Missionare – Avignon, Frankreich – November 2006, 11, Teil, Kapitel II

„Herr  Frederichs,  sie  erwarten  also  von  uns,  dass  wir  in  unserem  Geschäft  Schuhe  von  3000  Herstellern  anbieten.   Wer  qualifiziert  den meine  Verkäuferinnen?“ 

Ich  hatte  nicht  mit  soviel  Widerstand  gerechnet.   „Ihre  Verkäuferinnen  müssen  umlernen.   Sie  müssen  noch  kompetenter  in  Geschmacksfragen  werden.   Deshalb  werden alle unsere  Trendscouts  in  den  nächsten  Wochen  einen  Vortrag  halten. “ 

„Meine  Verkäuferinnen  haben  alle  eine  Ausbildung.   Wie  stellen  Sie  sich  das  vor,  Schulung?  Wir  müssen  verkaufen!“ 

„In  der  Testphase  wird  Ihnen  nicht  nur  der  Arbeitsausfall  der  Verkäuferinnen  während  der  Schulungszeit  bezahlt.   Eventuelle  weitere  Kosten,  bzw.   von  uns  verschuldeten  Umsatzrückgang  gleichen  wir auch  aus. “  „Unsere  Verkäuferinnen  sprechen  kein  Englisch. “  Da  sprach  ein  Schuhhändler  eine  Kernherausforderung  der Expansion  an.    

Warum  sich  FINDERS  ausgerechnet  für  Frankreich  als  Testland  entschieden  hatte,  war  mir  ein  Rätsel.   Alle  unsere  Mitarbeiter  sprachen  fließend  Englisch.   Aber  Französisch? Dabei  war  eine  Menge  Vorarbeit  geleistet  worden. Jedes  der  3000  Herstellerportale  konnte  vom  User  bereits  auf  französische  Sprachversion  eingestellt  werden.     

Nun  waren  wir  also  an  unserem  Winterliegeplatz  in  Avignon  angekommen.   Hier  sollten  wir  als  eine  der  umsatzstärksten  Kategorienagenturen  am  ersten  Pilotprojekt  für  die  Einführung  von  Mehrfachpaketen  im Ausland  als Berater  teilnehmen.   Natürlich  hatten  sich  alle  Kategorienagenturen  um  diesen  Job  gerissen.   Mein  Argument,  dass  ich  mein  Büro  dann  komplett  in  Avignon  hätte,  gab  schließlich  den  Ausschlag.    

Ein  durchschnittlicher  französischer  Mann  gab  viel  mehr  Geld  für Schuhe  aus,  als  ein  Deutscher.   Durch  unseren  Pariser  Trendscout  hatten  wir  uns  natürlich  vorher  intensiv  mit  den lokalen  Gegebenheiten  beschäftigt.   500  französische  Hersteller  waren  bisher  mit  ihren  Internetshops  in  das  TFax  – Format  eingebunden  worden,  konnten  also  Bilder  über  Fax  anklickbar  machen.   Bisher  war  es  nicht  gelungen,  die französische  Regierung  für das Projekt  zu begeistern.   Es  ging  also  um  einen  rein  kommerziellen  Test.   Avignon  war  vom  FINDERS – Konsortium  deshalb  ausgewählt  worden,  weil  die  statistische  Analyse  ergab,  dass  diese  Stadt  sowohl  im  Kaufverhalten  als  auch  in  der  Durchdringung  des  Internets  dem  Frankreich – Durchschnitt  entsprach. Wie  überall  auf  der  Welt  hatten  sich  experimentierfreudige  Ausländer  bereits  ein  Achtfachgerät  gekauft.   Im  Ausland  war  der  Kauf  von  Tickets  und  der  Notruf  nicht  freigeschaltet.   Das  Projekt  wurde  von  deutschen  Banken  gesponsert,  die  expansiv  in  Frankreich  tätig  waren.   Franzosen,  welche  an  dem  Modellversuch  teilnehmen  wollten,  mussten  Kunde  einer  deutschen  Onlinebank  werden.   Anders  als in  Deutschland  wurde  der Briefverkehr  in  Frankreich  nicht  abgeschafft.   Die  Anreize  reichten  einfach  nicht  aus,  um  den  Durchbruch  zu schaffen.

FINDERS  hatte  das  Ziel  definiert,  das  komplette  in  Deutschland  innerhalb  von 7  Jahren  durchgesetzte  System  auf  Avignon  innerhalb  von  6  Monaten  zu übertragen.  

 

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