„Herr Frederichs, sie erwarten also von uns, dass wir in unserem Geschäft Schuhe von 3000 Herstellern anbieten. Wer qualifiziert den meine Verkäuferinnen?“
Ich hatte nicht mit soviel Widerstand gerechnet. „Ihre Verkäuferinnen müssen umlernen. Sie müssen noch kompetenter in Geschmacksfragen werden. Deshalb werden alle unsere Trendscouts in den nächsten Wochen einen Vortrag halten. “
„Meine Verkäuferinnen haben alle eine Ausbildung. Wie stellen Sie sich das vor, Schulung? Wir müssen verkaufen!“
„In der Testphase wird Ihnen nicht nur der Arbeitsausfall der Verkäuferinnen während der Schulungszeit bezahlt. Eventuelle weitere Kosten, bzw. von uns verschuldeten Umsatzrückgang gleichen wir auch aus. “ „Unsere Verkäuferinnen sprechen kein Englisch. “ Da sprach ein Schuhhändler eine Kernherausforderung der Expansion an.
Warum sich FINDERS ausgerechnet für Frankreich als Testland entschieden hatte, war mir ein Rätsel. Alle unsere Mitarbeiter sprachen fließend Englisch. Aber Französisch? Dabei war eine Menge Vorarbeit geleistet worden. Jedes der 3000 Herstellerportale konnte vom User bereits auf französische Sprachversion eingestellt werden.
Nun waren wir also an unserem Winterliegeplatz in Avignon angekommen. Hier sollten wir als eine der umsatzstärksten Kategorienagenturen am ersten Pilotprojekt für die Einführung von Mehrfachpaketen im Ausland als Berater teilnehmen. Natürlich hatten sich alle Kategorienagenturen um diesen Job gerissen. Mein Argument, dass ich mein Büro dann komplett in Avignon hätte, gab schließlich den Ausschlag.
Ein durchschnittlicher französischer Mann gab viel mehr Geld für Schuhe aus, als ein Deutscher. Durch unseren Pariser Trendscout hatten wir uns natürlich vorher intensiv mit den lokalen Gegebenheiten beschäftigt. 500 französische Hersteller waren bisher mit ihren Internetshops in das TFax – Format eingebunden worden, konnten also Bilder über Fax anklickbar machen. Bisher war es nicht gelungen, die französische Regierung für das Projekt zu begeistern. Es ging also um einen rein kommerziellen Test. Avignon war vom FINDERS – Konsortium deshalb ausgewählt worden, weil die statistische Analyse ergab, dass diese Stadt sowohl im Kaufverhalten als auch in der Durchdringung des Internets dem Frankreich – Durchschnitt entsprach. Wie überall auf der Welt hatten sich experimentierfreudige Ausländer bereits ein Achtfachgerät gekauft. Im Ausland war der Kauf von Tickets und der Notruf nicht freigeschaltet. Das Projekt wurde von deutschen Banken gesponsert, die expansiv in Frankreich tätig waren. Franzosen, welche an dem Modellversuch teilnehmen wollten, mussten Kunde einer deutschen Onlinebank werden. Anders als in Deutschland wurde der Briefverkehr in Frankreich nicht abgeschafft. Die Anreize reichten einfach nicht aus, um den Durchbruch zu schaffen.
FINDERS hatte das Ziel definiert, das komplette in Deutschland innerhalb von 7 Jahren durchgesetzte System auf Avignon innerhalb von 6 Monaten zu übertragen.