Die Corona-Krise beschleunigt den Strukturwandel. Es ist zu befürchten, dass vielen Einzelhändlern durch einen Lockdown von wenigen Monaten nun der Todesstoß verpasst wird. Doch hier alleine der Corona-Krise die Schuld zu geben, greift zu kurz.
Ein Blick in das Jahr 1999 zeigt, wie beratungsresistent der deutsche Einzelhandel in den letzten 20 Jahren war, siehe Grateach- Online Magazin Januar 1999. Leere Geschäftslokale werden eine sichtbare Erinnerung an die Corona-Krise bleiben. Erst auf den zweiten Blick sichtbar wird die Situation der Kommunen durch marode Schwimmbäder und Schulen, in die es hineinregnet.
Wer 1999 versuchte, eine Stadt mit ihren Dienstleistungen ins Internet zu bringen, scheiterte schon daran, dass der einzelne Abteilungsleiter einer Behörde nicht für den Bürger verständlich seine Aufgaben benennen konnte. Es war viel bequemer und schneller, irgendwelchen Content auf der Webseite zu veröffentlichen. Die Suchmaschinen sprangen in die Lücke. Sie nutzten die Bequemlichkeit der Einzelhändler wie der Behördenmitarbeiter aus. Es schien so, als ob sie das Kundenbedürfnis befriedigen würden.
Heute werden viele regionale Einzelhändler nur noch gefunden, wenn man explizit nach ihnen sucht. Vielfalt wurde durch gerankte Massenware ersetzt. Die Abstimmung zwischen kommunalen Dienstleistungen und Suchmaschinen immerhin ist inzwischen akzeptabel. Das ist aber dann, wenn es nur einen Anbieter für eine Dienstleistung je Stadt gibt, nicht gerade schwierig. Ökologisch bedenklich ist, wenn eine Sucheingabe nach der lokalen Telefonnummer des Sperrmülls über einen weiten Weg zu einer zentralen Suchmaschine und zurück führt.
Die beiden Beispiele lassen sich im Business to Consumer Bereich auf die meisten Branchen übertragen.
Das alles wäre nicht so schlimm, wenn nicht auch zeitgleich die wesentliche Wertschöpfung der Kommunen, nämlich ihre Steuereinnahmen, betroffen wären. Hätte man frühzeitig auf digitale und regionale Wertschöpfungskonzepte gesetzt, wäre heute die Lage der Kommunen nicht so dramatisch. Der Blick auf Europa zeigt, in anderen Ländern sieht es noch viel schlimmer aus.
Wenn wir also über einen Marshallplan für Europa sprechen, dann müssen wir über ein Wertschöpfungskonzept für die Kommunen sprechen.
In diesem Zusammenhang muss auch Wirtschaftsförderung neu definiert werden. In Deutschland wird in den meisten Städten unter Wirtschaftsförderung das Erschließen und Vermieten von Gewerbeflächen verstanden.
Nur große Städte können sich darüber hinaus eine Wirtschaftsförderungsstrategie leisten, in der man sich auf bestimmte Branchen konzentriert und über Synergieeffekte immer mehr Gleichgesinnte von einer Ansiedlung überzeugt.
Auch solche Konzepte sind eigentlich überholt in einer Zeit, in der immer mehr Menschen im Homeoffice arbeiten und Clustern über digitale Communities stattfindet.
Was bleibt, ist die Marke einer Stadt, der Mehrwert, den ein Bürger in seiner Stadt vorfindet.
Viele Marken-Faktoren -wie ein kulturelles Angebot- sind wiederum von der Wertschöpfung abhängig, die eine Kommune erwirtschaften kann.
Was wir brauchen, ist also ein Konzept, welches über eine intelligente Vernetzung der europäischen Kommunen, jeder Kommune in einem Neustart die gleichen Chancen bietet, sich zusammen mit ihren kreativen Einwohnern und Unternehmen zu behaupten und dafür einen fairen Anteil der regional generierten Wertschöpfung zu erhalten.
Wie so etwas funktionieren kann, behandelt der Social Utopia Talk 10.
Wenn Sie die technischen Hintergründe interessieren, betrachten Sie auch gerne Social Utopia Talk 9.