern, wenn sie dabei auf ihre Bequemlichkeit verzichten müssen. Der Erfolg von Amazon ist neben der schnellen Logistik darauf begründet, dass Daten zum Bezahlen und Informationen zu den gekauften Produkten bereits hinterlegt sind. Der Mehrwert eines europäischen Digitalisierungskonzepts muss also den Mehrwert bisheriger nicht europäischer Player überwiegen.

Einen ersten Ansatz hierzu stelle ich im Video vor:

Dieses Konzept muss von einem politischen Ordnungsrahmen ergänzt, technische Standards über eine Demokratie by Design Gesetzgebung legitimiert werden.

Der Neustart der Wirtschaft nach dem Lockdown bietet den Unternehmen eine einmalige Chance, die vorhandenen Konzepte zu überdenken. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sie sich schnell in einer europäischen Digitalökonomie zusammenschließen. Für viele Unternehmen explodieren die Marketingkosten, die zunehmend im Onlinebereich ausgegeben werden. Nicht europäische Marktzugangsanbieter bieten verschiedene Formen von Anzeigen zu überhöhten Preisen an, da sie ihre Monopolstellung ausnutzen. Wer fast 100 Prozent seiner Kunden über einen einzigen Marktzugangsanbieter erhält, der wird sich nicht trauen, diesen ohne handfeste Argumente durch einen Wechsel zu verärgert.

Durch das oben vorgestellte Bürgerrechts-Konzept ist es möglich, eine eigene Digitalökonomie zu schaffen, die zu den vorhandenen Playern Schnittstellen bietet, gleichzeitig einen direkten Marktzugang zu den Kunden zur Verfügung stellt.

Es bedarf weitere erheblicher Anreize für die Wirtschaft, um diese Digitalökonomie mit Leben zu füllen.

Durch die Pandemie ist für jede Geschäftstätigkeit ein wesentlicher Anreiz das kalkulierbare Risiko geworden. Innerhalb eines europäischen Masterplans muss deshalb so etwas wie eine Solidargemeinschaft eingeführt werden, in der ein Teil der auf den zugehörigen Plattformen generierten Wertschöpfung für weitere mögliche Krisen angespart wird. Sollte zum Beispiel bei einem weiteren Lockdown noch nicht genügend Kapital eingezahlt sein, um die auf Basis der in der Digitalökonomie erzielten Umsätze, Ausfälle zu decken, müsste hierfür eine Haftung der EU hinterlegt werden.

Die Unternehmen können es sich gerade in der Pandemie nicht leisten, ihre Preise zur Refinanzierung eines entsprechenden Solidarbeitrags zu erhöhen. Doch die Teilnahme an dieser europäischen Digitalökonomie ermöglicht eine wesentliche Reduzierung der Marketingkosten, wenn der Anteil an der Wertschöpfung leistungsgerecht verteilt und auf Monopol getriebene Zugangszölle verzichtet wird.

Geht man von der analogen Welt aus, bietet sich auch digital ein regionales Wertschöpfungskonzept an. Wertschöpfung, welche regional erwirtschaftet wird, muss denjenigen Kommunen Einnahmen bringen, in denen die Unternehmen Wertschöpfung generieren. Mit diesem von mir vorgeschlagenen Wertschöpfungskonzept drängt man mittelfristig Player vom europäischen Markt, die sich global so aufstellen, dass sie möglichst überhaupt keine Steuern zahlen müssen.

Im Gegenzug wird von den Kommunen eine Wirtschaftsförderung gegen Provisionsbeteiligung erwartet, die weit über das zur Verfügung stellen preiswerter Gewerbeflächen hinausgehen muss. Über ein digitales Empfehlungssystem zwischen den Kommunen muss es auch kleinen Unternehmen möglich sein, sich schnell mit ihren Ideen mit exponentiellen Wachstum in Europa durchzusetzen. Durch hier eingebaute Mechanismen wird der Wettbewerb gestärkt und die Qualität der Produkte durch ein ständiges Feedback verbessert. Das Wachstum in einem solchen System ist zwar langsamer als das ungeregelte Wachstum der Global Player. Diese jedoch haben damit zu kämpfen, dass dem exponentiellen Wachstum fast gleich große exponentielle Risiken entgegenstehen. Man denke nur an die Fake News, deren effektive Beseitigung im Geschäftsmodell von Facebook nicht vorgesehen ist. Bei Startups, die sich für dieses Digitalökonomiekonzept entscheiden, sollte darüber nachgedacht werden, wie eine rein auf den Verkauf an nicht europäische Player ausgerichtete Exit-Strategie verhindert werden kann.

Diese europäische Digitalökonomie lässt sich weltweit als demokratische Antwort auf die chinesische Seidenstraße ausrollen.

Was dann noch fehlt, ist ein für die europäische Digitalökonomie spezieller Ordnungsrahmen für eine soziale Marktwirtschaft. Neben der Übertragung bewährter Konzepte der Sozialversicherung auf die in den Plattformen Arbeitenden Einzelselbständigen, sind auch neue Instrumente wie ein bedingungsgebundenes Digital-Bürgergeld denkbar.