Der integrierte Einsiedler – Eldenburg bei Waren – Februar 2004, 2. Teil, Kapitel II

Sicherlich  hatte  ein  kalter  Februar  am  Müritzsee  seinen  Charme.   Das  klare  helle  Licht  fiel  durch  die kahlen  Bäume  auf  das alleinstehende  kleine  Häuschen.   Auf  Stelzen  gebaut  ragte  es  mit  einer  großen  Terrasse  in  den  See  hinaus.   Rechts  schloss  sich  ein  kleiner  Bootsschuppen  an.   Bis  vor  10  Jahren  hatte  hier  eine  Holzjolle  mit  kleiner  Kajüte  ihre  Heimat.

Als  er  75  wurde,  hatte  Talik  aus  Vernunftsgründen  die  Jolle  gegen  ein  stabiles  kleines  Angelboot  mit  Außenborder  getauscht. Vernunftsgründe  bestimmten  ab  einem  gewissen  Alter  fast  alle Entscheidungen,  obwohl  man eigentlich  denken  sollte,  dass  die  fehlende  Verantwortung  für  andere  einen  von  Verantwortung  befreite.   Aber  kümmerte  man sich  nur  um  sich  selbst,  so  füllte  dies  das ganze  Maß  an  Kraft  aus,  welche  man noch  aufzubringen  in  der  Lage  war.   Nicht,  dass  Talik  sich  beklagen  wollte.   Bis  auf  das  leichte  Hinken  des  rechten  Beines  –  mit  50  war  ihm  beim  Farbwechsel  eine  Walze  auf  den  Fuß  gefallen  –  war  er  körperlich  fit.   Dies  verdankte  er seiner  Morgengymnastik  genauso  wie  der  Lebensweise  eines  Einsiedlers,  in  der  es  auch  heute  noch  auf  seine  Fähigkeit  für  sich  zu  sorgen  ankam.   Auch  wenn  er  nach  einem  Leben  angefüllt  vom  lauten  Saugen  der Papiereinfuhr,  vom  Dröhnen  der  Elektromotoren  und  dem  lauten  Klacken,  wenn  Druckzylinder  und  Gegendruckzylinder  das  Papier  von  den  Saugnäpfen  in  ihren  Passer  übernahmen  die Ruhe  seines  Hauses  schätzte,  so betrachtete  er doch  jeden  Menschen  weniger  in  seiner  Umgebung  als  herben  Schicksalsschlag,  der  in  seinem  Alter  durch  niemand  mehr  ausgefüllt  werden  konnte.   Sommer  2003  war  seine  Tochter  Isabella  –  30  Jahre  alt  –  nach  New  York  gezogen,  um  hier  Trendscout  für  den  Kategorienmanager  „Schuhe“  zu  werden.   Immerhin  hatte  er  bis  ins  hohe  Alter  eine  Tochter,  die mindestens  einmal  im Monat  –  im Sommer  meist  mit  einer  vergnügten  Gruppe  von  Freunden  –  seine  Frau  und  ihn  überfiel  und  die  Abwechslung  zu  Rostock  genoss.

Talik  war  sich  sicher,  Isabella  hätte  den Job  in  New  York  nicht  angenommen,  wenn  sie  gewusst  hätte,  dass  Barbara,  ihre  Mutter  und  seine  geliebte  Frau  3  Monate  später  sterben  würde.  

Nur  mit  Mühe  konnte  Talik  sie  davon  abhalten,  ihren  Job  hinzuschmeißen  und  zu  ihm  zu  kommen.   Talik  hätte  nie  gedacht,  wie  wichtig  einmal  ein  Fax  mit  Achtcard  für  sein  Leben  sein  würde.   2002  hatte  er  dem  modernen  Schnick  Schnack  nicht  getraut.   Briefe  abschaffen  und  alles  per  Fax,  was  sollte  das  bringen.   Nicht  einmal  einen  Briefträger  würde man noch  zu  Gesicht  bekommen.   Auch  war  seine  Makulopathie  inzwischen  soweit  fortgeschritten,  dass  Talik  nur  noch  20  Punkt  Schrift  lesen  konnte  und  das  auch  nur  unter  dem  Lesegerät.   2002  hatte  er  sich  für  das  1  Euro  teure  Pflichtmodell  entschieden,  ein  Schwarz –  Weiß  – Fax  mit  normal  großer  10er  Wähltastatur.   Nur  der  Breitcardleseschlitz  wies  auf  die  Achtcard  Kompatibilität  hin.   Talik  las  nie  die Bedienungsanleitung,  sondern  steckte  einmal  am  Tag  etwa  um  die  Zeit,  zu  der  früher  der  Briefträger  gekommen  war,  seine  Achtcard  in  das  Fax  und  das  Fax  begann  zu  drucken  oder auch  nicht.

Manchmal  druckte  es  nur  einmal  in  der Woche  ein  R – Fax  aus.   Sein  Fax  war  standardmäßig  so eingestellt,  dass  es  nur  auf  R – Faxe  reagierte.   Um  normale  Faxe  zu  erhalten,  hätte  er  die  Einstellung  ändern  müssen.   Aber  er  wollte  keine  Werbung.   Dies  war  eindeutig  ein  Vorteil.   Niemand  traute  sich,  ihm  unbestellte  Werbungen  über  R – Fax  zu  schicken.   

Ein  R – Fax  setzte  voraus,  dass  der Sender  sich  selbst  über  den  Schlüsselchip  auf  seiner  Karte  identifizierte.   Jeder  Rechtsanwalt  konnte  rechtssicher  eine  Abmahnung  mit  Kostennote  an  einen  entsprechenden  Spammer  schicken.   Zusätzlich  wurde  der  Versender  in  eine  Spammnegativliste  eingetragen.   Unbestellte  Werbung  über  R – Fax,  das war  wirtschaftlicher  Selbstmord.   Niemand  machte  das.

Zum  Weihnachtsfest  2003  war  Isabella  aus  New  York  herüber  geflogen  und  hatte  sich  in  Rostock  extra  einen  Kombi  gemietet,  um  den  großen  Karton  zu  transportieren.

Talik  hatte  sich  riesig  gefreut,  dass  Isabella  kam  und  sogar  einen  Christbaum  aufgetrieben,  selbst  geschmückt  und  vom  3  Sterne  Koch  aus  Waren  ein  Weihnachtsessen  kommen  lassen. Als  Isabella  den Karton  auspackte,  war  Talik  erst  enttäuscht.   Isabella  hatte  ihm  eines  des  ersten  Senioren  gerechten  Achtcardfaxe  mitgebracht.   Sie  hatte  sich  bei  ihrem  Chef  Frederichs  mächtig  ins  Zeug  gelegt,  dass  der  seine  guten  Konnektions  zum  FINDERS – Konsortium  nutzte,  um  das  Gerät  an  der  bis  Auslieferungsbeginn  zum  Weihnachtsgeschäft  schon  langen  Warteliste  vorbei  zubekommen.   

Es  wäre  falsch,  Talik  als  technikfeindlich  zu  bezeichnen,  er  war  immer  stolz  darauf,  mit  den  Jungen  mithalten  zu  können.   Den  ständigen  Neuerungen  der Digitalisierung  stand  er  jedoch  kritisch  gegenüber.   Er  hatte  beim  letzten  Wechsel  seines  Handys  schmerzhaft  feststellen  müssen,  wie  lange  er  brauchte,  um  mit  den noch  kleineren  Tasten  des  neuen  Handys  zurechtzukommen.   Die  Bedienungsanleitung  hätte  er  sicher  früher  gelesen.   Aber  mit  noch  5%  Sehkraft.  Auf  einem  Lesegerät  100  Seiten  zu  lesen,  das  kam  für ihn  einer  Lebensaufgabe  gleich.   Und  jetzt  kam  ausgerechnet  seine  Tochter  mit  einem  so  neumodischen  Schnick Schnack.   Aus  dem Beruf  als Drucker  war  er  mit  60  ausgeschieden.   Die  Entwicklung  vom  Buchdruck  um  Offsetdruck  hatte  er  problemlos  bewältigt.   Schließlich  hatte  schon  der  alte  Heidelberger  Tiegel  mit  Saug – und  Blasluft  gearbeitet.   Mit  der  sich  rasant  verändernden  Druckvorlagenherstellung  hatte  er  nichts  zu  tun.   Aber  das  permanente  Schleppen  der Papierstapel,  das  hatte  ihn  fertig  gemacht.   In  seiner  Freizeit  hatte  er  sich  sogar  hingesetzt,  um  ein  einfaches  Gerät  zu  entwerfen,  wodurch  50%  der  körperlichen  Arbeit  weggefallen  wäre.   Das  einseitig  bedruckte  Papier  musste  nach  jedem  Druck  manuell  gewendet  werden  und  erneut  in  die  Maschine  eingestapelt  werden.   Der  von  ihm  entwickelte  Stapelwender  war  ein  Sackkarren  ähnliches  Gerät,  mit  welchem  man das  Papier  aus  der  Druckmaschine  herausfahren,  wenden  und  an  der  anderen  Seite  wieder  hereinfahren  konnte  -ohne  körperliche  Anstrengung.     

Er  erhielt  sogar  ein  Gebrauchsmuster  und  sprach  mit  einem  Fabrikanten  von  Gabelstaplern.   „Wie  oft  haben  Sie  das  Gerät  schon  verkauft“  fragte  der  routinierte  Kaufmann.

 „Aber  ich  brauche  doch  erst  einmal  einen  Prototyp.   Sehen  Sie  hier,  es  ist  alles  genau  aufgezeichnet  und  errechnet“.

„Kommen  Sie  wieder,  wenn  Sie  Kunden  haben.   Bei  einer  entsprechenden  Stückzahl  ist  die  Produktion  kein  Problem. “

Isabella  war  nicht  beleidigt,  als Talik  „Neumodischer  Schnickschnack“  vor  sich  hinmurmelte.   Sie  kannte  ihren  Vater  gut.   Sie  redete  nicht  mehr  über  das  Achtcardfax  und  sie  genossen  beide  einen  langen  Abend  in  dem Talik  nicht  genug  davon  bekam,  Einzelheiten  aus  ihrem  neuen  Leben  in  New  York  zu  erfahren.   Über  Taliks  Leben  gab  es  nicht  viel  Neues  zu  berichten.   Talik  hatte  eine  Hilfe,  die  zweimal  in  der  Woche  saubermachte.   Isabella  hatte  am  Mittag  darauf  bestanden,  die  Dinge  zu  tun,  welche  eine  Hilfe  nun  mal  nicht  machte,  Spinnweben  unterm  Bett  entfernen,  Taliks  Kleidung  auf  Flecken  und  Löcher  zu  untersuchen,  etc. .   Dabei  hatte  sie  festgestellt,  dass  seine  Schuhe  alle  kaputt  waren.   Am  Abend  saßen  sie  gemütlich  bei  Kerzenlicht  zusammensaßen  und  beobachteten  die  grünen  und  roten  Positionslichter,  der  auf  dem  dunklen  Wasser  vorbeiziehenden  Sportboote.

„Paps,  hast  Du  Dir  mal  Deine  Schuhe  angesehen?“

„Was  ist  damit?  Ich  habe  vor  kurzem  noch  nachgesehen.   Die  haben  keine  Löcher. “ 

„Weißt  Du  noch,  wie  Du  an  meiner  Schülerzeitung  rumgemeckert  hast,  schlechter  Druck,  nicht  in  der  Mitte  geheftet  und  so“

„Ja  Isabella,  ich  wusste  gar  nicht,  dass  Du  mir  das übel  genommen  hast.   Du  weißt  doch,  ich  habe  meinen  Beruf  sehr  ernst  genommen.   Ich  wollte  Dir  doch  nur  was  beibringen. “

 „Ja  schau,  jetzt  nehme  ich  meinen  Beruf  genauso  ernst.   Ich  bin  dafür  zuständig,  in  den  USA  neuste  Trend  von  Schuhmoden  herauszufinden  und  besonders  kleine  innovative  Hersteller  für  das  FINDERS  -Netzwerk  zu  gewinnen.   Was  meinst  Du,  wenn  ich  mal  mit  Freunden  komme  und  Du  hast  nur  diese  alten  Treter.   Dann  halten  mich  doch  alle  für  eine  Stieftochter. “

„Stieftochter,  so,  so,  das  gibt´s  jetzt  auch  schon,“  Talik  lachte,  Isabella  hatte  gewonnen.

Nachts  schlich  sich  Isabella  heimlich  aus  dem  Bett  und  tauschte  das  alte  Fax  geben  das neue  Achtcardfax  aus.   Das  Fax  selbst  war  wenig  auffällig,  aber  er  konnte  auch  farbige  Faxe  empfangen  und  hatte  einen  unsichtbaren  Rechner  mit  einer  OCR  Software  für  den  T- Fax  Standard  integriert.   Isabella  musste  nur  den 22’’  Flachbildmonitor  auf  das  Gerät  aufstecken  und  das Achtcardfax  an  Strom  und  Telefonleitung  anschließen.

Dann  ging  sie wieder  ins  Bett.  

Nach  der  langen  Nacht  frühstückten  sie  spät.   Talik  holte  seine  Achtcard  aus  seinem  Geldbeutel  „ich  muss  gerade  mal  sehen,  ob  Post  gekommen  ist“  und  ging  ins  Nebenzimmer.   „Neumodischer  Schnickschnack“  maulte  er  leise  und  erschreckte  sich,  alser Isabella  hinter sich  bemerkte.   „Na  da  hast  du mir  ja  was  Schönes  geschenkt,  das  war  doch  bestimmt  auch  noch  fürchterlich  teuer.   Du  solltest  Dein  Geld  zusammenhalten  Kind. “  

Er  fand  den  Schlitz  für  die  Achtcard  und  steckte  die  Karte  mit  der  Seite,  auf  der  das  kleine  Schlüsselsymbol  abgedruckt  war  in  den  Schlitz.   Die  richtige  Seite  zu  finden,  war  für  ihn  kein  Problem,  da  außer  dem kleinen  Schlüsselsymbol  in  Brailleschrift  eine  Markierung  für Blinde  auf  die  Karte  aufgebracht  war. Zwei  R  – Faxe  kamen  wie  gewohnt  aus  dem  Schlitz.   Der  22’’  Bildschirm  war  dabei  hell  geworden  und  zeigte  über  den  gesamten  Bildschirm  10  beschriftete  Buttons  und  eine  Tastatur.   Die  Beschriftung  war  so  groß,  dass  Talik  sie  problemlos  lesen  konnte.   Nachdem  die  beiden  R – Faxe  ausgedruckt  waren,  gab  das  Fax  einen  Talik  unbekannten  Ton  von  sich.   Anstelle  weiterer  Ausdrucke  erschienen  auf  dem Monitor  6  Bilder  von  Schuhen  so  groß,  dass  er  ein  Paar  Schuhe  erkennen  konnte,  die bequem  zu sein  schienen .

Schick  interessierte  ihn  nicht.   Schließlich  lief  er  die  meiste  Zeit  mit  einem  alten  Druckerkittel  herum.   Dazu  passten  nur  bequeme  Schuhe.

Talik  zeigte  auf  diese  Schuhe  und  berührte  aus  versehen  den  Monitor.   Sofort  begann  das  Fax  eine  Telefonnummer  zu  wählen.   Wenig  später  hielt  Talik  einen  Ausdruck  in  Händen  mit  einem  großen  Farbbild  der  ausgewählten  Schuhe,  einer  ausführlichen  Beschreibung  und  einem  bezahlbaren  Preis.   Darunter  stand  der  Satz:    

Sehr geehrter Herr Talik, wir würden uns freuen, Sie als Kunden gewinnen zu können. Die Schuhe sind in ihrer Größe 43 innerhalb von 7 Werktagen an Ihre Adresse lieferbar.  

 

Der  Bildschirm  zeigte  jetzt  3  Buttons  an:  Zurück,  Weitere,  Bestellen.   Talik  war  baff.   Natürlich  wusste  er,  was  ein  Touchscreen  ist,  aber  dass  das  so  einfach  geht  und  er mit  seiner  Makulopathie  das  noch  selbst  machen  konnte.   „Toll“.   Isabella  grinste.   „Möchtest  du  die  haben?“.   Talik  nickte.   „Na  dann  bestell  sie“.

Nun  wollte  Talik  sich  aber  nicht  mehr  blamieren.   Er  drückte  auf  den  Button  bestellen.   Die  allgemeinen  Geschäftsbedingungen  wurden  ausgedruckt.   Immerhin  war  die  Schriftgröße  so,  dass  er,  wenn  er  wollte  diese  mit  seinem  Lesegerät  nach  einigen  Stunden  gelesen  hätte.   Auf  dem  Bildschirm  erschien  nun,  bitte  stecken  Sie  Ihre  Geldkarte  ein.   Talik  nahm  die  Achtcard  aus  dem  Schlitz  und  drehte  sie  so,  dass  das  Geldsymbol  zum  Schlitz  zeigte.   Prompt  wurde  die  Rechnung  mit  der  Zahlungsbestätigung  ausgedruckt.

Talik  war  nicht  dumm,  er wusste,  wenn das so einfach  war,  musste  hier  eine  ungeheure  Entwicklung  dahinter  stecken. Die  ersten  Offsetdruckmaschinen  zogen  oft  zwei  Blätter  auf  einmal  ein.   Er  freute  sich  immer,  wie  er  jüngere  Kollegen  überraschen  konnte,  wenn  er  plötzlich  losrannte  und  die Schnelloffsetmaschine  stoppte.   Einige  Sekunden  später  und  er hätte  die Maschine  waschen  müssen,  weil  das  zweite  Blatt  sich  in  den  Walzen  aufgelöst  hätte.   Später  gab  es dann  die Doppelblattkontrolle  und  der  Einzug  von  zwei  Blättern  auf  einmal  wurde  immer  seltener.   Die  Jungen  nahmen   es  als  selbstverständlich  hin,  dass  alles  lief,  er  wusste  wie  viel  Arbeit  in  einer  einfachen  Anwendung  steckte.   Und  richtig,  er  waren  erhebliche  Widerstände  zu  überwinden  gewesen,  bis  das  FINDERS – Konsortium  diese  Technologie  auf  den  Markt  bringen  konnte.   Hätte  manmich,  Frederichs  als  Kategorienmanager  gefragt,  so  hätte  ich  geantwortet:  “Also  ich  bin  wirklich  kein  Technikspezialist,  das  besondere  an  dem  R – Fax  ist,  dass  es  Internet  und  ISDN  oder DSL  nur  nutzt,  wenn  der  Empfänger  mit  einem  Computer  arbeitet.   Sonst  reicht  ein  Achtcard  fähiges  Fax  und  eine  Telefonleitung,  um  zu  den  analogen  Faxtönen  zusätzliche  Signale  zu  übertragen. “  Zum  TFax  – Standard  hatte  es  zum  Oktoberfest  in  München  ein  feuchtfröhliches  Treffen  vieler  Kategorienmanager  gegeben.   Deshalb  hätte  ich  hierzu  auch  Auskunft  geben  können:  „Der  TFax – Standard  wurde  speziell  für Achtcardgeräte  entwickelt.   Die  Faxe  werden  vor  dem  Ausdruck  in  einem  digitalen  Speicher  abgelegt.   Im  eingescannten  Fax  werden  bis  zu  6  Telefonnummern  mit  dazugehörigen  Bildern  erkannt  und  einzeln  abgespeichert.   Die  Bilder  werden  auf  dem  Touchscreen  angezeigt  und  über  die  hinterlegten  Telefonnummern  beim  Anklicken  weitere  Informationen  abgerufen“. Damit  war  allerdings  noch  nicht  erklärt,  wieso  auf  dem  R – Fax  direkt  Schuhe  und  dann  auch  noch  in  der  Schuhgröße  von  Talik  angezeigt  wurden.  

Isabella  hatte  heimlich  nachts  noch  ihren  Freund  Levis  in  New  York  angerufen.   Obwohl  es  in  den  USA  noch  keine  Achtcardgeräte  zu  kaufen  gab,  hatte  Isabella  mit  dem Benutzernamen  und  Passwort  ihres  Vaters  über  das Internet  unter  www. finders. de  ein  grundsätzliches  Profil  mit  Angaben  über  Alter,  Sehkraft,  etc.   einrichten  können.   Diese  Daten  wurden  auf  einem  Shoppingserver  abgespeichert.   Ihr  Freund  hinterlegte  in  der  Kategorie  Schuhe  „Größe  43,  bequeme  Winterschuhe“.   Dann  suchte  er mit  dem Passwort  von  Talik  Schuhe.   Die  Ergebnisse  schickte  er  über  sein  Achtcardmultifunktionsgerät  als  R – Fax  zu  Talik.   Das  Weichnachtsfest  ging  viel  zu  schnell  vorbei.   Am  zweiten  Weihnachtsfeiertag  saßen  beide  wehmütig  beieinander.   Isabella  würde nach  dem  Frühstück  aufbrechen.   Am  Abend  ging  ihr  Flieger  zurück  nach  New  York.   „Paps,  noch  was. “  „Salamitaktik,  was  den  noch?“   „Ich  mach  mir  Sorgen,  dass  du in  deinem  Alter  hier  ganz  alleine  sitzt  und  was  passiert. “  Willst  du,  dass  ich  ins  Altersheim  gehe?“ 

„Quatsch,  aber  bitte  stecke  die Achtcard  nicht  mehr  in  deinen  Geldbeutel,  sondern  lass  sie  mit  dem  Arztzeichen  im  Fax,  wenn  du  zuhause  bist.     

„Was  soll  das  bringen?“  „Seit  diesem  Jahr  ist  der  Gesundheitsserver  eingerichtet.   Deinen  Krankenkartenchip  benutzt  Du  ja  jetzt  schon  beim  Arzt  und  im  Krankenhaus.   Das  neue  Fax  ist  mit  WLAN,  also  mit  einem  Funksender  ausgestattet.   Dafür  gibt  es  noch  die  neue  Uhr. “ 

Damit  nahm  sie  ein  weiteres  Geschenk  aus  ihrer  Reisetasche.   Sie  hatte  es  Talik  am  Heiligabend  nicht  gegeben,  weil  das nun  wirklich  zu  viel  auf  einmal  gewesen  wäre.   „Hm,  eine  Uhr,  meine  alte  geht  noch.   Die  habe  ich  weggelegt,  weil  ich  das  Ziffernblatt  nicht  mehr  erkennen  kann. “ 

 „Eine  Uhr  ist  es  auch,  aber  vor  allem  ist  es  ein  Pulsmesser.   Wenn  dein  Puls  aussetzt,  wird  automatisch  ein  Fax  mit  Deinen  Krankendaten  ans  Krankenhaus  geschickt,  dafür  muss  immer,  wenn Du  nicht  gerade  was  anderes  am  Fax  machst,  die  Seite  mit  dem  Arztsymbol  eingesteckt  sein. “      

  • Die Patentanmeldung zum Steuergerät für Ein- und Ausgabesysteme finden Sie in  http://www.dpma.de unter der Anmeldenummer DE 100 10 504 A1.

Die Einwandererin – Dhunikolhu, Malediven – Oktober 2003, 1.Teil, Kapitel II

Shaona  Magu  besuchte  zum  letzten  Mal  ihre  Eltern  in  Dhunikolhu,  bevor  sie  die  elfstündige  Reise  nach  Deutschland  antrat.   Sie  konnte  schon  verstehen,  warum  so viele  Deutsche  hier  Urlaub  machten.   Die  5  Sterne  Urlaubsinsel  verfügte  über  alles,  was  Zivilisation  brauchte. Sie  war  im Verhältnis  zu anderen  Einheimischen  in  luxuriösen  Verhältnissen  aufgewachsen.   Da  beide  Eltern  im  Service  der  Luxusferieninsel  arbeiteten,  stand  ihnen  für  die  vierköpfige  Familie  ein  großes  Apartment  mit  Kochecke  und  ein  Bad  mit  fließend  warmem  Wasser  zur  Verfügung.   Die  Menschen  lebten  dicht  neben  einander  auf  völlig  unterschiedlicher  technischer  Entwicklungsstufe.

Die  Magus  hatten  das  Tor  zur  Welt.   So  nannten  sie  das  Fernsehen.   Wie oft  hatte  Shaona  als  Kind  in  den  Zeiten,  in  denen  ihre  Eltern  arbeiten  mussten,  die  geheimnisvolle  fremde  Welt  gesehen.   Über  Satellit  bekamen  sie auch  deutsches  Fernsehen.   Hier  lernte  sie  ihre  ersten  deutschen  Worte.

Oft  fuhr  sie  mit  ihren Eltern auf dem Boot  nur  zwei  Inseln  weiter  zu  den  Großeltern.   Die  meisten  auf  der  Insel  ernährten  sich  wie  vor  hundert  Jahren  vom  Fischfang.   Eine  zusätzliche  Einnahmequelle  hatten  sie  durch  die  Herstellung  von  Muschelschmuck  und  einfachen  Tonarbeiten.

Die  Regierung  in  Male  war  weit  weg.   Fast  alles  regelte  man auf  der  Insel  mit  100  Einwohnern  selbst.   Jeder  kannte  jeden.   Man  schlief  in  einfachen  Hütten.   Die  Großeltern  galten  als wohlhabend,  weil  sie  einen  Raum  aus  Steinen  hatten  und  zwei  Hühner.   Er  gab  auf  der  ganzen  Insel  weder  Radio  noch  Fernsehen,  noch  eine  Zeitung.

Nur  einmal,  als Großvater  sehr  krank  war,  da  hatte  ihn  ein  Schnellboot  nach  Male  ins  Krankenhaus  gebracht.   Viele  Monate  danach  war  er  äußerst  verwirrt  gewesen.   50  Jahre  hatte  er  die  Insel  nicht  verlassen.   Was  er  in  Male  sah,  verstand  er  nicht.   Nicht  verarbeitete  Bilder  schwirrten  ihm  immer  wieder  im Kopf  herum  und  ließen  ihn  gar  den täglichen  Fischfang  vergessen.  

Die  Deutschen,  mit  denen  Shaona  sich  so  oft  wie  möglich  unterhielt,  um  ihre  Deutschkenntnisse  zu  verbessern,  konnten  gar  nicht  versehen,  wieso  sie  so  gespannt  auf  schlechtes  Wetter,  Schnee  und  Eis  war.   In  New  Dheli  hatte  sie  den  Batchalor  in  economics  mit  einer  durchschnittlichen  Note  abgeschlossen.   Nie  hätte  sie  sich  träumen  lassen,  aus  Deutschland  eine  Greencard  zuerhalten.   Seit  2002  gab  es  in  Deutschland  fast  Vollbeschäftigung.   Aus  Deutschland  waren  extra  Jobwerber  angereist,  um  jeden,  der  Deutsch  konnte  und  Akademiker  war,  anzuwerben.   Nun  hatte  Magu  ausgerechnet  dadurch  einen  Vorteil,  dass  sie  am  entlegensten  Fleckchen  der  Welt  mitten  unter  Deutschen  groß  geworden  war.   In  Deutschland  sollte  sie  in  der  englischen  Semantikredaktion  des  FINDERS  Konsortiums  arbeiten.   Man  erklärte  ihre  Arbeit  so:  „Sie  werden die  Sprache  so  zerlegen,  wie  sie  Fisch  zerlegen.   Die  Gräten  in  die  eine  Tonne  und  die  guten  Fischstücke  in  eine  andere“.

Richtig  verstanden  hatte  sie  es  nicht.   Aber  das  Gehalt  war  traumhaft,  richtig,  als  wäre  sie  eine  echte  Deutsche.   Nur  ein  Bruchteil  davon  würde reichen,  dass  ihre  Eltern  auf  Dhunikolhu  wie  Könige  leben  würden.   Für  ihre  Studiengebühren  hatten  Mutter  und  Vater  schwer  arbeiten  müssen.   Über  eins  war  sich  Shaona  jedoch  sicher.   Sie  würde in  ihrem  ganzen  Leben  nicht  mehr  so  viele  Fische  sehen,  wie  in  ihrer  Jugend.  

Die  Korallenriffe  würde sie  vermissen.      

Kapitel II – Nutznießer

 
 Suchmaschinenergebnisse zu „Nutznießer“, gefunden Januar 2008     
Nun hat die Versteckfunktion in Sony BMGs Kopierschutz-Rootkit erste Nutznießer gefunden: World-of-Warcraft-Schummler verstecken laut Securityfocus ihre Cheat-Programme durch einfaches voranstellen von $sys$ vor den Dateinamen.
Die Entwicklungsländer im Globalisierungsprozess – Opfer oder Nutznießer?,
 Studie im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung, Sankt Augustin.
 
Parasitismus (Schmarotzertum) im engeren Sinne bezeichnet den Nahrungserwerb aus einem anderen Organismus, wobei dieser auch als Wirt bezeichnete Organismus geschädigt aber meist nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt getötet wird. (Text wurde in Wikipedia zum Keyword Nutznießer hinterlegt)
 
Kati Witt, die einstige DDR-Eisprinzessin, zog diese Woche ihre Klage gegen die von der Birthler-Behörde geplante Veröffentlichung von Teilen ihrer Stasi-Akten zurück. Sie liegen WELT am SONNTAG jetzt exklusiv vor.
(Text wurde von Welt am Sonntag zum Keyword Nutznießer hinterlegt)
 
Die Nummer zwei von Al-Kaida soll das Attentat auf Benazir Bhutto geplant haben. Aber der Kreis der potenziellen Nutznießer des Mordes in Pakistan selbst ist weit größer.
 
Dt. Börse Nutznießer eines Crashes? Dt.Börse steigt und steigt. Sollte in Erwartung etwas schlechterer Zeiten diese Aktie nicht auch mal einige Federn lassen.
 
Nutznießer: Infanterietrupp, Raketentrupp, Ingenieur, Grenadier, Scharfschützen-Team, Kommando, Zone Trooper, Pitbull, MBT, Predator-Panzer
 
Nutznießer im Reich der Mitte
Frankreichs Präsident Sarkozy will von den Spannungen zwischen China und Deutschland profitieren
 
Nutznießer Wortklasse: Maskulinum
Erklärung: Nutzungsberechtigter. vgl. Nießbraucher, Nießer.
 

Stress – Friedrichshafen Technologiezentrum – 10.00 Uhr, am nächsten Morgen, 10.Teil, Kapitel I

Im  Veranstaltungsraum  des  Technologiezentrums  hatte  um  9. 00  Uhr  eine  Informationsveranstaltung  für  interessierte  Firmen,  welche  sich  ansiedeln  sollten,  begonnen.   Der  Wirschaftsförderer  schaute  entgeistert,  als immer  mehr  nicht  angemeldete  Gesichter  den  für  max.   50  Personen  ausgelegten  Raum  stürmten  – alle  halbwegs  kreativen  Köpfe,  welche  Kaminski  telefonisch  mobilisieren  konnte. Kaminski  kam  selbst  erst,  als der Raum  hoffnungslos  überfüllt  war.   „Alle,  die  ich  nicht  eingeladen  habe  bitte  raus,  dies  ist  eine  Sache  der  nationalen  Sicherheit. “

Der  Wirtschaftsförderer  kannte  die  Gerüchte,  dass  Kaminski  neuerdings  Beziehungen  bis  ganz  nach  oben  hatte  und  begann  sich  ausführlich  bei  den  Gästen  zu entschuldigen,  während  er  gleichzeitig  alle  alternativ  zur  Verfügung  stehenden  Räume  im  Kopf  durchging.   „Jetzt“  Kaminskis  Tonfall  war  an  Schärfe  nicht  mehr  zu  überbieten.   Mit  einem  letzten  Rest  Würde  drehte  sich der  Wirtschaftsförderer   zu  den  Interessenten  um:  „Raum  104,  folgen  Sie  mir  bitte. “  

Kaminski,  sparte  sich  jede  Begrüßung.   „Wir  wurden  vom  Bundeskanzler  persönlich  zum  Think  Tank  in  Sachen  Mannesmann  berufen,  Ihre  Chance  oder Ihr  Untergang. “ So  viel  hatte  Kaminski  nie  geredet  und  wie  erwartet  sorgte  er für das größt  mögliche  Chaos.   Nach  vier  Stunden  gingen  sie  auseinander,  ohne  auch  nur  eine  einzige  verwertbare  Idee.

Mannesmann,  das  hatte  was  mit  Informatik  zu  tun.   Also  rief  Kaminski  alle Informatik – Professoren  von  Rang  an  und  bat  sie um  Hilfe.   Er  war  klug  genug nicht  zu erwähnen,  von wem  er die Anweisung  hatte.   Bei  keinem  hatte  er  das  Gefühl  in  der  Kürze  der  Zeit  etwas   erwarten  zu können.   Meist  wurde  ihm  erwidert,  er  solle  eine  Projektskizze  zuschicken,  man würde sehen,  was  sich  machen  ließe.  

Nichts,  gar  nichts  und  zwei  Tage  waren  schon  vorbei.   Aus  lauter  Verzweiflung  wählte  er  die  Nummer  von  Prof.   Zahlenwerk  in  Gelsenkirchen.  Dieser  arrogante  Fatzke  hatte  ihm  jedes  Mal,  wenn sie sich  begegneten,  deutlich  gezeigt,  was  er  von  dem  nicht  studierten  Kaminski  hielt.  

„Prof.   Zahlenwerk,  Lehrstuhl  für  Informatik,  wer  stört?“ 

„Kaminski,  es geht  um  eine  Sache  höchster  Dringlichkeit:  Ein  mir  anvertrauter  Telekomprovider  soll  vor  einer  Übernahme  geschützt  werden.   Nun  suchen  wir  eine  technologische  Idee,  die  diesen  für  deutsche  Anleger  unersetzlich  macht. “

 „So,  so,  Kaminski.   Man  erzählt  sich,  Sie  fühlen  sich  zu  Höherem  berufen“.   Zahlenwerk  war  doch  nicht  verkalkt.   Es  konnte  sich  nur  um  Mannesmann  handeln.   So  wie  dieser entscheidungsscheue  Kaminski  sich  ins  Zeug  legte,  konnte  es  sich  nur  eine  Anweisung  von  ganz  oben  handeln.   Dies  war  eine  einmalige  Chance,  gleich  zwei  Gegner  aus  dem  Weg  zu  räumen.   Diesen  Emporkömmling,  der  den  Platz  einnahm,  der  ja  wohl  nur  ihm  zustand.   Er  hatte  schließlich  maßgeblich  an  den Grundlagen  der  Retrivel  – Systeme  mitgearbeitet  und  wenn  man es  genau  nahm,  war  er  der  Urvater  von Semantic  Web.   Fast  noch  mehr  als  Kaminski  ärgerte  ihn  dieser  Deutschlehrer,  der  sich  Professor  für Linguistik  nannte  und  es  tatsächlich  gewagt  hatte,  ihm  einen  Etat  von  zwei  Millionen  streitig  zu machen.   Nicht  etwa  mit  solider  Grundlagenforschung,  nein,  mit  linguistischem  Firlefanz,  der  noch  nicht  mal  auf  Liebetreus  Mist  gewachsen  war.    

Diesem  Liebetreu  hatte  er  schon  eine  Laus  in  den  Pelz  gesetzt.   Einem  Studenten  hatte  er  die  leichte  Promotion  versprochen,  wenn  dieser  sich  im  Lehrstuhl  für  Linguistik  einschrieb  und  den anderen  Studenten  deutlich  machte,  dass  hier  Gelder  falsch  eingesetzt  wurden.   Falsch  eingesetzt,  was  sagte  er  da.   Für  einen  solchen  Quatsch  konnte  sich  Liebetreu  seine  zwei  Millionen  Subventionen  nur  ergaunert  haben. Zu  Kaminski  sagte  Zahlenwerk  zuvorkommend:  „Hört  sich  ja  wirklich  verzweifelt  an.   Wie  es  aussieht,  kann  ich  helfen.   Ich  habe  letztes  Jahr  auf  meine  Fördergelder  verzichtet,  um  einem  sehr  motivierten  Kollegen  aus  der  Linguistik  weiterzuhelfen.   Soll  ich  ihn  direkt  anrufen?“ 

Bei  soviel  Entgegenkommen  wäre  Kaminski  normalerweise  misstrauisch  geworden,  aber  wo  es  keine  Wahl  gab,  da  dachte  Kaminski  nie  unnötig  nach.   „Nein  ich  nehme  den nächsten  Flieger.   Heute  Mittag  bin  ich  da. “  Das  musste  ja  wirklich  dringend  für  Kaminskis  Kariere  sein.   Zahlenwerk  griff  direkt  zum  Hörer.  

„Hallo  Liebetreu  lassen  sie uns  Frieden  schließen.   Ich  bin  ein  guter  Verlierer.  Ich  habe  hier  Herrn  Kaminski,  ja  den aus  Friedrichshafen.   Wie  es aussieht  hat  der  ein  sehr  interessantes  Angebot  für  sie.   Ja,  er  kommt  heute  Mittag  gegen  15. 00  Uhr“.

Kaminski  war  auf  die Minute  pünktlich. Liebetreu  entsprach  in  keiner  Weise  dem  arroganten  Zahlenwerk.   Er  war  einfühlsam,  hektisch  und  schusselig,  alles  auf  einmal.  

 „Ja  guten  Tag  Herr  Kaminski.   Sie  interessieren  sich  für  die  digitale  Monemanalyse?  Das  was  wir  hier  machen,  ist  wirklich  äußerst  interessant“.   Obwohl  er  die  50  schon  seit  einiger  Zeit  überschritten  haben  musste,  strahlte  er die Begeisterung  eines  jungen  Mannes  aus.   „Ehrlich  gesagt,  ich  verstehe  mich  hier  nur  als Coach  für  das  Projekt.   Die  eigentliche  Arbeit  machen  die  Studenten  und  die  Ideen  liefert  unser  Christian  Wolff.   Was  für ein  Glück,  dass  wir den haben. “

 „Kann  ich  Herrn Wolff mal  kennen  lernen?“ 

 „Kein  Problem,  kommen  Sie  mit.   „Herr  Wolff , darf  ich  ihnen  Herrn  Kaminski  vorstellen,  den  aus  Friedrichshafen. “

Kaminski  drehte  Liebetreu  den Rücken  zu und  wendete  sich  an  Wolff.   Er  brauchte  Fakten  und  keinen  Smalltalk.

„Herr  Wolff,  stellen  sie  sich  vor,  ich  sollte  einen  Telekomprovider  vor  der  feindlichen  Übernahme  retten  und  ich  hätte  hierzu  die  politischen  Möglichkeiten. “ 

„Guten  Tag  Herr  Kaminski,  ich  bin  äußerst  erfreut,  sie  persönlich  kennen  zu  lernen. “  Wolff  gab  sich  alle Mühe,  den  Berliner  Dialekt  zu  unterdrücken.   Hier  war  ein  wichtiger  Mann,  dem  er  unbedingt  zu  Diensten  sein  wollte.   „Man  hört  ja  von Friedrichshafen  nur  Gutes.   Ja  ich  bin  kein  Politiker,  aber  wenn  ich  richtig  verstehe,  geht  es darum,  dass  die involvierten  Politiker  wiedergewählt  werden  wollen. “ 

Kaminski  schaltete  innerlich  schon  ab,  hier  vergeudete  er  nur  seine  Zeit.   Jetzt  redete  er  schon  mit  Assistenten.   Nur  mit  halbem  Ohr  hörte  er noch  hin.  

„Was  man bräuchte,  wäre  eine  Killerapplikation,  welche  von  diesem  Provider  entwickelt  würde und  für  Deutschland  unersetzlich  wäre. “  

 „Ja  genau  das. “  Jetzt  war  Kaminski  auf  einmall  hell  wach.  

„Nun,  einfach  ist  das  nicht,  aber  ich  habe  hier  gerade  verschiedene  Patente  recherchiert  und  Applikationen  aufgelistet,  welche  in  Kombination  mit  der  digitalen  Monemanalyse  wesentliche  Vorteile  für  den  Telekommunikationsmarkt  bieten  würden. “ 

Kaminski  diskutierte  mit  Christian  Wolff  eine  ganze  Nacht  und  er begann  die  Welt  in  einer  sprachlichen  Ordnungsstruktur  zu  sehen.   Wolff  überzeugte  ihn.   Wenn  man nur  einmal  für alle Bereiche des Lebens eine  Ordnung  einführte,  konnten  die  digitalen  Prozesse  für  alle  Beteiligten  wesentlich  vereinfacht  werden.   Was  ihn  störte  war  der  sperrige  Name  „Digitale  Monemanalyse“.   Das  konnte  man nicht  verkaufen.   Bevor  er  ging,  hatte  er  sich  mit  Wolff  auf  Finder  – Technologie  geeinigt. 

Auf  dem  Rückflug  überlegte  Kaminski  verzweifelt,  wie  er  aus  dem  eindeutig  umfangreichstem  Konzept,  welches man in  so  kurzer  Zeit  finden  konnte,  einen  Rettungsplan  schmieden  sollte.   Man  müsste  die  Firmenkunden  von  Mannesmann  gewinnen.  Geht  nicht,  viel  zu langwierig.   Man  könnte  eine  eigene  Portaloberfläche  für  Mannesmannkunden  basierend  auf  der  Finder  –Technologie  entwickeln.   Schon  besser,  aber  der  Bundeskanzler  wollte  ja  gerade  das  Image  loswerden,  sich  in  die Privatwirtschaft  zu  sehr  einzumischen.   Die  Behörden,  das  war  es.   Hier  war  ohne  Frage  das  größte  Rationalisierungspotenzial  und  die  größte  Unordnung.   Er  war  als  Provider  in  den  einen  oder anderen  Lenkungsausschuss  eingeladen  worden.   Selbst  wenn  sich  kleine  Städte  zu  einem  Landkreis  zusammenschlossen,  gab  es  nicht  enden  wollende  Diskussionen , ob  das Amt  nun  „Amt  für Müllentsorgung“  oder „Amt  für Abfallangelegenheiten“  heißen  sollte.   Nicht  einmal  die Anzahl  oder Grundaufgaben  der  einzelnen  Ämter  innerhalb  der  einzelnen  Städte  waren  gleich.   Für  die große  anstehende  Strukturreform,  da  bedurfte  es  eines  roten  Fadens,  der  durch  alle  Bereiche  der  Behörden  führen  sollte.   Hatten  es  die  Behörden  erst  einmal  vorgemacht,  würde die  Privatwirtschaft  von  alleine  nachziehen,  schon  um  mit  der  öffentlichen  Hand,  welche  ja  immerhin  40%  aller  Binnenmarktaufträge  im  IT  – Bereich  vergab,  kompatibel  zu  bleiben.   Das  war  mehr  als  ein  Mannesmannrettungsplan,  dass  war  ein  5  Jahresplan  für  ganz  Deutschland.  

Innerhalb  von  nur  12  Stunden  wurde  im  Kanzleramt  eine  neue  Sondersitzung  angesetzt.

Der  Kanzler  ging  kein  Risiko  ein.   Er  überzeugte  den  Mannesmann – Vorstand,  dieses  Konzept  als Mannesmann – Vision  zu veröffentlichen.   Nachdem  eine  Kurzumfrage  unter  der  Bevölkerung  keine  wesentlichen  Widerstände  identifizierte,  ging  alles  schnell.   Die  Lobbyisten  hatten  – wie  beabsichtigt – keine  Zeit  gehabt,  sich  eine  eigene  Meinung  zu bilden. Da  laut  ebenfalls  schnell  erstelltem  Gutachten  nur  Mannesmann  die  technischen  Voraussetzungen  für  ein  solch  komplexes  Projekt  hatte,  gab  der  Bundeskanzler  Mannesmann  ein  Pilotprojekt  ohne  weitere  Ausschreibung  in  Auftrag.   Gleichzeitig  kaufte  der  Bund  Aktien  und  übertrug  das  Konzept  des  VW – Gesetzes  auf  Mannesmann.   Mannesmann  wurde  später  der zweit  größte  Partner  im  FINDERS  – Konsortium.   Esser  brach  die Verhandlungen  mit  Vodafone  ab.   Die  Aktienpreise  von  Mannesmann  explodierten  nach  der  ersten  Pressemeldung  aus  dem  Kanzleramt,  dass  die  Agenda  2005  auf  das  finder – Konzept  abgestimmt  würde.   Vodafone  hatte  keine  ausreichende  eigene  Kapitalisierung,  um  den  Aktionären  ein  akzeptables  Angebot  zu  machen.   Die  feindliche  Übernahme  hatte  sich  erledigt,  ohne  dass  auch  nur  ein  Cent  öffentlicher  Mittel  geflossen  waren.  

Die Wende – Bundeskanzleramt Berlin – Dezember 1999, 9.Teil, Kapitel I

Kanzler  M  wirkte  nervös.  

Damals  wurde  er noch  mit  seinem  bürgerlichen  Namen  angesprochen.   Später  undenkbar.   M  stand  in  gleicher  Weise  für  Medienpräsenz  wie  Medienkompetenz.   Als  ein  Journalist  im  Spaß  diesen  Namen  einführte,  fand  der  Bundeskanzler  den  Namen  ausgezeichnet.   Später  sorgte  sein  Pressesprecher  dafür,  dass  alle  nur  noch  von  Kanzler  M  sprachen.   Kaminski  war  neu  in  der Runde.   Warum  hatte  man ihn  nur  zu  dieser  höchst  vertraulichen  Sitzung  hinzugebeten?  Was  erwartete  Kanzler  M  ausgerechnet  von  ihm?  Bloß  nicht  auffallen,  sicher  sollte  nur  ein  möglichst  umfangreiches  Beratergremium  dabei  sein.   Verantwortung  lies  sich  so trefflich  verteilen.   Schließlich  waren  im nachhinein  einzelne  Entscheidungen  nicht  mehr  eindeutig  auf  einzelne  Personen  zurückzuführen. Einmal,  nur  einmal  hatte  Kaminski  eine  Meinung  vertreten.   Es  hatte  ihn  fast  seinen  Hals  gekostet,  wäre  da  nicht  Christian  Wolff  gewesen. 

 Auf  der  Cebit  1999  war  er  wie  alle  Geschäftsführer  der  Ausstellerfirmen  von  der  Messegesellschaft  zum  Galadinner  mit  Bundeskanzler  eingeladen  worden.   Als  „Kreativer  Manager  der  Jahres“  wurde  ihm  die  besondere  Ehre  zuteil,  mit  12  weiteren  Gästen  am  Tisch  des  Bundeskanzlers  zu  sitzen.   Damals  hatte  er  es  genossen,  mitten  unter  den  mächtigsten  Wirtschaftskapitänen  zu  sitzen,  umringt  von  Bodyguards  selbst  wohl jetzt wichtig. Als  er einen  Sekt  mehr  als  sonst  getrunken  hatte,  war  er  in  einer  unglaublichen  Hochstimmung.   Da  sprach  Kanzler  M  ihn  an:  „  Herr  Kaminski,  wir brauchen  mehr  kreative  Leute  wie  sie  in  Deutschland.   Uns  geht  es gut.   Meinen  Sie  in  einer  Krise  sollte  ich  Sie  zu  einem  meiner  Berater  machen?“   „Herr  Kanzler,  ich  baue  gerade  in  Friedrichshafen  ein  Technologiecluster  mit  den  besten  Leuten  weltweit  auf.   Wir  bekommen  alles  hin,  was  man mit  Informationstechnologie  hinbekommen  kann. “   

Mitten  in  der  Nacht  schreckte  Kaminski  aus  einem  unruhigen  Traum  hoch.   Er  hatte  eine  Meinung  vertreten.   Er  hatte  seine  Prinzipien  gebrochen  und  mindestens  25  Worte  zuviel  gesagt.   Nicht  etwa  in  seinem  Stammcafe  in  Friedrichshafen,  nein  als von Bodyguards  umringter  Mann,  dessen  Aussage  Konsequenzen  haben  kann,  gegenüber  dem  Bundeskanzler,  der  selbst  permanent  Entscheidungen  mit  ungeheurer  Reichweite  treffen  musste. Er  war  ruiniert.   Da  kam  er nie  mehr  raus.   „Kaminski,“  sagte  er laut  zu sich  selbst,  „erst  einmal  einen  Schritt  nach  dem anderen.   Du  hast  Nachdurst.   Der  nächste  Schritt,  das ist  Wasser  aus  dem  Kühlschrank  holen  und  dann  sehen  wir  weiter“.   Wenn  Kaminski  sich  selbst  mit  Nachnamen  ansprach,  dann  war  es  wirklich  schlimm.

Nun  also  forderte  Kanzlei  M  seine  Zusage  ein.

 „Herr  Kaminski,  gibt  es eine  Möglichkeit,  die  Übernahme  zu verhindern,  ohne  dass  ich  wie  gerade  erst  bei  Phillip  Holzmann  wieder  wegen  der Einmischung  der  Politik  in  die  Marktwirtschaft  in  die  Schlagzeilen  komme?“     

„Herr  Bundeskanzler,  ich  lasse  mir  etwas  einfallen“.

„Gut,  Sie  haben  eine  Woche.   Damit  ist  die Sitzung  wohl  beendet. “ 

Das  konnte  er  doch  nicht  machen.   Seine  Staatssekretäre,  die  Wirtschaftsbosse,  all  die  wichtigen  Menschen  in  der  Runde  freuten  sich,  dass  einer  die  Verantwortung  übernahm,  dass  einer  Lösungen  bot.   Er,  Kaminski  war  nun  wirklich  zu  einem  sehr  wichtigen  Mann  geworden  – für  eine  Woche.   Der  anschließende  Fall  würde sehr  tief  sein,  denn  in  Wirklichkeit  hatte  Kaminski  nichts  anzubieten,  hatte  keinen  Plan  und  konnte  nur  hoffen,  dass  das Glück,  welches  ihn  bis  hier  hingebracht  hatte,  ihn  nicht  gerade  jetzt  verließ.  

Der Zusammenbruch – Gelsenkirchen, Linguistisches Institut – Juli 2000, 8.Teil, Kapitel I

Es  war  alles  innerhalb  von  wenigen  Tagen  gegangen  und  jetzt  saß  Liebetreu  vor  dem  Scherbenhaufen.   Das  ganze  letzte  Jahr  hatte  ihn  das  U – Boot  nur  noch  genervt,  immer  haarscharf  davor,  Liebetreu  einen  Grund  zu  liefern,  ihn  aus  dem  Seminar  zu  werfen.   Liebetreu  brachte  seinen  Namen  nicht  mehr  über  die Lippen,  für  ihn  war  er  nur  noch  U1.   Ein  zweites  U – Boot  hätte  er  auch  nicht  überlebt.  

Liebetreu  hatte  dieser  grenzenlosen  Bosheit  nichts  entgegenzusetzen.   U1  war  unverschämt,  unfähig  und  eingebildet  zu  gleich.   Es  war  offensichtlich,  dass  er  kein  Interesse  an  der Linguistik  hatte  und  schon  gar  nicht  an  der  digitalen  Monemanalyse.

Sein  Interesse  galt  ausschließlich  dem Aufruhr.   Er  wusste  es  geschickt  anzustellen,  den  Neid  der Studenten  zu  schüren.   Mal  war  es ein  neues  Auto,  welches  Liebetreu  angeblich  hatte,  mal  waren  es die Milliarden,  welche  er  angeblich  bereits  mit  der  Monemanalyse  verdient  hatte.   Wieder  ein  anderes  Mal  waren  es die Studenten,  welche  durch  sinnlose  Sklavenarbeit  für  den  Professor  ausgebeutet  wurden.   Die  Ironie  der Geschichte:  wer  bei  Liebetreu  studiert  hatte,  der  –  so  stellte  sich  später  heraus  –  hatte  einen  Topjob  im  FINDERS  Konsortium  sicher.  

Als  dann  auch  noch  Christian  Wolff  von Kaminski  mit  einem  unerhörten  Gehalt  abgeworben  wurde,  da  brach  innerhalb  von  nur  4  Tagen  alles  zusammen.   Einige  Studenten  gingen  angeführt  und  aufgestachelt  von  U1  zur  Staatsanwaltschaft  und  zeigten  an,  dass  Liebetreu  ihnen  einen  Informatik  adäquaten  Abschluss  versprochen  hatte  und  nun  die  gesamte  linguistische  Datenbank  verschwunden  sei  und  sie  mit  ihrem  bisherigen  Studium  in  Zukunft  nichts  anfangen  könnten.  

Auch  war  ihnen  von  U1  genau  eingetrichtert  worden,  welche  Argumente  bei  der  Staatsanwaltschaft  greifen  würden.   So  war  das  abgebrochenen  Jurastudium  doch  noch  für  etwas  nutze.   U1  hatte  die  Prüfungen  nach  dem  zweimaligen  Wiederholen  nicht  erneut  ablegen  dürfen  und  wurde  zwangsexmatrikuliert.   Jetzt  würde er  bald  promovierter  Informatiker  sein.    

Bewegte Zeiten – zwischen Friedrichshafen und Berlin – Dezember 2002, 7.Teil, Kapitel I

Kaminski  saß  mal  wieder  in  dem kleinen  Privatjet  zwischen  Friedrichshafen  und  Berlin.   Er  musste  unbedingt  durchrechnen  lassen,  ob  sich  nicht  langsam  eine  eigene  Maschine  für  das  FINDERS  Konsortium  rechnete.   Aber  für  solche  Kleinigkeiten  hatte  niemand  wirklich  Zeit.   Sicher  konnte  mannoch  einen  Controller  einstellen,  doch  wer  kontrollierte  den? Kurz  dachte  er  an  die  vergangenen  3  Jahre.    

Erst  1999  war  die  FINDERS  GmbH  gegründet  worden.   Ziel  war  es,  ein  Technologiecluster  aufzubauen,  um  innovative  Firmen  nach  Friedrichshafen  zu holen,  2000  schaffte  man dann  die  Verhinderung  der  Übernahme  von Mannesmann  durch  Vodafone  und  den Aufbau  des  FINDERS  Konsortiums.   Seit  dem 11.   September  2001  war  er  wohl  zum  wichtigsten  Wirtschaftsführer  Deutschlands  aufgestiegen.   Sicher,  eines  der  größten  Probleme  war  es gewesen,  den  bürokratischen  Sturköpfen  die  WIN – WIN  Situation  beizubringen.   Er  hatte  sich  ein  Team  von  50  Volkswirten,  Mathematikern  und  Beratern  eingekauft,  die  Unmengen  von  Papier  produzierten,  um  jeder  der  parlamentarischen  Anfragen  gerecht  zu werden,  jedem  Lobyisten  seinen  Vorteil  darzustellen.   Trotzdem  ging  alles  rasend  schnell.   Nie  zuvor  war  eine  solch  gewaltige  strukturelle  Änderung  so  schnell  eingeführt  worden.   Und  so  sah  das Ergebnis  aus.   Das  Postmonopol  für  Briefsendungen  lief  bis  Ende  2003  aus.   Die  Post  selbst  bot  nur  noch  in  Spezialbereichen  Briefe  an,  z. B.   für  die  schnelle  Zustellung  von  Großformaten  wie  Bauplänen  wurde  ein  spezieller  Service  eingerichtet.   

Die  Post  hielt  mit  50%  den  größten  Anteil  am  FINDERS  Konsortium.   Achtfachcardgeräte  erhielten  vom  Konsortium  eine  Subvention  von 8  Mrd.   Euro.   Das  FINDER  Konsortium  refinanzierte  sich  einerseits  durch  eine  Lizenzgebühr,  welche  bei  dem regionalen  Händler  abhängig  von  der  Qualität  der Produktergebnisse  eingenommen  wurde.   Dieses  Verfahren  erwies  sich  als  wesentlich  fairer  als  das  pay  per  click  Modell  der Suchmaschinen,  da  nur  für  den  User  sinnvolle  Ergebnisse,  nicht  jedoch  unsinnige  Klicks  auf  Zwischenergebnisse  von  den  Produktanbietern  bezahlt  werden  mussten.   Experten  hatten  errechnet,  dass  allein  dadurch,  dass  Unternehmen  nicht  mehr  Faxe,  Briefe  und  E – Mails  gleichzeitig  bearbeiten  mussten,  eine  jährliche  Ersparnis  von  20  Mrd.   EUR  erreicht  werden konnten.     

Da  das  Briefporto  wegfiel,  konnte  weiterhin  für  jedes  R – Fax  eine  Sendegebühr  von  0,50  Cent  erhoben  werden. Jeder  Deutsche  über  14  Jahre  wurde  verpflichtet,  sich  sein  eigenes  Achtcardgerät  zu  kaufen.   Das  Volksfaxgerät  –  wie  es  später  genannt  wurde  –  gab  es  schon  für  1,  Euro  bei  jedem  Telefonladen.   Wer  sich  keinen  Telefonanschluss  leisten  konnte,  bekam  die Grundgebühr  erlassen,  um  R – Faxe  erhalten  zu  können.   Schnell  stürzten  sich  die  Gerätehersteller  auf  den  neuen  Markt.   Es  gab  Handys  mit  Achtcard,  die  über  Funk  auf  Faxen  ausdrucken  konnten  und  vieles  mehr.   Der  Personalabbau  gestaltete  sich  wesentlich  undramatischer  als  erwartet.   Die  Post  erhielt  die  Aufgabe,  die  Semantikredaktion  aufzubauen  und  die  Kategorienagenturen  zu  überwachen.   Sowohl  im  Dienstleistungsbereich,  als  auch  im  Handelsbereich  wurde  die  komplette  Digitalisierung  der  Kommunikation  zum  Jobmotor.   Durch  die  Ausschöpfung  der  ungeheuren  Rationalisierungspotenziale  wurden  Produkte  und  Dienstleistungen  in  Deutschland  günstig  und  international  wettbewerbsfähig.   Sicherlich,  viele  Postbeamten  machten  keine  Karriere.   Doch  es  entstanden  auch  viele  einfache  Jobs  im  Dienstleistungsbereich. Die  Behördenabläufe  wurden  wesentlich  beschleunigt  und  vereinfacht.     

Morgen  hatte  Kaminski  erneut  eine  Mammutaufgabe  zu  bewältigen.   Es  ging  darum,  die gesamte  Paketlogistik  in  Deutschland  umzustellen.   Man  hatte  auf  seiner  Anwesenheit  bei  einer  Anhörung  im  Bundestag  zum  Thema:  „Einführung  der  Mehrfachpakete  in  der Regionallogistik“  bestanden.   Für  Kaminski  war  diese  Pflichtübung  eindeutig  verlorene  Zeit.   Aber  es  war  wichtig,  den privaten  Logistikfirmen  zu  zeigen,  dass  alle  vom  neuen  Mehrfachpaket  profitieren  würden. 

Während  Kaminski  seinen  Gedanken  nachhing,  gab  er  in  seinen  Laptop  nach  und  nach  Namen  der Gesprächspartner  ein.   Prompt  erschien  der  R – Fax  Verkehr  der  letzten  Tage  für  die  jeweilige  Person  auf  dem  Bildschirm.   Nicht,  dass  Kaminski  wirklich  am  Inhalt  interessiert  war.   Es  war  eine  der  wenigen  Spielereien,  die  er  benutzte,  um  sich  selbst  seine  Macht  zu demonstrieren.   Morgen  im Gespräch  würde er  wieder  sachlicher  unparteiischer  Moderator  sein,  stets  um  Kompromisse  bemüht.   Gebraucht  hatte  er  eine  solche  Information  noch  nie.   Vielleicht  hatte  er  im  einen  oder anderen  Interview  zu intensiv  betont,  dass  das  Achtcardverfahren  sicher  sei,  da  nicht  die  personenbezogenen  Daten  auf  dem  Chip  gespeichert  waren.   Jedenfalls  seit  dem  das  Gerücht  umging,  er  hätte  die  Möglichkeit,  diese  Daten  einzusehen,  gab  es  keinen  ernsthaften  Gegner  mehr  in  seinen  Verhandlungen.   Manchmal  spielte  er  gelangweilt  an  seinem  Laptop  herum,  zufällig  immer  dann,  wenn  eine  Diskussion  festgefahren  war.    

Kaminski  verlor  sich  wieder  in  seinen  Erinnerungen. Zuletzt  hatten  sogar  die  Datenschützer  das System  vorangetrieben.   Anders  als  im  normalen  Internet,  musste  sich  jeder  Sender  eines  R  – Faxes  durch  Einlegen  der  Schlüsselseite  des  Achtfachchips  selbst  identifizieren.   Die  acht  Chips  verbanden  sich  jeweils  mit  einem  anderen  Rechenzentrum.     

Es  gab  ein  Rechenzentrum  für  die  Authentifizierung,  4  Rechenzentren  für  das  Bezahlen  abhängig  von  der  Bankverbindung  des  Users,  ein  Rechenzentrum  für  persönliche  Shoppingprofile,  ein  Rechenzentrum  für  die  Erstellung  von  Tickets  und  ein  Rechenzentrum  für  Krankheitsbilder  und  Notrufe  . Jede  Chipcard  erzeugte  einen  eindeutigen  Tagesstempel  anhand  dessen  der  nötige  Abgleich  zwischen  den  Servern  möglich  war,  z. B.   beim  Bestellen  und  Bezahlen  die  Zuordnung  zur  gleichen  Transaktion.   Der  11.   September  war  für  das  FINDERS  Konsortium  ein  Glücksfall  gewesen  so  zynisch  das  auch  klingen  mag.   In  den  USA  reagierte  man derart  panisch,  dass  in  Deutschland  die Datenschützer  Oberhand  bekamen.   Eine  neue  Gesetzesvorlage  wurde  verabschiedet,  dass  bei  begründetem  Terrorverdacht  lediglich  die  E  – Mails  auf  Rechnern  von  Tatverdächtigen  untersucht  werden  durften,  nicht  jedoch  die  sonstigen  Daten.   Nur  200  Personen  in  Deutschland  hatten  eine  sogenannte  Superusercard,  mit  der  zu  einer  einzelnen  Achtcard  Transaktion  auch  die  zugehörigen  Daten  von  den  anderen  Rechenzentren  über  ein  spezielles  Trustzentrum  abgerufen  werden  konnten.   Da  die  einzelnen  Chips  der  Achtcard  jeden  Tag  die  Identitätsnummer  mit  einem  anderen  Schüssel  versahen,  war  der  Aufwand  für die Fälschung  einer  Achtcard  extrem  hoch  geworden.    

Kaminski  war  einer  der  Berechtigten.   Neben  seinem  Schlüsselchip  wurden  bei  ihm  auch  zahlreiche  biometrische  Daten  abgefragt,  bevor  sein  Laptop  startete.   Sobald  sich  der  Laptop  außerhalb  des  Bluetooth  Radius  seines  als  Uhr  getarnten  Pulsmessers  befand,  wurde  automatisch  eine  neue  Eingabe  der  biometrischen  Daten  zur  Reaktivierung  erforderlich.  

Das  Flugzeug  setzte  zur  Landung  an.   Es  war  23. 00  Uhr.   Bis  er  in  Kreuzberg  war,  würde  eine  weitere  Stunde  vergehen.   Er  hatte  sich  leger  angezogen.   Er  genoss  es,  wenn  die  jungen  Dinger  in  den  bevorzugten  Singlebars  noch  immer  auf  ihn  standen.   Sich  Informationen  über  die  eine  oder andere  zu  verschaffen,  war  ihm  noch  nie  in  den  Sinn  gekommen.   Vielleicht  war  das  der  Grund,  warum  er  sich  nie  den  Namen  eines  Onenightstands  merken  konnte.  

Und  mehr  wurde  es nie.  

   

Am Ende und am Anfang – Pagera, Mallorca – März 2003, 6.Teil, Kapitel I

Professor  Liebetreu  saß  auf  der  Terrasse  seines  kleinen  Häuschens.   Endlich  Ruhe,  nichts  und  niemanden  mehr  sehen.   Nichts  mehr  denken  und  vor  allem  nicht  mehr  erinnern  –  für  die  Pension.

Letzte  Woche  noch,  da  saß  Liebetreu  im  Landgericht  einer  deutschen  Kreisstadt.   Den  Namen  durfte  er nicht  einmal  denken. Es  war  haarscharf  gewesen,  dann  hätte  er  seine  Pension  verloren.   Wofür? 

Es  war  genauso  dumm  wie  gutmütig  gewesen.   Er  hatte  wirklich  geglaubt,  dass  es  so  etwas  wie  Fairness  im  Geschäftsleben  gibt.   1998  hatte  er  Christian  Wolff  nach  einer  linguistischen  Vorlesung  kennen  gelernt.   Wolff  war  ihm  zunächst  wegen  seiner  äußerst  unterwürfigen  Haltung  unsympathisch  gewesen.

 „  Herr  Professor  Liebetreu,  also  entschuldigen  sie,  also  ich  möchte  wirklich  nicht  stören. “

„Ja,  nun. “ 

„Ich  habe  mich  mit  einer  Sache  beschäftigt,  die mich  nicht  in  Ruhe  lässt.   Sie  haben  doch  in  ihrer  Vorlesung  von  Morphemen  gesprochen.   Meinen  Sie,  dass  man die  kleinste  mögliche  Sinneinheit  auf  den  Computer  übertragen  könnte?“  

Liebetreu  hatte  täglich  mit  dem Computer  zu  tun,  aber  warum  gerade  die Morphemmethode  dem  Computer  weiterhelfen  sollte,  konnte  er  sich  beim  besten  Willen  nicht  vorstellen.   Andererseits  hatte  er  lange  ein  spannenderes  Betätigungsfeld  als  die  Linguistik  gesucht.   Auch  war  das der Bereich,  der  von  der  öffentlichen  Hand  extrem  forciert  wurde.   Wer  den Schlüssel  zur  Wissensgesellschaft  findet,  na,  dem  gehört  die Zukunft. „Herr  Wolff,  kommen  Sie  doch  morgen  nach  der Vorlesung  um  14. 00  Uhr  vorbei.   Da  habe  ich  Zeit. “ 

Es  begann  schon  wieder  hell  zu  werden,  als  sie  auseinander  gingen.  

 „Herr  Wolff,  das müssen  sie sich  patentieren  lassen,  soll  ich  mit  einem  guten  Anwalt  einen  Termin  machen?“ 

„Herr  Professor,  das wäre  wirklich  ausgesprochen  zuvorkommend  von  Ihnen.   Wenn  das  möglich  wäre,  das  wäre  wirklich  phantastisch. “

Der  Patentanwalt,  der  im  Wesentlichen  für  ein  großes  Telekommunikationsunternehmen  arbeitete,  war  beeindruckt.   Nachdem  er  telefonisch  von Liebetreu  erfahren  hatte,  worum  es ging,  hatte  er  den  Termin  kurzerhand  dazwischen  geschoben. „So  was  kommt  mir  nur  selten  auf  den  Tisch.

“ Meist  geht  es nur  um  eine  kleine  Neuerung  an  einer  bestehenden  Technologie.   Wenn  wir  den  Verfahrenskern  herausarbeiten  können,  müsste  das  patentierbar  sein. “  

Nur  wenige  Wochen  später  bekam  Liebetreu  einen  Termin  im  Landesbildungsministerium.   1999  mitten  im  Internet  Hype  hatten  die  meisten  Ministerien  schon  das  ein  oder andere  Vorzeigeprojekt.   Diesen  Trend  hatte  man im  Bildungsministerium  bisher  verschlafen.   Die  im  Wirtschaftsministerium  würden  Augen  machen,  wenn  man hier  ein  Technologiecluster  bauen  könnte  und  das  gesamte  Internet  zukünftig  steuern  würde.   „Das  fördern  wir  alles.   Stellen  Sie  den  Antrag. “

Den  hatte  Liebetreu  gestellt  und  prompt  2  Millionen  Euro  bekommen.   Und  nun,  nun  war  er  nur  ganz  knapp  an  einer  Verurteilung  wegen  Untreue  vorbeigeschrammt,  weil  die  Richter  der  zweiten  Instanz  sich  zumindest  die  Beweise  angesehen  haben.   Persönlich,  persönlich  hatte  er  nur  Arbeit  damit.   Wenn  ihn  jemand  darauf  ansprechen  würde,  würde er  heute  leugnen,  dass  er  neben  vielen  Arbeitsstunden  auch  noch  persönlich  Geld  dahinein  gesteckt  hatte.   Alle  würden  ihn  für  einen  Trottel  halten.

Die  Rente  hatten  sie  ihm  unter  der  Voraussetzung  gelassen,  dass  er  keinen  Kommentar  zur  ganzen  Sache  abgeben  würde.  „Sie  würden  sonst  immer  einen  Weg  finden“  ließen sie ihn wissen. Wer sie waren, wußte er bis heute nicht so genau. Aber dass sie eine Möglichkeit fanden, ihm mitzuteilen, was sie von ihm erwarteten, ohne je mit ihm zu sprechen, zeigte, wie mächtig sie waren.

Sie  hatten  ihn  klein  gekriegt,  so  klein,  dass  er  in  Pagera  niemandem  erzählte,  dass  er  Professor  war.   Genaugenommen,  wenn  er  nicht  musste,  sprach  er  überhaupt  nicht  mehr  –  trotz  hervorragender  Kenntnisse  der  deutschen  Sprachsyntax.  

 

Der Entscheider – Friedrichshafen – Juni 2005, 5.Teil, Kapitel I

Sie  war  gegangen,  wie  ihn  ein  Blick  durch  sein  Loft  überzeugte.   Kaminski  wollte  alles  immer  schön  übersichtlich  in  seinem  Leben.   Als  er  1995  in  Hamburg  Geschäftsführer  eines  Internetproviders  geworden  war,  da  gab  es  nur  einen  Platz,  der  für  erfolgreiche  Jungunternehmer  angesagt  war,  ein  Loft  im  Hamburger  Hafen,  damals  noch  für umgerechnet  lumpige  2000,–  Euro  je  qm  zu  haben.   Eigentlich  sah  Friedrichshafen  erst  wie  ein  Abstieg  aus.   In  einer  kleinen  Stadt  Geschäftsführer  einer  Firma,  die  niemand  kannte  und  an  der  fast  alle  in  Friedrichshafen  wichtigen  Akteure  wie  z. B.   Dornier  Anteile  hielten,  war  nun  wirklich  nicht  vergleichbar,  mit  dem Geschäftsführer  eines  Großstadtproviders.   

Wenn  man  einen  Job  nicht  haben  will,  stellt  man Bedingungen,  welche  nicht  erfüllbar  sind.   Wenn  sich  der  Grund  der  Absage  herumspricht,  steigert  das  den  eigenen  Markwert.   Kaminski  konnte  also  nur  gewinnen.   Er  forderte  ein  mit  Hamburg  vergleichbares  Loft  und  20%  Anteile  an  der  Firma.   Er  bekam  die Zusage  umgehend.   Ehrlich  gesagt,  so  ungelegen  kam  Kaminski  der Wechsel  nicht.   Die  Umsatzzahlen  waren  meilenweit  von den Sollvorgaben  entfernt.   Wenn  Kaminski  auch  vom  Providergeschäft  wenig  Ahnung  hatte  -schließlich  ging  es ja  nur  um  die üblichen  kaufmännischen  Entscheidungen  –  so entging  ihm  nicht,  dass  1999  bereits  die  Konsolidierung  begann.   Die  Großen  schluckten  die  Kleinen.   Ein  Regionalprovider  konnte  hier  langfristig  nicht  mithalten.   Was  das  Loft  betraf,  so  zauberten  die  Friedrichshafener.   Zwar  war  es nur  ein  50er  Jahre  Bau,  aber  die Wohnung  im 5.   Stock  stand  mit  ihrem  Blick  über  den  Bodensee  der  Hamburger  Wohnung  in  nichts  nach.   Nachdem  einige  Wände  entfernt  worden  waren,  war  die  Wohnung  auch  innen  kaum  vom  Loft  in  Hamburg  zu unterscheiden.   Der  Preis  war  konkurrenzlos  und  war  bei  weitem  niedriger  als  die  4000,  Euro  je  qm,  welche  er  beim  Verkauf  seines  Hamburger  Lofts  erzielte.  

Er  war  sogar  ein  bisschen  froh.   Schließlich  hatte  mal  ein  Kollege,  den er für kompetent  hielt,  zu ihm  gesagt:“  Na,  wenn  man Global  2000  glaubt,  dann  musst  du in  ein  paar  Jahren  ein  Boot  nehmen,  wenn  Du  in  Deine  Wohnung  willst. “   

Kaminski  hatte  sich  nie  für  Umweltprobleme  interessiert.   Die  Beschäftigung  mit  Themen,  welche  nicht  aktuell  anstanden  oder ihn  nicht  unmittelbar  betrafen,  betrachtete  er  als  Zeitverschwendung.

Jedoch  hatte  gerade  die Fähigkeit,  Dinge  nicht  zu  bewerten,  Kaminski  vor  Fehlentscheidungen  bewahrt.   Wenn  man seine  Wohnung  gut  verkaufen  konnte  und  es  die  Möglichkeit  gab,  dass  später  kein  höherer  Verkaufspreis  zu  erzielen  war,  dann  verkaufte  man eben.  

Warum  die  Friedrichshafener  so scharf  auf  ihn  waren?  Nun,  eigentlich  war  eine  geschönte  Pressemitteilung  schuld.   Er  wurde  in  einer  überregionalen  Wirtschaftszeitung  zum  „Kreativen  Manager  des  Jahres“  gewählt.   Die  Auswahl  wurde  einzig  und  allein  auf  Basis  der Analyse  verschiedenster  Interviews  mit  Managern  getroffen,  durchgeführt  von  einem  anderen  Medium  der gleichen  Unternehmensgruppe.   Wie  üblich  hatte  Kaminski  verschiedenste  von  seinen  PR  Beratern  vorbereitete  Anekdoten  und  Statements  eingefügt.

Kaminski  zog  sich  an  und  ging  zum  Frühstück  in  die  Altstadt  in  sein  Stammlokal.   Kaum  hatte  er  bestellt  und  seine  Wirtschaftszeitung  aufgeschlagen,  da  klingelte  sein  Handy.  

„Ja“  Kaminski  schaffte  es durch  den Tonfall,  mit  dem  er  diese  zwei  Worte  aussprach,  Müller  das  Gefühl  zu  geben,  dass  er eindeutig  ein  Anrufer  zuviel  sei.

„Äh,  Müller,  wir  waren  in  ihrer  Wohnung  für  10. 00  Uhr  verabredet.   Wie  sie wissen,  bewerbe  ich  mich  für die Position  des  Leiters  ihrer  Außenvertretung  in  Spanien. “

„Ich  bin  im  Cafe  Zeppelin  bis  11. 30  Uhr.   Diese  Zeit  sollte  für  ein  Kennenlernen  reichen. “

„Gute  Idee  Herr  Kaminski,  Cafe  Zeppelin  sagten  Sie?“  Kaminski  hatte  schon  aufgelegt.   Kaminski  kannte  den Lebenslauf  von  Müller.   Ausgezeichnete  Referenzen,  schnell  nach  oben  gekommen,  aber  wenig  Eigenverantwortung  übernommen,  immer  geschickt  zur  richtigen  Zeit…  Das  könnte  zum  Problem  werden. 

 „Müller,  guten  Tag  Herr  Kaminski.   Es  freut  mich,  Sie  endlich  persönlich  kennen  zu  lernen.   Was  gibt  es  schöneres,  als  für  das  Findens  Konsortium  zu arbeiten“  sagte  ein  gepflegter,  aber  absolut  unauffälliger  Mann.   Das  waren  für  Kaminski  eindeutig  20  Worte  zu  viel.

„Herr  Müller,  warum  wollen Sie  diesen  Job?“

Sichtlich  fassungslos  versuchte  Müller  sich  zu  sammeln.   Sicher,  er  war  es  gewöhnt,  dass  Einstellungsgespräche  nicht  einfach  verliefen.   Aber  diese  Unverschämtheit  –  schließlich  hatte  er  Referenzen.   „Ich  habe  bereits  Erfahrungen  mit  dem Vertrieb  von erklärungsbedürftigen  Produkten  gesammelt.   Wie  Sie  sicherlich  aus  meinen  Unterlagen  bereits  entnommen  haben,  war  ich  sogar  sehr  erfolgreich  verantwortlich  für  den  Vertrieb  einer  Search  Engine  Optimiser  Agentur  tätig. “

 „Herr  Müller,  sehen  Sie  dieses  Jugendstilhaus  auf  der  anderen  Straßenseite?  Stellen  Sie  sich  vor,  ich  würde ihnen  die  Immobilie  für  0,50  Euro  anbieten.   Was  wäre  Ihre  Antwort?“   

 Endgültig  verwirrt  täuschte  Müller  einen  Hustanfall  vor.   Dies  hatte  er  als  letztes  Mittel  für  den  Fall  trainiert,  dass  er  mal  nicht  mehr  weiter  wusste.   Noch  nie  hatte  er  diese  Finte  einsetzen  müssen.   Was  sollte  das?  War  Kaminski  schon  bei  den Gehaltsverhandlungen  angekommen?  Nur  jetzt  nicht  in  die  Falle  tappen.  

„Ich  würde das  Angebot  prüfen“.   Seine  Stimme  hob  sich  einen  Tick  zu hoch  am  Ende  des  Satzes,  so  dass  man das  Fragezeichen  heraushörte.  

„Herr  Müller,  ich  habe  keinen  Job  für  Sie,  aber  eine  Lektion  für´s  Leben:  „Reduzierung  des  Kaufpreises  auf  0,25  Euro  und  ich  werde  die  Qualität  des  Objekts  prüfen. “  Dies  ist  die  einzige  Antwort,  die  ein  Spanienverantwortlicher  gibt,  der  den  angepeilten  Marktanteil  von  über  50%  innerhalb  von  5  Jahren  erreicht“.   Während  Kaminski  noch  sprach,  wendete  er  sich  wieder  seiner  Zeitung  zu.   Das  Gespräch  war  beendet.  

Ihr Handlungsstrang: Beschreiben Sie doch ein wenig mehr über das Leben in Friedrichshafen. Können Sie das Ende dieses Kapitels versöhnlich gestalten, z.B. durch ein schönes Erlebnis, welches Müller wieder aufheitert?