Der Konferenzraum des Hotels war für den Beamer abgedunkelt.
Ganz hinten saß eine Gruppe von Leuten, die gerade dadurch, dass die einzelnen Gesichter nicht zu erkennen waren, eine ungeheure Macht ausstrahlten.
Vor der Gruppe waren zwei Sitzreihen leer geblieben. Keiner hatte sich getraut, sich in ihre Nähe zu setzen.
Von den 8 Gruppenmitgliedern waren zwei unter einer weißen Kopfbedeckung versteckt. Die Scheichs wirkten so, als ob sie ihr Tuch benutzen wollten, um sich in der bereits großen Dunkelheit gänzlich unsichtbar zu machen.
Ein muskulöser grauhaariger Mann, dessen Alter man genauso wenig schätzen konnte wie seine Nationalität, löste sich aus der Gruppe heraus und unterbrach abrupt den Vortrag.
„Bitte keine weiteren technischen Details, kommen wir zum Wesentlichen!“
Frankowitz machte keinen Hehl daraus, was er davon hielt, wenn man seinen Vortrag unterbrach. „Mit welcher Berechtigung unterbrechen Sie mich?“
Nur einer konnte seinen Vortrag abbrechen, sein Chef Larry Page – und der saß direkt in der ersten Reihe.
„Ich vertrete die Mehrheit der Aktionäre von Google, das sollte als Berechtigung reichen. Übrigens mein Name tut hier nichts zur Sache.“
Frankowitz wandte sich hilfesuchend an Larry.
Larry saß lange da, ohne eine Reaktion zu zeigen. Es wurde absolut still im Raum.
Langsam stand Larry auf: „Erst einmal möchte ich mich bei allen bedanken, die mitgeholfen haben, uns zu dem zu machen, was wir heute sind. Das, was ich jetzt sage, fällt mir wirklich nicht leicht.
Wir hatten in den letzen Jahren viel Glück. Wir konnten Vieles ausprobieren und haben trotzdem viel Geld verdient. Nun sind in Deutschland die Umsätze stark eingebrochen, in Frankreich ist auch keine Umsatzsteigerung zu erwarten.
Wenn es nur noch um shareholder value und effektiveres Arbeiten geht, nun alle, die mich kennen wissen, so kann ich nicht arbeiten. Man soll dann abtreten, wenn man nicht mehr der Richtige ist.“
Nach einer Pause sagte Larry dann noch: „Sergey sieht das übrigens genauso.“
Eine Weile blieb Larry noch stehen, dann zuckte er die Schulter und setzte sich wieder hin.
Frankowitz stellte keine weiteren Fragen mehr. Alle anderen waren vor Schreck erstarrt.
Der Grauhaarige – so wurde er in Zukunft von allen genannt, da er es auch später nicht für nötig hielt, sich vorzustellen – ergriff wieder das Wort: „Nun, nachdem die neuen Spielregeln geklärt sind, John was haben wir?“
John stand auf. Alle kannten den intelligenten Neuling. Es war zu allen freundlich, stets hilfsbereit. Für voll genommen hatte ihn jedoch niemand.
„Also John ist der neue Vorstandsassistent. Er soll die Innovationsabteilungen koordinieren.“ Zu John gewandt: „John, was haben wir?“
„Nach unseren Analysen wird durch FINDERS unser Wachstum in Zukunft schwieriger werden. Bali bringt die Entscheidung. Deutschland will als Teil seines Umweltpakets in Afrika eine Großoffensive mit den Finder-Technologien und der Regionallogistik starten. Wenn die das schaffen, wird sich kein entwickeltes Land die Blöße geben wollen, schlechter als Afrika dazustehen.“ Die noch immer äußerst freundliche Stimme hatte erheblich an Schärfe gewonnen.
„Was schlagen Sie vor?“
„FINDERS hat in der regionalen Präsenz einen erheblichen Zeitvorsprung. Unsere Stärke liegt darin, dass wir weltweit in allen englischsprachigen Ländern dominieren.
Google hatte es noch nie nötig, andere Konzepte zu kopieren und sollte es auch in Zukunft nicht tun. Wir sollten uns auf unsere Stärken besinnen.“
Der Grauhaarige nickte. Sicherlich hörte er diesen Vortrag von John nicht das erste Mal. „Weiter!“
„Wir sollten die Wertschöpfungskette reduzieren. Wir haben alle Informationen, um den Zwischenhandel auszuschalten. Produzieren in Asien, verkaufen über uns, mehr hat keinen Platz. Bei der von uns erreichten Masse kommt kein anderer an unsere Einkaufsrabatte heran. Wenn wir erst einmal 80 % des Handelsvolumens abwickeln, haben wir nicht nur die besten Preise, sondern auch die höchste Marge.“
„Noch Fragen?“
Alle Anwesenden hielten es für überflüssig, hierauf zu antworten.
„Wir sehen uns für den Detailplan in 14 Tagen wieder.“