Totalversagen? Ein Blick aus dem Jahr 2120 auf die Digitalstrategie der Ära Merkel

Die deutsche Regierung hat für ihr aktuelles Handeln und die Krisenkommunikation in der Pandemie von den Bürgern gute Noten erhalten. Wir befinden uns allerdings erst am Anfang einer Entwicklung, deren Ausgang schwer vorherzusehen ist. Die Politik fährt auf Sicht. Genau das ist das Problem. Als Zukunftsforscher gehe ich von einer wahrscheinlichen Entwicklung aus und prüfe, ob die Politik sich hierauf vorbereitet hat. Es verdichten sich die Hinweise, dass zukünftige Generationen die Ära Merkel lange nicht so positiv sehen werden wie wir. Wahrscheinlich werden dieses Jahr, beschleunigt durch die Corona-Krise, endgültig die falschen Weichen mit dramatischen Auswirkungen auf die Zukunft gestellt. Gibt es schon aus heutiger Sicht Beweise, dass eine solche Entwicklung hätte verhindert werden können? Gibt es möglicherweise sogar ein fahrlässiges Ignorieren von Fakten und hätte die Bundesregierung entsprechend ihrem Wählerauftrag anders handeln müssen?

Die Gesellschaft der Zukunft ist weitgehend digitalisiert. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass solche Länder ihre Stellung in der Welt erheblich ausbauen werden, welche für sich eine klare und zur gesellschaftlichen Entwicklung des jeweiligen Staates passende Digitalisierungsstrategie entwickelt und diese mit proaktivem Handeln umgesetzt haben. Das sind vor allem China und Südkorea. Deutschland hingegen fährt nicht nur in der Corona-Krise auf Sicht. Der ständige Konsenszwang mit Lobbyisten-Interessen hat den Politikertyp aussterben lassen, der eigene Visionen konsequent umsetzt. Die Merkel-Politik agiert nicht, sie reagiert nur auf aktuelle Ereignisse. So hat es wenig mit fehlender Sachkompetenz zu tun, wenn die Bundesregierung keine klare Digitalstrategie verfolgt. Zulange hat sie sich, zugegeben sehr erfolgreich, als Mittler zwischen globalen Wirtschafts- und Staatsinteressen verstanden. Sie hat die Politik der ruhigen Hand etabliert. Dabei hat sie eine Entwicklung toleriert, in der jeder Politiker den nächsten Shitstorm fürchten muss und sich deshalb möglichst gar nicht erst bewegt. Vor diesem Hintergrund geht es der deutschen Regierung nicht mehr darum, Verantwortung zu übernehmen, sondern Verantwortung möglichst zu delegieren.
Selbst aus dem Blickwinkel des Jahres 2120 wird sie der Gesellschaft einen Bärendienst erwiesen haben. Es widerspricht der Erwartung zukünftiger Generationen, wenn sich der Staat gerade da zurückzieht, wo seine Präsenz für die Allgemeinheit wichtig wäre. Wichtige Aufgaben werden langfristig externen Systemen und Partnern überlassen, bei denen totalitäre Tendenzen in der Zukunft nicht auszuschließen sind. Eine dem Grundgesetz entsprechende Digitalstrategie muss dem Bürger so viele Freiheiten wie möglich einräumen. Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt ….“(Artikel 2 Grundgesetz(1)). Der Staat hat sich auf die für die Allgemeinheit relevanten Aufgaben zu konzentrieren. Struktur relevante Aufgaben kann er an die Wirtschaft delegieren, muss aber zu jedem Zeitpunkt Herr des Verfahrens sein. Unsere Realität sieht anders aus und lässt für die Zukunft nichts Gutes erahnen:

  • Digital werden die verfassungsgemäßen Rechte des Bürgers zunehmend delegiert und ausgehebelt. Bürgerfreundliche Digitalisierung wird bei uns in der Regel mit Datenschutz gleichgesetzt. Datenschutz ist entstanden, weil der Gesetzgeber ohne digitales Gesamtkonzept auf das Entstehen einer neuen Art von Rechtsverstößen reagiert hat. Der Schutz von Daten hat wenig mit Bürgerrechten zu tun. Die DSGVO regelt die rechtskonforme Verwertung von Bürgerdaten durch Unternehmen. Anders ausgedrückt, wenn ein Unternehmen eine erhebliche Begehrlichkeit beim Bürger weckt, darf es im Gegenzug die Einschränkung seiner Bürgerrechte vereinbaren. Diese Einschränkung ist sogar wie bei den früheren Sklaven vererbbar, wenn möglicherweise in Zukunft noch die Kinder eines Bürgers zum Beispiel wegen seiner öffentlich bekannten schizophrenen Erbanlage diskriminiert werden. Der Begriff der Freiwilligkeit wurde so im Interesse der Datenverwerter pervertiert.
    Eine echte Privatsphäre setzt eine umfassende Verfügungsberechtigung über die eigenen Daten voraus. So, wie jeder Wohnungsmieter die Verfügungsgewalt über seine Wohnung hat, indem er den Schlüssel besitzt, muss er auch den digitalen Schlüssel zu seinen Daten besitzen. Wie in der physikalischen Welt muss er damit seine Unterlagen vertraulich halten, den Zugriff Dritter bestimmen und auch dem Zugriff Dritter wieder entziehen können. Da, wo sinnvoll, muss digitales Bürgerrecht weitergehen als analoges. Bürger sollten Unterlagen, die sie an Dritte weitergegeben habe, aus der Ferne löschen oder ihnen jede Möglichkeit entziehen können, einen Personenbezug herzustellen.
  • Aus Sicht zukünftiger Generationen völlig unverständlich ist, warum der Staat im Sinne der Allgemeinheit nicht eine digitale Infrastruktur verordnet hat, um die vordigitalen gesellschaftlichen Errungenschaften zu schützen. So wie im Versorgungsauftrag Stadtwerke lokal für unser Wasser zuständig sind, muss es auch dezentrale Betreiber Bürgerrechte erhaltender Infrastrukturen geben. Stattdessen verschenkt der Staat wesentliche deutsche Wertschöpfung an ausländische Global Player. Aktueller Höhepunkt der fehlenden deutschen Digitalisierungsstrategie ist die Entwicklung der Corona-Tracking-App. Ohne Demokratie erhaltende Vorgaben wird der Wissenschaft und Wirtschaft der Auftrag erteilt, punktgenau Infektionsherde erkennen und eindämmen zu können. Da ist es absolut bemerkenswert, wenn sich in unserem Bürger feindlichen Umfeld 300 Wissenschaftler finden, um eine dezentrale Lösung der App zu entwickeln. En dezentraler Ansatz ist aus Bürgersicht der einzig richtige. Es wäre Aufgabe der Bundesregierung gewesen, frühzeitig den Aufbau einer digitalen Bürgerrechts-Infrastruktur in den politischen Diskussionsprozess zu bringen. Denn es braucht Zeit, ein breites Verständnis für eine Demokratie erhaltende Infrastruktur zu schaffen. Ad Hock Maßnahmen in Krisenzeiten lassen diese tiefgreifende Reflektion nicht zu. So ist es unmittelbar von der Regierung Merkel zu verantworten, wenn die Corona-Tracking-App an der fehlenden gesellschaftlichen Gesamtstrategie scheitert. Die notwendige 60% Bürgerbeteiligung wird nicht erreicht werden. Es ist konsequent, dass die 300 Dezentralisierungsbefürworter ihre Arbeit niedergelegt haben. So ist es auch unwahrscheinlich, dass ausgerechnet die Urgesteine zentraler IT-Entwicklung Deutsche Telekom und SAP aus der verhinderten zentralisierten Lösung ein Bürgerrecht freundliches Ergebnis erarbeiten werden. Dies ist ein weiterer Hinweis dafür, dass der Staat sich auf dem Rücken der Bürger seiner Verantwortung entzieht. Zukünftige Generationen werden hierin möglicherweise ein grob fahrlässiges Handeln der Regierung sehen. Die Entschuldigung, die Deutsche Telekom und SAP könnten mit Google und Apple auf Augenhöhe eine Umsetzung aushandeln, bedeutet übersetzt, alle 4 Player haben auf Grund ihrer Firmenentwicklung ein Interesse, der wie auch immer geartet dezentralen Technologie, zentrale, skalierbare und globale Geschäftsmodelle zu hinterlegen. Der Bürger wird hier als Konsument, der „freiwillig“ auf seine Bürgerrechte verzichtet, sicher Berücksichtigung finden.

Die Geschichtsschreibung des Jahres 2120 sieht Deutschland zunehmend handlungsunfähig, weil bereits 2020 die deutschen Abhängigkeiten von China und den globalen Datenverwertern zu groß waren. Tatsächlich sind Google, Facebook und weitere in ihren Konzepten gar nicht so weit von China entfernt. Allen gemeinsam ist das Interesse an einer möglichst vollständigen Beherrschung der weltweiten Märkte und deren Bürger. Wäre heute bereits eine akzeptierte Bürgerrechts-Infrastruktur vorhanden, hätten möglicherweise Billionen Euro an Schaden ohne anhaltenden Lockdown verhindert und viele Menschenleben gerettet werden können. Während sich derzeit das Interesse der Gesundheitswirtschaft zur Bekämpfung der Pandemie auf die Identifizierung und Analyse der Kranken konzentriert, sollte ein Bürger zentriertes Konzept den gesunden Menschen in den Mittelpunkt stellen. Nicht der potentiell Infizierte, sondern der Gesunde hat ein Interesse an diesem System. Aus Sicht eines Gesunden, der nicht angesteckt werden will – Gesunde sind zum Beginn der Pandemie die Mehrheit – macht es keinen Sinn, sich darauf verlassen zu müssen, dass sich ein Infizierter die App freiwillig installiert hat und freiwillig seine Infektion meldet. Nur eine kostenlose Bürgerrechts-Infrastruktur, die im Pandemiefall von jedem Bürger eingesetzt werden kann, gewährleistet den Schutz der Gesunden. Er wird die Möglichkeiten der Bürgerrechts-Infrastruktur benutzen, wenn die hierdurch entstehende Einschränkung der Bürgerrechte wesentlich geringer ausfallen würde, als bei den alternativ einzuhaltenden Maßnahmen.

Überlässt man die Erarbeitung Demokratie relevanter Infrastrukturen den Unternehmen, so werden in deren Geschäftsmodellen die Prioritäten aus Bürgersicht eher zufällig Berücksichtigung finden. Mit Kranken lässt sich mehr Geld verdienen, als mit Gesunden. Ein Bürger freundliches Pandemievermeidungskonzept hat andere Schwerpunkte:

    1. Die Vermeidung der Ansteckung muss an erster Stelle stehen. Es sollte gesellschaftlich akzeptabel sein, wenn ein Bürger auf seinem Device ein lautes Piepsen einstellt, welches ausgelöst wird, sobald die Mindestdistanz zwischen zwei Menschen unterschritten wird. Dafür markiert jeder Nutzer die zu seiner Kontaktgruppe (Familie, Mitbewohner) gehörenden Devices als nicht Alarm relevant. Alle im Raum Befindlichen werden durch das laute Piepsen über die unerwünschte Annäherung informiert und können über Blicke oder auch verbale Äußerungen eine soziale Kontrolle ausüben. Ein großes Problem stellt bei uns zum Beispiel das Einhalten des Mindestabstands im Supermarkt dar. Spätestens nach den ersten Pieps-Konzerten werden Filialleiter schnell Gesundheit erhaltende Konzepte erstellen. Ohne Begegnungsverbot in den Regalgängen bleibt der Mindestabstand bei uns Theorie.

    2. Ist der gesunde Bürger der Meinung, durch eine unerlaubte Annäherung (zum Beispiel bei Anhusten) infiziert worden zu sein, hat er die Möglichkeit, zur gespeicherten WAN anonyme IP-Adresse des Gefährders einen Kommentar zu speichern. In einem Rechtsstaat muss es genau wie bei einem Autounfall zumindest den theoretischen Anspruch auf Schadensersatz wegen Fahrlässigkeit geben.
    Erläuterung von WAN Anonymität im Video:

    3. Sollte eine Infizierung des Bürgers festgestellt werden, werden wie bereits geplant, alle Betroffenen anonym informiert. Zusätzlich können dezentral gespeicherte mit Markern versehenen IP-Adressen an das Gesundheitsamt weitergegeben werden. Über die IP-Adresse lässt sich die zugehörige Trust-Station finden. Grundsätzlich werden wie bei dem geplanten System anonyme Push-Nachrichten an alle, die sich dem Infizierten genähert haben, geschickt. Im Gegensatz hierzu kann aber für jeden Betroffenen über die jeweilige Truststation die Personalisierung hergestellt werden. Aus der Perspektive eines Gesunden ist es durchaus angebracht, dass dieser den ihn fahrlässig Infizierenden haftbar machen kann. Denkbar für eine nahe Zukunft wäre, über das System sogar automatische Bußgelder zu generieren, bei denen über eine künstliche Intelligenz die Kommentare der „Angegriffenen“ Berücksichtigung finden. Die Bezahlung würde über ein anonymes Konto erfolgen. Erst wenn der Beschuldigte Widerspruch erheben würde, würde es zur Personalisierung der betroffenen Parteien mittels der Trust-Station für einen klärenden Rechtsstreit kommen.
    Erläuterung zur Funktion einer Trust-Station im Video:

Die Wissenschaft benötigt viele Informationen. Bei einem Bürgerrechtskonzept darf das aber nur ein Aspekt sein. Da die Einhaltung der Distanz bei uns nicht kontrolliert wird, stelle ich in der Raum, dass ein Ansatz, sich de facto auf die potentiellen Kunden von Medizin und Beatmungsgeräten zu konzentrieren, die Pandemie wesentlich langsamer eindämmt, als ein Ansatz, der eine Infizierung Gesunder weitgehend unterbindet. Es ist unbedingt zu verhindert, dass eine App ein weiteres Einfallstor für Geschäftsmodelle zur Datenverwertung öffnet, die bisher keiner vorhersehen kann. Ein Konzept, in dem wieder auf den „freiwilligen“ Austausch von Bürgerrechten gegen Daten gesetzt wird, ermöglicht rechtlich fast alles, bis hin zu einem weitgehenden Bürgerrechtsverzicht.

Hat die Bundesregierung Kenntnis über entsprechende Alternativen gehabt? Hat sie sich damit beschäftigt oder hat die Merkel Regierung durch Aufgabe der ihr vom Bürger übertragenen Obhutspflichten sogar grob fahrlässig gehandelt? Es ist sogar möglich, dass man im Jahr 2120 die fehlende Digitalstrategie und die daraus resultierenden falschen Entscheidungen der Bundesregierung als entscheidenden Fehler sehen wird, der zur Auflösung der deutschen und in Folge aller europäischen Demokratien geführt hat. Mir liegen starke Indizien vor, dass die Bundesregierung nicht an einer bürgerfreundlichen Digitalstrategie interessiert war, ja diese sogar aktiv unterbunden hat.

Seit 1999 beschäftige ich mich mit der Idee, ein die analoge Gesellschaft abbildendes Digitalkonzept aufzusetzen. 1999 zeigte sich auch der Staat einem solchen Konzept noch aufgeschlossen, siehe Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Erstmals in einer Patentanmeldung mit Priorität aus dem Jahr 2001 schlage ich vor, dem Bürger eine in seinem Besitz befindliche Infrastruktur für das Internet zu Verfügung zu stellen.

In hunderten von Briefen an die politisch Verantwortlichen habe ich dafür geworben, eine solche Infrastruktur aufzubauen. Meinen aktuellen Brandbrief an die EU-Kommissionspräsidentin Dr. von der Leyen bildet hier den vorläufigen Höhepunkt.
Schon 2014 habe ich die Mitglieder des Bundestags aus dem Ausschuss „Digitale Agenda“ unter der Überschrift „Gesamtkonzept zur Digitalen Gesellschaft, Trusted WEB 4.0“ angeschrieben. Mit Schreiben vom 11.05.2015 und 27.7.2015 habe ich den Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière gebeten, sich für die Umsetzung einer dezentralisierten und anonymisierten IT Infrastruktur für alle stark zu machen. Ein ähnliches Schreiben hatte ich bereits am 03.09.2014 an Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel geschickt. Auf keines dieser Schreiben habe ich eine Antwort erhalten. Ein Mitarbeiter des Bundeswirtschaftsministeriums darauf angesprochen, antwortete mir verwundert: „Wir sind das Wirtschaftsministerium. Was haben wir mit dem Bürger zu tun?“ Ich hoffe, durch Corona hat die Wirtschaft gelernt, dass es ohne den Bürger nicht geht. Ähnliche Antworten haben ich aus der Verwaltung erhalten: „Wir optimieren IT-Verwaltungsprozesse in Behörden, was haben wir mit dem Bürger zu tun?“

Insgesamt 3 Bücher habe ich beim führenden Wissenschaftsverlag Springer zu diesem Thema veröffentlicht. Eine öffentliche Diskussion hierüber wurde von der Datenverwerter getriebenen IT nicht für nötig befunden. Immerhin hat die Bibliothek des Deutschen Bundestages die Bücher aufgenommen und über die Aufnahme in einem Literaturtipp jeden Bundestagsabgeordneten darüber auch informiert. Mehr kann man nicht tun, um die Demokratie zu erhalten.

Die Indizien reichen aus, um Zweifel daran zu äußern, dass entgegen anderslautender Beteuerungen von der Bundesregierung Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft gewünscht sind. Wenn wir aber nicht das Konzept von China kopieren wollen, so sollte seit Beginn der Pandemie klargeworden sein, dass wir den Wettbewerb um eine funktionierende digitale Gesellschaft verlieren werden, wenn wir nicht die Stärkung der Bürgerrechte in den Mittelpunkt stellen.

Die Mehrheit der Bürger hat in der Krise gezeigt, dass sie in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen, wenn man sie ihr lässt. Digitale Instrumente zur Authentifizierung, Verfügungsberechtigung und Personalisierung bei den eigenen Daten gehören in den Besitz des einzelnen Bürgers. Bei jedem zentralen System muss man dem Betreiber vertrauen. Zentrale Systeme können kompromittiert oder auch ganz von Dritten übernommen werden. Sie entziehen sich meist dem Zugriff des Staates. Steuern werden nicht gezahlt, eine Rechtsverfolgung ist nicht möglich. Doch damit nicht genug. Der deutschen Wirtschaft wird hierdurch auch noch die Wertschöpfung entzogen, welche jetzt in der Krise dringend benötigt würde.

Digitalisierung verschlafen? Corona-Tracking-App ist maximal ein erster Schritt!

Derzeit wird eine Bluetooth App als demokratische Antwort auf die aus epidemiologischer Sicht sehr effektiven Totalüberwachungsmaßnahmen Chinas gesehen. Als guter Ansatz kann gelten, nicht Standortdaten, sondern anonymisiert Kontakte mit anderen Bluetooth Geräten zu erfassen. Wie von mir schon 2017 vorgeschlagen, wird hier mit wechselnden IDs gearbeitet.
Wird eine Person positiv getestet, werden über einen zentralen Server ohne Kenntnis von personenbezogenen Daten alle Kontakte, die diese App installiert haben, zur Quarantäne aufgefordert.
Tatsächlich geht es hier nicht nur um Menschenleben, sondern auch um einen Wettbewerb totalitärer Ideologien mit demokratischen Konzepten. Vieles spricht dafür, dass die bisherigen Ideen nicht reichen, um in der Corona-Krise Demokratien als Gewinner dastehen zu lassen.

  • Wir haben in Deutschland ein sehr gut funktionierendes Konzept der regionalen Pandemiebekämpfung unter Einbeziehung der Gesundheitsämter. Warum muss die Meldung der App über einen zentralen Server erfolgen? Der zentrale Server birgt die Gefahr, dass durch den Abgleich mit Bewegungsdaten aus anderen Quellen und das Verarbeiten großer Datenmengen mittels KI eine Personalisierung zu einem späteren Zeitpunkt hergestellt werden kann. Demokratie erhaltende Tools benötigen als Grundlage eine wie von mir vorgestellte dezentralisierte Infrastruktur zur Daseinsvorsorge.
  • Das Prinzip der Freiwilligkeit hört sich erst einmal gut an, funktioniert aber bei Einsatz digitaler Technologien nicht. So werden wir ständig im Rahmen des DSGVO gefragt, ob wir in die eine oder andere Bedingung einwilligen. Ein Student, der auf einem Portal dringend Informationen benötigt, hat keine Alternative, als in Geschäftsbedingungen auf Bürgerrechte wie seine Privatsphäre zu verzichten. Es ist zu erwarten, dass die Regierung, wenn eine freiwillige App-Nutzung nicht funktioniert, einen Zwang einführen wird und so wertvolle Zeit und Menschenleben verloren hat. Außerdem haben in der Vergangenheit fast alle freiwilligen deutschen Projekte, wie zum Beispiel die De-Mail, über Jahre nicht die benötigte kritische Masse erreicht. Aktuell reicht eine Fahrt durch die Stadt, um zu sehen, dass verantwortungsvolle Bürger sich bereits weitgehend schützen. Die das Virus verbreitende Gruppe sind diejenigen, die sich nicht um bestehende Kontaktverbote kümmern. Sie werden auch keine Notwendigkeit sehen, die App zu installieren. Uns muss klar sein, dass der Demokratie eine sehr harte Bewährungsprobe bevorsteht, weil die Politik die Einführung einer in der Digitalisierung Demokratie erhaltenden Infrastruktur verschlafen hat. So habe ich bereits vor Jahren vorgeschlagen, jedem Bürger eine WAN anonyme Infrastruktur zu Verfügung zu stellen, die er im Normalfall freiwillig benutzen kann. In einer Pandemiesituation wäre eine solche Infrastruktur installiert und könnte sofort für eine Bluetooth-Annäherung per Infektionsschutzgesetz bei allen verpflichtend aktiviert werden.
  • Wenn mehr als zwei Personen in der analogen Welt trotz Kontaktverbot beim Zusammenstehen erwischt werden, erhalten sie ein Bußgeld. Das ist akzeptiert und mit dem Grundgesetz vereinbar, denn: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt ….“(Artikel 2 (1)). Es geht also nicht darum, dass unsere Politiker uns jetzt zeigen, dass sie netter sind als Diktatoren – zumindest auf den ersten Blick. Ein hartes Durchgriffsrecht gegen den Einzelnen, der die Rechte anderer verletzt und hier geht es immerhin um Menschenleben, ist durchaus Aufgabe einer demokratischen Regierung. Insofern muss die vorgestellte App die Notlösung einer Soforthilfe darstellen. Die Politik muss gleichzeitig kommunizieren, dass sie an einer Infrastrukturlösung arbeitet, welche im Normalfall die Bürgerrechte sichert, im Einzelfall aber hart im Interesse der Allgemeinheit durchgreifen kann.
  • Wie das genau funktionieren kann, sehen Sie im 4. Social Utopia Talk:

Beschleunigt die Pandemie disruptiv die Veränderung unserer Welt?

Es scheint so, als ob durch die aktuellen Notmaßnahmen die Entwicklung unserer Gesellschaft zum Erliegen käme. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. So schnell, wie das Coronavirus sich verbreitet, verändert es gerade demokratische Gesellschaften.
Ob die Auswirkungen positiv oder negativ für unsere Zukunft sind, hängt davon ab, wie schnell die Politik neue Risiken und Chancen begreift und wie entschieden sie auf ihre Erkenntnisse reagiert.

Seit vielen Jahren stagnieren die weltweiten Verhandlungen zur Reduzierung des CO² Ausstoßes. Das Virus hat Verhaltensänderungen im Verkehr erst einmal innerhalb von wenigen Tagen erreicht. Unerwartet ist in Europa der Individualverkehr auf niedrigem Niveau wieder angesagt. In öffentlichen Verkehrsmitteln hingegen kann man sich vor dem Virus nicht wirkungsvoll schützen. Auch das Herunterfahren der Wirtschaft hat positive Nebeneffekte. Der nunmehr blaue Himmel über Hubei zeigt auf Satellitenbildern den deutlichen Unterschied zu der vorherigen starken Verschmutzung.

War Europa noch vor einer Woche gekennzeichnet durch Politikverdrossenheit, so können sich jetzt Politiker als Krisenmanager bewähren. Im Stundentakt werden neue Maßnahmen verkündet. Andererseits bleibt den demokratischen Politikern gar nichts anderes übrig, als in dieser nicht vorhersehbaren Krise auf die Einsicht der Bürger zu vertrauen. Soviel Verantwortung und Selbstbestimmtheit hatten die Bürger lange nicht. Die demokratischen Strukturen funktionieren wieder. Alle ziehen am gleichen Strang. Die kollektive Einsicht in Einschränkungen ist da. Doch leider ist zu befürchten, dass dieser „positive“ Zusammenhalt nicht von langer Dauer sein wird.

Schon in wenigen Wochen wird man sich fragen, wieso ein kleines Land wie Italien schon am 17.3.2020 über ein Drittel so viele Infizierte hatte, wie China und mehr als die zwei Drittel der Toten eines Landes mit über einer Milliarde Einwohner. Spätestens, wenn es bei uns die ersten Toten gibt, weil freie Intensivbetten fehlen, wird die Stimmung kippen. China steht schon jetzt als Krisengewinner fest. Der Erfolg rechtfertigt das harte totalitäre Durchgreifen. Es wäre nicht das erste Mal, dass China Informationen unterdrückt oder zumindest Zahlen schönt. Aber auch wenn die positiven Zahlen aus China nicht ganz stimmen, so ist zumindest plausibel, dass ein hartes schnelles Durchgreifen, wie es westliche Bürgerrechte es nicht zulassen, geeignet ist, die Pandemie wirkungsvoll einzudämmen. China wird alles daransetzen, über diese erfolgreichen Maßnahmen seine totalitäre Ideologie anderen Ländern mit Hilfe des Expansionskonzepts der Seidenstraße überzustülpen.

Südkorea hat als demokratisches Land ebenfalls große Erfolge erzielt. Hier wurde konsequent auf digitale Überwachung und Transparenz von Gebieten und Personengruppen, die infiziert sind gesetzt. Auch die Einhaltung von Quarantänezeiten wird über eine App überwacht. Eine Einschränkung der Bürgerrechte, die bisher noch aus Datenschutzgründen in Deutschland abgelehnt wird.

Die Pandemie ist zum globalen Phänomen geworden. Es werden sich in der Wirtschaft global die Player behaupten, welche besonders schnell passende Produkte für die veränderten Anforderungen auf den Markt werfen. Stand bis letzte Woche noch der schnelle 5G Ausbau für ein Internet der Dinge in Deutschland im Vordergrund, ist es heute eine möglichst effektive Streaming-Software, die das Internet bei den durch Homeoffice stark zunehmenden Daten intensiven Videokonferenzen nicht zusammenbrechen lässt.

Man benötigt keine hellseherischen Fähigkeiten, um vorauszusagen, dass die Datenverwertungs- und Überwachungsindustrie jetzt versuchen wird, die Situation zu ihren Gunsten zu nutzen. Lobbyisten werden der Politik einreden, dass Vertrauen eben nicht reicht, um die Pandemie einzudämmen. Die Politik wird sich diesen Forderungen beugen, wenn es nicht gerade jetzt eine Gegenbewegung aus Politikern und Bürgern gibt, die sich mit dem, was nötig ist, um die Demokratie in der digitalen Gesellschaft zu erhalten, beschäftigen.

Tatsächlich benötigen wir möglichst schnell digitale Systeme, um die anonyme soziale Kontrolle des vordigitalen Zeitalters auf die digitale Gesellschaft zu übertragen. Die in Südkorea erfolgreichen digitalen Maßnahmen könnten auch bei uns im Einklang mit unseren Datenschutzregeln umgesetzt werden, wenn wir über eine entsprechende digitale Infrastruktur verfügen würden.
Denn das Coronavirus zeigt die Anfälligkeit einer global vernetzten Welt, in der Lieferketten extrem voneinander abhängig sind und skalierbare Geschäftsmodelle in gleicher Weise skalierbare Risiken mit sich bringen. Wir müssen nicht nur Abwehrkräfte gegen das Coronavirus entwickeln. Genauso wichtig ist es jetzt die Stärkung von Abwehrkräften gegen die Aufgabe der Demokratie und Bürgerrechten.

Mit der Gesamtsumme aller über ihn gespeicherten digitalen Profile nimmt ein Mensch an der digitalen Gesellschaft teil. Sie werden ein immer wichtiger Teil jedes Menschen.
Tatsächlich kann man die Schutzmaßnahmen gegen den Virus auf den Schutz der eigenen digitalen Repräsentanz übertragen. Das Spyvirus vor dem man sich schützen muss, ermöglicht den ungewollten Gebrauch/Missbrauch der eigenen Profile. Im Gegensatz zum Coronavirus ist es derzeit digital nicht möglich, sich wirkungsvoll gegen das Spyvirus zu schützen. Will man nicht infiziert werden, bleibt nur der Verzicht auf die Teilnahme an der digitalen Gesellschaft. Das ist etwa so, wie wenn man darauf verzichten würde, Lebensmittel einzukaufen, um sich gegen das Coronavirus zu schützen. Abhilfe wäre durch eine digitale Infrastruktur möglich, in der man sich bewegen könnte, ohne personenbezogene Daten überhaupt im Internet speichern zu müssen.

Die Infektionszeit des Coronavirus beträgt 14 Tage. Die Infektionszeit des Spyvirus ist unbegrenzt. Einmal mit persönlichen Daten verknüpfte Informationen bekommt man auch dann nicht mehr aus dem Internet, wenn sie bereits vor vielen Jahren gespeichert wurden. Ohne eine geeignete anonyme Infrastruktur haben wir keine Möglichkeit, uns vor dem Spyvirus zu schützen. Jeder Datensatz, den wir heute ins Internet stellen, entwickelt seine Wirkung auf eine unbegrenzte Zukunft und hat möglicherweise noch Auswirkungen auf unsere Kinder.

Das Cononavirus zwingt die Politik jetzt in kürzester Zeit zur Entscheidung, ob sie die Demokratie erhaltenden will. Die Wirtschaft steht vor einem Neustart. Funktionierende, Demokratie erhaltende Produkte und Infrastrukturen würden die deutsche Wirtschaft aus der Abhängigkeit zu China lösen und könnten zum deutschen Exportschlager werden. Doch ohne ein Signal aus der Politik und das schnelle Forcieren entsprechender Entwicklungen werden sich die Datenverwerter zu Lasten der Bürgerrechte durchsetzen.

Ich fordere deshalb ein sofortiges Investitionsprogramm in Milliardenhöhe zur Entwicklung Demokratie erhaltender digitaler Infrastrukturen.

Update vom 18.3.2020. Alle, die meinen Beitrag für Alarmismus halten, sollten lesen, wie Österreich schon mit ersten Schritten in die Umsetzung geht, siehe https://netzpolitik.org/2020/zeig-mir-deinen-standort-und-ich-sage-dir-ob-du-vielleicht-krank-bist/

Coronavirus – Eine Chance für die Wirtschaft!

Der Coronavirus wird in den nächsten Wochen deutlich machen, wie vernetzt und damit verletzlich unsere globale Welt geworden ist. Schiffe aus China benötigen 6 Wochen, um mit ihren Waren bei uns anzukommen. Das tatsächliche Ausmaß der Lieferausfälle wird sich also erst in zirka einem Monat bei uns zeigen. Ist eine Lieferkette erst einmal unterbrochen, so kann es viele Monate dauern, bis das Zusammenspiel wieder reibungslos funktioniert.

Schon seit einigen Jahren gibt es vermehrt Anzeichen, dass das Zeitalter der ungebremsten Globalisierung dem Ende zugeht. Hohe deutsche Lohnkosten haben uns in der Vergangenheit dazu getrieben, in Billiglohnländern produzieren zu lassen. Bei zunehmender Automatisierung jedoch spielen die Lohnkosten keine Rolle mehr. Die Nähe zum Kunden wird wichtiger.
Wenn Lieferungen ausfallen, sind Unternehmen gezwungen, sich kurzfristig umzustellen. Auch langfristige Lieferverträge können gekündigt werden, wenn Lieferversprechen nicht eingehalten werden.

Es ist also gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, über einen Strategiewechsel hin zu dezentralen Fertigungszentren nachzudenken. In vielen Fertigungsbereichen ist es möglich, die im deutschen Unternehmen entwickelten Konstruktionsdaten in ein Kunden nahes Fertigungszentrum zu übermitteln und hier automatisch mit einem 3D Drucker produzieren zu lassen.

Doch eine Dezentralisierungsstrategie sollte weiter gehen. Das gesamte IT-Konzept gehört jetzt auf den Prüfstand. Was muss ich unbedingt vernetzten? Welche technische Intelligenz kann ich dezentral entwickeln und dadurch auf zentrale Steuerung verzichten? Muss es eine Permanentverbindung zum Internet geben? Benötige ich eine Tür, wo auch ein Fenster funktioniert, oder anders gesagt, benötige ich eine bidirektionale Verbindung, wo auch eine unidirektionale Verbindung reichen würde? Muss bei 5G alles zentral verbunden sein? Oder sollten wir nicht lieber gerade jetzt vermehrt vermaschte Netzwerke und verteilte Datenspeicherung einsetzen?

Werden wir in Deutschland Vorreiter für Dezentralisierungskonzepte. Solche Technologien sind auch zur Stabilisierung von Entwicklungsländern gut geeignet.

Wie das im Umweltbereich geht, zeige ich in meinen Videos.
Social Utopia Talk (16 Minuten):

oder nur die Fakten (2 Minuten):
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Die Politik denkt über Stützungsprogramme für die Wirtschaft nach. Es sollte nicht bei der reinen Überbrückung von Liquiditätsengpässen bleiben. Vielmehr sollten Förderanreiße gesetzt werden, dezentrale Produktionsnetzwerke auszubauen. Auch Anreize für einen Arbeitstag je Woche im Homeoffice wären sinnvoll. Das motiviert Mitarbeiter, reduziert Staus im Berufsverkehr und reduziert den CO² Ausstoß.

Neuordnung der FDP als digitale Bürgerrechtspartei

Das AfD Schlamassel in Thüringen war so oder ähnlich zu erwarten. Die FDP hat sich viel besser geschlagen als die CDU.
Alle Parteien bekommen zunehmend ein Problem, auf die durch die Digitalisierung entstehenden Herausforderungen die dringend benötigten Antworten nicht geben zu können. Es mag sein, dass Parteien noch einige Jahre Politik ohne Zukunftsinhalte machen können. Das reine Aushandeln von Kompromissen ohne klares Profil führt jedoch in eine Sackgasse.
Selbst vor den Bundestagswahlen in die FDP eingetreten und schnell zum Leiter der AG „Digitale Demokratie“ im Rahmen des NRW LFA „Digitale Agenda“ gewählt worden, habe ich festgestellt, dass es in der FDP viele engagierte Politiker gibt, die Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft erhalten wollen.

Jedoch schafft es die politische Diskussion und im Ergebnis auch die Gesetzgebung nicht, sich von der analogen Welt zu trennen. Bisherige Landesfachausschüsse hatten mit der Digitalisierung wenig zu tun. Engagierte Mitglieder streiten hier um jedes Detail und unterstützen die Politik zur Reaktion auf aktuelle Ereignisse. Aus Reagieren müsste Agieren und Zukunft gestalten werden.
In der AG „Digitale Demokratie“ hingegen haben wir Forderungen aus einem zukünftigen Blickwinkeln aufgestellt und haben hiermit innerparteilich für Aufsehen gesorgt. Letztendlich ist das Projekt gescheitert und ich bin im September 2019 als Gruppenleiter zurückgetreten. Wenn es um die digitale Gesellschaft geht, dann geht es um viel Geld und Macht. Von der FDP nicht erwartet wurden die in der AG teilnehmenden Schwergewichte aus Kreisen der Datenverwerter. Es ist nicht gelungen, die vielen Neumitglieder, die gerade wegen der durch die Digitalisierung bedrohten Bürgerrechte in die FDP eingetreten sind, für diese Gruppe zu gewinnen.
Wir werden nicht verhindern können, dass zukünftige Standards international gesetzt werden. Diese Standards werden zu Gunsten globaler Gewinnoptimierung Bürgerrechte einschränken und sie werden nicht speziell für demokratische Staaten entworfen. Bereits jetzt tobt ein Wirtschaftskrieg mit dem Ziel, auf einzelne Staaten keine Rücksicht mehr nehmen zu müssen.
Demokratie-Erhalt wird nicht ohne spezielle Schnittstellen, von mir auch Bürgerinterfaces genannt, funktionieren. Demokratie bedeutet Vielfalt und Minderheitenschutz.
Der Handschlag mit der AfD ist für mich Symptom und nicht Ursache, einer sich auflösenden Demokratie. Wenn Politik nicht mehr glaubhaft Inhalte vermitteln kann, dann stärkt das Parteien, die Frustwähler radikalisieren, ohne dafür Inhalte zu brauchen.

Ich hoffe aus ganzem Herzen, dass die nicht übersehbare aktuelle Krise dazu führt, die im letzten Bundestagswahlkampf von der FDP gesetzten Schwerpunkte der Digitalisierung und der Bürgerrechte miteinander zu vereinen. Wie von Gerhard Baum angemahnt, muss wieder offen diskutiert werden. Wie können Bürgerrechte in einer zunehmend von Algorithmen bestimmten global standardisierten Welt erhalten bleiben? Welche Konzepte und Technologien müssen wir in Deutschland hierfür entwickeln?
FDP Mitglieder, die Wert auf Bürgerrechte legen, müssen motiviert werden. Sie müssen erst einmal in einem geschützten Raum ihre Position definieren können, bevor diese mit einem starken FDP-Wirtschaftsflügel diskutiert werden kann. Ziel muss sein, gerade eben über die Entwicklung von Bürgerinterfaces, zum Beispiel zum anonymen Surfen oder auch zur Einbindung aller Gesellschaftsgruppen über ein Digital-Bürgergeld, die deutsche Wirtschaft zu stärken.

Olaf Berberich

Wann wurde die Vierte Gewalt zuletzt gesehen?

Liebe Vierte Gewalt,
in letzter Zeit suche ich Dich vergebens. Letzte Spuren von Dir habe ich im Grundgesetz gefunden. Da heißt es „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Leider hat der Gesetzgeber versäumt, auch einen Passus über Selbstzensur einzufügen. Wer hätte auch 1949 bei Erlass des Grundgesetzes ahnen können, dass wir einmal in einer Welt leben würden, in der Emotionen und Manipulationen besser gestellt sind, als echte Informationen.
Gerade jetzt, wo die Demokratie sich in nicht übersehbarer Auflösung befindet, müsstest Du den Journalisten neue Regeln an die Hand geben, der innere Kompass müsste wieder auf Dich und damit auf den Erhalt demokratischer Werte ausgerichtet werden.

Immer war es für die Medien schwer, ihre Finanzierung durch Anzeigen von einer redaktionellen Beeinflussung zu trennen. Doch zumindest waren die Interessenskonflikte übersichtlich. Heute geht es nicht mehr darum, sich gegen die Beeinflussung einzelner großer Unternehmen zu behaupten. Vielmehr geht es um die Existenz, bei der unendlichen Vielzahl der Social Media Reize überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Ein nackter Hintern generiert oft mehr Klicks als ein sorgsam recherchierter Sachartikel. Der Kampf um die Leser ist mörderisch. Wie ein Radierer wischt Dich, vierte Gewalt, die Einführung des Social Credit Systems jetzt endgültig weg. Meine Meinung dazu kennst Du ja, siehe http://blog.get-primus.net/compliance-als-demokratie-zerstoerer/ .Deine Medien beschränken sich auf ein Grundrauschen, also das, was alle schreiben. Sie erhalten Ihre Informationen vorgeschrieben von den Presseagenturen. Ansonsten konzentrieren sie sich auf Redundanzen: Nachrichten über bekannte Unternehmen, internationale Nachrichten und die Verfestigung von Stereotypen. So haben wir gelernt, dass bei einem Cyberangriff immer wir schuld sind, weil wir irgendein Update nicht installiert haben. Oder Irgendeiner hat wieder eine Tür offen gelassen und sich dabei einen Virus eingefangen. Wenn dann ein Rezo das mit der Zerstörung der Demokratie einfacher erklären kann als Deine Medien, dann schreiben alle wieder mehr über Rezo, als über die Inhalte. Du Vierte Gewalt erschlafftest, wurdest transparent bis unsichtbar, weil der Sachverstand Deiner Journalisten nicht mehr gefragt ist.

Um die zu identifizieren, die für Dein Verschwinden verantwortlich sind, müsste erst einmal alles gesichtet werden, was Dir bekannt war, über das aber nie geschrieben wurde. Medienarchive quillen über vor Informationen, auch über mich. Kein einziges Mal, wohl einem geheimen Codex folgend, hast Du geschrieben, über erste für mich bereits von 20 Jahren sichtbare Auflösungstendenzen. Ich möchte nicht wissen, von wie vielen Versuchen Du weißt, ein anderes sicheres Internetkonzept aufzubauen oder auch die Demokratie auf die digitale Gesellschaft vorzubereiten. Doch Du schwiegst. Warum konntest Du Dich gegen ein Netz aus zentraler Datenverwertung nicht behaupten? Warum hast Du die zunehmende Fremdbestimmung deiner Teile zugelassen? Warum diskutierst Du unsinnig über Überwachung und Probleme digitaler Strafverfolgung? Wäre es da nicht sinnvoller, sich mit durchaus vorhandenen technischen Möglichkeiten zu beschäftigen, die Anonymität im Allgemeinen und forensisch eindeutige digitale Strafverfolgung im Einzelfall gleichzeitig möglich machen?

Wir haben in Deutschland eine Meinungsfreiheit, die sogar größer ist, als früher. Jeder kann alles im strafrechtlich erlaubten Rahmen veröffentlichen. Aber ob es auch verbreitet wird und in welchem Kontext, das entscheiden inzwischen andere, weil Du Dich nicht um die kreativen Querdenker und Grenzgänger gekümmert hast. Die Entscheider sitzen meist nicht mehr in Deutschland, sondern irgendwo auf der Welt. So stand über mich fünfzehn Jahre lang ein irreführender Artikel bei Google auf der ersten Seite, bis das endlich Google verboten wurde. Dass hierfür ein Algorithmus verantwortlich war, ist schwer zu glauben. Bis vor zehn Jahren habe ich selbst viele negative Erfahrungen ins Netz gestellt, die auf meinen Kampf für die Demokratie zurückzuführen sind. Vierte Gewalt, sieh in Deinen Archiven nach, ja, da ist es. Berichtet hast Du darüber nicht. Dann habe ich selbst alles herausgenommen, weil ich die Verantwortung gespürt habe. Es wurde missbraucht, um gerade das, was ich schützen wollte zu zersetzen, Rechtsstaat und Demokratie eben. Es hilft wenig, wenn Informationen nur ängstigen, aber nicht Mut machen, etwas zu verändern.

Nun habe ich fast 20 Patente angemeldet, um Mut zu machen, um zu zeigen, dass es doch geht. Ich habe mehrere Fachbücher geschrieben. Diese wurden immerhin über 10.000 Mal gelesen und werden in der Lehre auch unwidersprochen eingesetzt. Doch ohne Dich, vierte Gewalt wird die längst überfällige breite öffentliche Diskussion ausbleiben, worauf es ankommt, wenn wir in der digitalen Gesellschaft die Aufrechterhaltung von Bürgerrechten ermöglichen wollen.
Aus Verzweiflung habe ich den Simulations-Roman „Social Utopia“ geschrieben. Von 1999 bis 2035 auf 850 Seiten in unterhaltsamen Geschichten festgehalten, was alles schief gehen kann und was man besser machen könnte. Nicht zu nah bei uns, aber doch so nah, dass wir alle aus dem fiktiven Roman profitieren könnten. Mal wieder offen diskutieren, das wäre es doch.
Und nun bist Du nicht mehr da, Vierte Gewalt, selbst Opfer eines Strukturwandels, den Du hättest begleiten und gestalten sollen. Die, die Dich ersetzen, haben kein Interesse daran, ihre eigene Existenzberechtigung in Frage zu stellen.

Schade, ich hab mich wohlgefühlt mit Dir. Du warst immer da. Du hast mir Sicherheit gegeben, auch dann, wenn ich Dich nicht gebraucht habe.
Ich wünsche mir so sehr, dass es Dich doch noch irgendwo in einer Zeitungsecke gibt. Um Reste von Dir zu finden, habe ich zwar keinen nackten Hintern gezeigt, aber immerhin visuell auf eine neue Form der digitalen Bücherverbrennung hingewiesen. Sogar ein kleines Video habe ich gemacht, obwohl ich nie vor die Kamera wollte, sieh mal nach unter:

Compliance als Demokratie-Zerstörer?


Was ist nur in mich gefahren, auf die Compliance einzudreschen. Ist doch gerade die Compliance der Teil, der sich mit aller Kraft dafür einsetzt, ethische Regeln im Unternehmen durchzusetzen.

Doch hier entsteht gerade global für die Demokratien eine neue Herausforderung. Ethische Regeln werden bei globalen Unternehmen zu einem kleinsten gemeinsamen Nenner entwickelt. Die Ergebnisse der Compliance dürfen nicht im Widerspruch zu den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens liegen. Jeder Compliance-Manager weiß, wie schwer es ist, sich mit einer guten Lösung gegen den Vorstand zu behaupten. Der muss seinen Shareholdern ständig wachsende Umsätze und Gewinne präsentieren.
Berücksichtigt man, dass wir in Deutschland viele Hidden Champions haben, also große Unternehmen, die unbekannt sind, weil sie nicht den Endkunden beliefern, sondern Zulieferer einzelner Bauteile sind, dann wird besonders in Deutschland die Abhängigkeit von der globalen Entwicklung und somit von globalen Regeln deutlich.
Die Compliance gerät deshalb in die Gefahr, zum Demokratiezerstörer zu werden, weil seit 2020 durch Einführung des Social Credit Systems bei internationalen Unternehmen neue Spielregeln entstehen.

Halt, das betrifft doch nur das weit entfernte China. Nein, eben durch die Compliance wird es auch unmittelbar uns in Deutschland betreffen. Das Social Credit System bewertet nicht nur wie die Compliance das Verhalten von Mitarbeitern im Unternehmen. Es bewertet auch das Verhalten in der Freizeit. Die Compliance ist bisher auch dafür da, um Fehlverhalten vertraulich innerhalb des Unternehmens zu regeln. Das Social Credit System ist öffentlich und es berücksichtigt auch die Beziehungen aller Akteure untereinander.

Konkretes Beispiel: Ich schreibe heute diesen Artikel. In 5 Jahren ist er immer noch im Internet veröffentlicht. Mein Enkel erhält dann bei einem deutschen Hidden Champion keine Praktikumsstelle. Dieses Beispiel ist fiktiv, weil ich keinen Enkel habe. Nicht fiktiv ist, dass ich eigentlich heute schon diesen Artikel nicht mehr schreiben dürfte, weil er wahrscheinlich irgendwann in der Zukunft, wenn auch nur als kleiner Teil eines Rankings einem Verwandten von mir schaden wird. Nur weil ich hoffe, dass Politik und Gesellschaft noch im letzten Moment – nämlich genau jetzt -aufwachen, traue ich mich noch, etwas zu schreiben. Wenn sie nicht aufwachen und danach sieht es bisher leider aus, wird unsere Zukunft totalitärer als totalitär werden. Um Schaden vom Unternehmen abzuhalten werden die Compliance-Abteilungen sich Software anschaffen, die eine Einstufung durch das Social Credit System mit ähnlichen Daten und Algorithmen möglichst schon vor China simulieren. Auch sie werden dafür alle ihnen zur Verfügung stehenden Daten benutzen.
Ich muss mir jetzt schon genau überlegen, ob ich noch rechtfertigen kann, öffentlich eine Meinung zu äußern, wenn dadurch meinen ganzen Nachfahren in Sippenhaft genommen werden können.
Aber wir haben doch einen Rechtsstaat? Wir haben doch die Verfassung? Dann spielen wir es doch einmal durch. Mein Beitrag ist weltweit öffentlich und wird von automatischen Algorithmen erfasst und bewertet. China strebt mit der Seidenstraße die Weltherrschaft an. Also werden im chinesischen Social Credit System alle weltweit öffentlich verfügbaren Informationen verwertet. Ebenfalls öffentlich sind über Social Media Portale Verwandtschaftsgrade nachvollziehbar. Darüber hinaus verfügt China auch über viele andere Quellen wie durch den Ankauf gehackter Daten. Alle diese Daten fließen in das Social Credit System und das Rating aller mit mir in Beruf, Politik und Privatleben vernetzten Personen ein. Nun stellen Sie sich einmal meinen Enkel vor, der vor einem Gericht forensisch verwertbare Beweise vorlegen soll, warum er die Praktikumsstelle nicht erhalten hat!? Auch andere Unternehmen greifen auf die gleichen Daten zu und weisen ihn ab. Ohne Praktikum kann er sein Studium nicht abschließen…

Seit vielen Jahren warne ich die Politik vor diesen Gefahren. Passiert ist wenig. Jetzt besteht der dringende politische Handlungsbedarf, geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um den Einfluss von Social Scoring Werten in Deutschland zu verhindern. Neue Gesetze werden hierfür nicht ausreichen.
Eine Maßnahme mit Priorität ist das staatliche Garantieren einer technischen Infrastruktur, die in einer zunehmend digitalen Gesellschaft verfassungsrechtlich verbriefte Grundrechte zur Selbstentfaltung, sowie die Privatsphäre sicherstellt. Nur so können demokratische Diskussionen ohne Angst vor Repressalien in einem geschützten Raum stattfinden.
Wenn die Compliance-Manager nicht zu Gehilfen totalitärer Staaten gemacht werden sollen, muss für in Deutschland / Europa tätige Firmen ein neuer Verhaltenskodex geschaffen werden. Auf Geschäfte mit China zu verzichten, wird wahrscheinlich nicht die Lösung sein. Wichtig sind Vereinbarungen, welche ein Ausspielen europäischer Wettbewerber gegeneinander durch China über den Social Credit Wert verhindern.

Ein Chefredakteur würde mir übrigens raten, diesen Artikel nicht jetzt zu veröffentlichen, wo die Öffentlichkeit mit dem Coronavirus beschäftigt ist. Aber kommt dieses Virus nicht für das Social Credit System gerade recht. Kann es hier seine Stärke zeigen? Wie wirkt es sich auf das Rating aus, wenn jemand sich ansteckt, weil er anderen hilft?

Die wilden 20er – Werden wir noch einmal unsere Freiheit verteidigen?

Was erwartet uns in der nächsten Dekade?
Für Vorhersagen bereitet mir als Zukunftsforscher die exponentiell zunehmende Innovationsgeschwindigkeit wenig Kopfzerbrechen. Unkalkulierbar ist hingegen der Risikofaktor Mensch.
Die letzten zehn Jahre waren in Deutschland geprägt durch deutliche Auflösungserscheinungen unserer Gesellschaft. Die demokratischen politischen Parteien ringen zunehmend um ihre Legitimation und glaubhafte Alleinstellungsmerkmale. Populisten binden Protest- und Frustwähler an sich. Existenzgründungen gingen jährlich um zirka zwei Prozent zurück….

Für einen Blick auf die nächste Dekade ist es nötig, die globale Entwicklung im Auge zu behalten. Deutsche (Negativ-) Entwicklungen haben inzwischen globale Ursachen. Digitale Trends entstehen nicht in Deutschland, sondern da, wo die Massen leicht zu steuern sind. Eine Rolle spielen der Leidensdruck einer Bevölkerungsgruppe und die tatsächliche Verbesserung ihrer Lebenssituation. So wurde das Smartphone auch deshalb erfolgreich, weil es den Bauern in Afrika ermöglichte, direkt mit der Welt verbunden zu werden und Handel zu betreiben. Das Social Credit System in China wird zunehmend erfolgreich sein, weil es vielen Chinesen durch das Rating erstmals überhaupt die Möglichkeit bietet, am wirtschaftlichen und somit auch gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Für die Mehrheit der Weltbevölkerung besteht die Chance, dass sich die 20er Jahre auf ihre Lebensqualität positiv auswirken. Allerdings wird diese Verbesserung nicht einem sozialen Engagement zu verdanken sein. Wir alle wissen inzwischen, dass wir ein kostenloses Internet mit unseren Daten bezahlt haben. Viele Weltbürger werden in den 20ern ihre Freiheit durch eine zunehmende Überwachung und manipulative Machtausübung verlieren. Das werden sie hinnehmen. Was hilft schließlich die theoretische Freiheit dem, der seine Kinder nicht satt bekommt.

Wir in Deutschland jammern derzeit auf hohem Niveau. Allerdings ist der zunehmende Fatalismus der Deutschen im wahrsten Sinne fatal. Für uns als Zielgruppe werden die Smartphones, 5G, Internetplattformen und sonstigen digitalen Innovationstreiber nicht mehr gebaut. Unser Markt ist zu klein, die Kunden sind zu schwierig. Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass wir in den neuen 20ern dieses hohe Niveau insbesondere in Bezug auf unsere Freiheitsrechte nicht verteidigen werden. In einer Art Self-fulfilling-prophecy fügen wir uns bereits jetzt in eine Zukunft ein, die wir durchaus noch anders gestalten könnten.
Bisher haben sich Demokratien als nachhaltiger als Diktaturen erwiesen. Durch die digitale Überwachungs- und Datenverwertungsindustrie werden die Karten neu gemischt. Es ist viel einfacher als früher, eine Diktatur aufrechtzuerhalten. So können Technologien zur Steigerung der Lebensqualität für Mehrheiten mit Tools zum totalitären Machterhalt verbunden werden. Wenn wir jetzt nicht für digitale Gesellschaften Demokratie erhaltende Technologien einführen, ist es wahrscheinlich, dass der zunehmende Klimawandel totalitäre Systeme begünstigt. Totalitäre Staaten können innerhalb kürzester Zeit eine Verhaltensänderung für alle verordnen.

Als Zukunftsforscher habe ich mich seit über zwanzig Jahren mit der Frage beschäftigt, wie demokratische Systeme auf digitale demokratische Gesellschaften angepasst werden könnten. Wie vor hundert Jahren wären erneute wilde 20er möglich, in denen wir eine neue Lebenslust mit kreativen Höhenflügen entwickeln und eine liberale Geisteshaltung der Vielfalt in einem digitalen System abbilden könnten. Ein solches Lebensgefühl kann nur von unten nach oben von den Bürgern getragen und verbreitet werden.
Es mag arrogant erscheinen, wenn ich darauf hinweise, dass viele Fehlentwicklungen vermeidbar gewesen wären. Bei Umsetzung und beherzter Durchsetzung meines Patents zur finder-Technologie aus dem Jahre 1999 hätten wir die soziale Kontrolle in der digitalen Gesellschaft aufrechterhalten, so wie wir sie aus der analogen Welt kennen. Informationen wären weitgehend manipulationssicher von unabhängigen, anonymen Gleichgesinnten gelesen und diskutiert worden, bevor sie von einer breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen worden wären. Stattdessen leben wir in einer Welt, in der Informationen besonders dann ungehindert verbreitet werden, wenn sie mehr unsere Emotionen, als unser Gehirn ansprechen. Die hierdurch eingeleitete Denkabschaltung ist auch für das Ende der Beteiligung Vieler am Entscheidungsprozess und somit die Auflösung von Demokratien verantwortlich.

Als anerkannter Fachbuchautor habe ich in mehreren Büchern beschrieben, mit welchen technischen Hilfsmitteln eine Demokratie erhaltende Gesellschaft gestärkt werden könnte.
Um eben diese Möglichkeiten einer breiten Zielgruppe unterhaltsam zugänglich zu machen, möchte ich jetzt eine fiktive Gesellschaftssimulation von 1999 bis 2035 unter dem Namen „Social Utopia“ veröffentlichen.
Nach meinem derzeitigen Erkenntnisstand wird sich für die Veröffentlichung kein Verlag finden, obwohl es einen vergleichbaren Roman bisher nicht gibt. Zwei Gründe habe ich hierfür identifiziert:

  • Das Thema ist zu nah an den aktuellen Befürchtungen des Lesers und wird eher verdrängt oder auf Grund der bereits vollzogenen Denkabschaltung auch gar nicht mehr verstanden.
  • Kein Verlag traut sich, ein Buch zu veröffentlichen, das für einen Bestsellererfolg auf die Klicks in eben jeden Plattformen angewiesen wäre, deren Geschäftskonzepte der Roman in Frage stellt.

Ist es da noch weit bis zu einer neuen Form der digitalen Bücherverbrennung? Was bedarf es noch, bevor jeder einzelne endlich versteht, dass es gerade auf ihn ankommt?

In diesem Sinne wünsche ich ein nachdenkliches, kreatives und engagiertes neues Jahr.

Olaf Berberich

Antwort an Rezo zu: „Zerstörung der CDU“


Über 15 Millionen haben inzwischen das Video von Rezo gesehen, siehe https://www.youtube.com/watch?v=4Y1lZQsyuSQ&t=6s.
Wie viele daraufhin bei den Europawahlen nicht die CDU sondern die Grünen gewählt haben, ist nicht präzise bekannt. Tatsache ist jedoch, dass Rezo eine Stimmung breiter Bevölkerungsschichten getroffen hat. Auch hat Rezo die Dinge so einfach erklärt, dass auch diejenigen, die sich für Klimaerwärmung und Kriege nicht interessieren, 50 Minuten lang zugehört haben. Das ist unbestritten eine Leistung.
Aber ist das, was er sagt, inhaltlich neu?
Hat Rezo die Krankheit identifiziert, oder nur die allseits bekannten Symptome beschrieben?
Nach meiner Meinung geht Rezo wie die meisten Bürger von falschen Annahmen aus.

Ich kenne viele Leute, die fliegen munter weiter durch die Welt und erwarten, dass der Staat das mit dem Klima richtet. Zum ersten Mal haben sie dafür die Grünen gewählt. Die Grünen können die an sie gerichteten Erwartungen nicht erfüllen. Denn, was sie richten könnten, schreibt sich in alter Manier jetzt schnell die Groko auf die Fahne.
Ein Beispiel:
Ölheizung-Abfrackprämie? Dazu ganz persönlich: Das sind kurzfristige Effekte für die Heizungsbauer, aber keine nachhaltigen Überlegungen. Ich selbst habe schon sehr viel an meinem Haus optimiert. Eine PV Anlage auf dem Dach und eine ausgeklügelte Regeltechnik selbst entwickelt. Ich kaufe mir doch nicht eine neue Heizung, wenn die neue auch erst CO² intensiv gebaut werden muss. Wieviel CO² kostet die Herstellung? Wo wird das ausgewiesen? 2025 kann Bosch mir mit aus der Luft gewonnenem Kohlenstoff mein Öl CO² neutral liefern. Behaupten die zumindest siehe https://www.bosch.com/de/stories/synthetische-kraftstoffe/. Ist es da nicht nachhaltiger, die relativ neue Heizung zu behalten? Heute bin ich für über ein Jahr autark. Soll ich mich mit Gas noch abhängiger von einer Politik machen, die jetzt schon nicht mehr kalkulierbar ist?
Ich habe einen Etat. In meinem Fall immerhin 20.000,- €, als Kredit natürlich. Damit möchte ich die höchste CO² Reduzierung in meinem Haus erreichen. Innerhalb von 20 Jahren soll sich die Investition amortisieren. Dafür brauche ich eine Garantie zu den konkreten Effekten bei mir im Haus. Ich meine, die Handwerker sollten gutes Geld verdienen, nachdem diese Effekte bei mir erreicht wurden und nicht deshalb, weil sie irgendwelche Produkte gut verkaufen können. Auf den Prospekten stehen im Labor getestete Werte. Ob zum Beispiel eine Sole-Wärmepumpe die Heiztemperatur liefert, damit es mit bestehenden Heizkörpern bei mir im Haus auch warm wird, ist fraglich. Zu einem solchen Konzept werde ich auch von den Grünen keine Antwort bekommen.
Wir brauchen ein Konzept zur Technologie offenen Planung und Messung von Energieeffizienz für Hausbesitzer. Jeder muss die Ergebnisse verstehen und mit entsprechenden Anreizsystemen bei sich umsetzen können. Bei den niedrigen Zinsen machen wir Bürger das dann schon.

Nein, die Politiker tun genau das, was von ihnen erwartet wird. Wenn jede Minute ein ShitStorm losbrechen kann, dann tun die Politiker nichts mehr. Wenn die Wähler sich immer mehr von Tagesinformationsfetzen bestimmen lassen, gibt es auch bei den Politikern nur noch Tagesrichtungen oder besser, gar keine Richtung mehr. Es ist also gar nicht mehr wichtig, ob ein Politiker inhaltlich Ahnung von dem hat, was es sagt. Es ist wichtiger, dass er die richtigen Antennen für Stimmungen hat.

Warum ist das denn so.
Da kommen wir zur nächsten falschen Annahme.

Ich möchte heute kein Politiker sein. Die bekommen von allen Seiten Druck. Reiflich überlegt von Lobbyisten. Die haben immerhin meist noch eine Meinung. Und dann einen nicht kalkulierbaren Druck von einer manipulierten Masse.
Wir Bürger haben einen Krieg verloren, sitzen in einem besetzten Land und merken es nicht mal. Die Doku bei Netflix über Cambridge Analytica deckt es auf. Das Militär einwickelt Waffen. Die setzt es erst gegen seine Feinde ein. Dann werden die Waffen gegen uns gerichtet. Mikrotargeting nennt sich das. Ja richtig, vom Militär als Waffe eingestuft! Über jeden gibt es mindesten 5000 Datenpunkte. Die würfelt die Künstliche Intelligenz solange durcheinander, bis sie genau die Schwachstelle des Einzelnen kennt. Da greift sie an. Dann kommt dabei heraus: der Trump, der Brexit, die AFD, die allgemeine Verunsicherung. Wie an so etwas die gesamte demokratische Kultur zugrunde gehen kann, schreibe ich gerade in meinem neuen Buch „Social Utopia“.
Inzwischen gibt es immer mehr, die meinen, das chinesische Social Credit System hinnehmen zu müssen, damit es mit der Umwelt noch klappt. Hallo, habt ihr Bürger den Schuss nicht gehört? Wir müssen die Demokratie fitt machen für das digitale Zeitalter, sonst wird das mit der Menschheit nichts mehr.

Sowohl das Ding mit der Umwelt, als auch das Ding mit der Demokratie wird nur noch funktionieren, wenn die Bürger sich von unten nach oben organisieren!
Fordert Tools zur Bürgerbeteiligung. Denkt liebe einmal nach, als im Sekundentakt ein Lebenszeichen in den Sozialen Medien von euch zu geben. Sucht Expertengespräche. Überlegt, was ihr selbst besser machen könnt und fordert, was ihr dafür braucht. Geht gegen jegliche Überwachung an. Mehr Überwachung ist nichts anderes als unsere endgültige Entmündigung.
Natürlich können Politiker nicht jedem einzelnen zuhören. Dafür brauchen wir ein digitales Konzept. Jeder muss anonym ohne ständige Beeinflussung durch Mikrotargeting seine Meinung sagen dürfen. Niemand sollte dafür eine Shitstorm fürchten müssen. Digitale Technik darf nicht Waffe sondern muss Hilfe für die Bürger werden. Digital können die Meinungen aller verdichtet und für die Politiker aufgearbeitet werden.
Ihr werdet sehen, die Politiker sind froh und werden auf euch hören, wenn sie sich auf euch verlassen können. Aber bitte, verlasst eure Komfortzone. Es kommt auf jeden einzelnen an.

Was würdet Ihr von einem Chef denken, der jeden Tag seine Meinung ändert? Seine Mitarbeiter beschimpft? Oder noch schlimmer: Der sich nicht mehr aus seiner Komfortzone begibt und sich dann, wenn es brenzlig wird, einfach nicht mehr blicken lässt? Ihr würdet kündigen! Habe ich Recht? Genau das machen die Politiker gerade.
Denn die Politiker sind die Angestellten der Wähler. Wir sind die Chefs, die uns ändern müssen.

Bürger, übernehmt endlich wieder Verantwortung! Denn in einem hat Rezo Recht. Wir haben keine Zeit mehr. Veränderungen müssen schnell gehen, dass geht nur, wenn wir Bürger als Chefs endlich Verantwortung übernehmen.

Die Demokratie-Zerstörer

18,9 Prozent haben die Regierungsparteien bei der Europawahl an Stimmen verloren. Von erdrutschartigen Verlusten war die Rede. Doch so, als sei nichts geschehen, wird eifrig weiter am IT Sicherheitsgesetz 2.0 gebaut. Die Aufgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik(BSI) sollen massiv erweitert werden. Digitalstrategie bedeutet aus Sicht der Groko, die Durchgriffsmöglichkeiten durch Überwachung weiter auszubauen. Im Ergebnis werden damit die Bürgerrechte massiv beschnitten.

  • Es ist zu hinterfragen, ob von ihrer Struktur her im Sinne einer Gewaltenteilung das BSI als Behörde Aufgaben zur Erfüllung der Bürgerrechte übernehmen sollte. Das BSI hat bisher die Sicherheit der Verwaltung und der kritischen Infrastrukturen verantwortet. Bürgerrechte stehen den aus den bisherigen Aufgaben abzuleitenden Überwachungsansprüchen gegenüber. Besser geeignet wäre eine Institution, die sich unabhängig um die Bürgersicht kümmern würde. Der Überwachung der datenrechtskonformen Verwertung von Daten für Unternehmen oder Behörden müsste ein durchsetzungsfähiger Gegenspieler für die Kontrolle der Einhaltung der Bürgerrechte auf Selbstbestimmtheit, Privatheit und Informiertheit gegenübergesetzt werden.
  • Die derzeitigen Meldepflichten von Unternehmen über Cyberattacken dienen möglicherweise zu einer besseren Bewertung der Allgemeinlage durch das BSI. Sie lassen jedoch den Bürger außen vor, weil Vorfälle nicht konsequent gegenüber der Öffentlichkeit transparent gemacht werden. Konkret müssten statistisch nicht nur Cyberattacken erfasst werden. Viel wichtiger wäre eine ehrliche Analyse, wie viele gesellschaftlich strukturrelevante Projekte in Deutschland durch Manipulationen bereits behindert werden. Nur bei völliger Transparenz der Situation ist der Wähler überhaupt in der Lage, sich ein Urteil zu bilden. Die derzeitige Regierung setzt sich dem Verdacht aus, eine selbstverschuldete Situation in Deutschland, in der Demokratie in der digitalen Gesellschaft nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, konsequent verschleiern zu wollen.
  • So stiehlt sie sich auch aus ihrer Verantwortung, durch geeignete Infrastrukturmaßnahmen für die Daseinsvorsorge den rechtsfreien Raum Internet aufzulösen. Es wundert nicht, wenn Reporter ohne Grenzen gegen die geplante Kriminalisierung von Tor-Servern protestieren, siehe https://netzpolitik.org/2019/reporter-ohne-grenzen-protestiert-gegen-geplante-kriminalisierung-von-tor-servern/. Tatsächlich ist bedenklich, wenn Gesetze so geöffnet werden, dass hierdurch das Grundrecht auf Anonymität aufgehoben werden kann. Ich selbst bin kein Vertreter des Tor-Netzwerks. Auch sehe ich in meinem Alltag keine Notwendigkeit, es zu nutzen. Es ist Aufgabe des Staates und damit auch legitim, wenn der Staat im Einzelfall und nach richterlicher Prüfung, und nur dann, die Anonymität eines Verdächtigen aufheben darf. Aus meiner Sicht gehören personenbezogene Daten jedoch überhaupt nicht ins Internet. Der Strafverfolgung ist genüge getan, wenn in diesem Einzelfall bei Einschaltung eines Rechtsanwalts dezentral gespeicherte Verlaufsdaten eines Verdächtigen zur Verfügung gestellt werden. Der Verdächtigte muss nach Abschluss einer Untersuchung von der Überwachung in Kenntnis gesetzt werden. Es ist Aufgabe des Staates, eine Infrastruktur für diejenigen sicherzustellen, die auf ihre Bürgerrechte Wert legen. Wie so etwas technisch realisierbar wäre, habe ich in meinen Büchern beschrieben. Einen Diskussionsbedarf beim BSI zu diesem Thema gibt es nicht. Eine entsprechende Absage liegt mir vor.
  • Zusammenfassend wird die Groko zum Demokratie-Zerstörer, weil sie aktiv der Gewaltenteilung, den Grundrechten und den demokratischen Strukturen in der digitalen Gesellschaft entgegenwirkt, ohne mit diesen Maßnahmen den Schutz für die Bürger erhöhen zu können.